SAP-Community – Es ist noch nicht zu spät
Wenige Personen machen sich über die Entwicklung der SAP-Szene große Sorgen, weil Betriebswirtschaft, Marketing, Technik, Ausbildung und Public Relations nur noch aufgrund spontaner Ergebnisse und Geschehnisse bewertet werden.
Viele SAP-Partner sind auf den „Releasewechsel“ von ERP/ECC 6.0 auf S/4 inklusive Hana fokussiert. Die Auftragsbücher sind voll, die SAP-Bestandskunden kommen nahezu freiwillig bei der Tür herein.
Die Folgen dieses momentanen Geschäftserfolgs sind deutlich sichtbar: Marketing wird vernachlässigt und auf ein Null-Euro-Budget reduziert. Public Relations und Pressearbeit werden zur lästigen Pflicht. Eine kritische und konstruktive Auseinandersetzung in Roundtable-Gesprächen und Pressekonferenzen ist kaum zu finden.
Was in dieser sehr „glücklichen“ Phase viele Marktteilnehmer übersehen, ist das Generationenproblem. Wie ist die Situation nach 2025, wenn die Hana- und S/4-Transformation geglückt sind und alle SAP’schen ERP-Systeme bei den Hyperscalern beheimatet sind?
Wer programmiert nach 2030 in Abap und Java auf der SAP Cloud Platform (SCP), wenn aktuell den Nachwuchsprogrammierern der Zugang zur SCP verwehrt wird? Wer informiert und erklärt der nächsten Generation von Geschäftsführern die Vorteile der SAP-Community, wenn es keine Massenmedien, Blogs und Fachjournalisten geben wird?
Die Zukunft schaut düster aus, weil in der Vergangenheit und aktuell viele Fehler gemacht werden, deren Auswirkungen auch morgen noch nicht sichtbar sind, die sich aber übermorgen nicht mehr korrigieren lassen.
Die Geschichte hat dafür viele Beweise!
Anfang März fand sich einer dieser „Beweise“ in der Spiegel-Online-Reportage über die Moskauer IT-Start-up-Szene:
„Das Fundament für den IT-Boom wurde bereits gelegt, als zwischen Kaliningrad und Wladiwostok noch kaum jemand wusste, was ein Computer ist: zu Sowjetzeiten. Die kommunistische Führung trieb systematisch die Förderung mathematischer Talente voran.
Viele russische Schulen legen bis heute einen hohen Stellenwert auf das Fach Mathematik und legen damit die Grundlage für die Ausbildung erfolgreicher Programmierer.“
Wer genau wissen will, wie langfristig und nachhaltig diese mathematische Historie in Russland gelebt wird, sollte das Buch „Der Beweis des Jahrhunderts: Die faszinierende Geschichte des Mathematikers Grigori Perelman“ von Masha Gessen, Suhrkamp, Berlin 2013, lesen.
Noch einmal Spiegel Online von Anfang März dieses Jahres. Unter der Überschrift „Wir dürfen unseren Kindern keine schwarze Null hinterlassen“ von Thomas Fricke war unter anderem zu lesen:
„Das Land bekommt gerade an allen Ecken und Enden zu spüren, was ein falsch verstandener Schwarze- Null-Eifer an Desastern hinterlassen kann. […] Zu den Kollateralschäden eifriger Schuldenbegrenzung zählt, dass Schulen heute die Lehrer fehlen – auch weil mal als toll galt, Lehrer gar nicht mehr zu verbeamten (um, klar, Schulden abzubauen).
Oder Kita-Kräfte so mies bezahlt werden, dass das eigentlich auch keinem mehr zuzumuten ist (weshalb auch da die Leute fehlen). Oder dass S-Bahnen zu Unternehmungen mit Lotteriecharakter geworden sind. Oder Minister mit ollen Maschinen in Afrika hängen bleiben.“