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Enterprise RTOS

ERP ist tot. Auch das Intelligent Enterprise hat keine Zukunft mehr. Keine KI wird dieses Konzept noch retten. Die neue „Connected Platform“ ist ein Realtime Operating System, also ein Enterprise-Betriebssystem in Echtzeit.
Peter M. Färbinger, E3 Magazin
30. November 2021
Editorial
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Von meiner Ausbildung her bin ich Informatiker. Ich studierte an der Technischen Universität Wien. Somit ist die Aussage „ERP ist tot“ aus einer informationstechnischen Perspektive zu verstehen. Es ist eine analytische Erkenntnis ohne Wertung bestimmter Produkte. Vielleicht ist es ein Paradigmenwechsel?

Enterprise Resource Planning – umgangssprachlich übersetzt: das ganzheitliche Verwalten von Betriebsmitteln. Es kann somit nur ein Teilaspekt des größeren Bilds „digitale Transformation“ sein. Der Verzicht auf ein Business Warehouse, Predictive Analytics, Machine Learning, Blockchain, IoT wäre töricht. Die Betriebsmodelle On-prem, Virtualisierung und Cloud haben und werden ihre Berechtigung behalten. Aber der Zusammenhalt, also die Kybernetik, ist nicht mehr das ERP eines R/3-Systems, sondern ein Enterprise Operating System, das in Echtzeit reagiert – ein Enterprise RTOS.

Kybernetik, die Steuermannskunst aus der Antike, ist das Vorbild für ein Enter-prise-Betriebssystem. Das Thema sind Harmonisierung und Orchestrierung. Alle IT-Lösungen und Apps müssen verbunden werden. Das Enterprise-Betriebssystem ist für die Applikationen und SW-Module eine Connected Platform. Die Erfahrung und der Erfolg von Hana lehren uns, dass es sich um eine Plattform handeln muss, die in Echtzeit reagiert – somit der Wunsch nach Enterprise Realtime Operating System.

Ex-SAP-Technikvorstand Vishal Sikka hatte diese Perspektive, als er von der Sapphire-Bühne verkündete: Realtime Enterprise. Er erkannte die Notwendigkeit, in Echtzeit zu reagieren. In einer 24×7-Stundenwelt bleibt wenig Zeit für Analysen. Der erste Schritt bei SAP war die Datenbankplattform Hana. Damit können tiefgehende und umfassende Analysen in einem Bruchteil der Zeit fertiggestellt werden (im Vergleich zu traditionellen Datenbanken). Der Weg war richtig. Mittlerweile bieten fast alle Datenbankanbieter ähnliche Konzepte an, um die Antwortzeiten dramatisch zu senken. Die SAP-Verantwortlichen nach Vishal Sikka haben das Realtime-Konzept von Hana nicht verstanden. Statt aufbauend auf der Hana-Datenbankplattform eine Ablöse des überholten ERP zu bewirken und aus Hana ein Real-time Operating System für das Enterprise zu entwickeln, verzettelte sich SAP im Cloud Computing. 

Aber die Idee eines Enterprise-Betriebssystems ist nicht verloren. Der einstige SAP-Partner Celonis aus München baut gemeinsam mit Partnerschaften zu IBM und aktuell zu ServiceNow an dieser Betriebssystemplattform für die digitale Transformation. Noch fehlt die wichtige Komponente Echtzeit – hier wäre eine Chance für SAP: Aus Hana wird ein Enterprise RTOS!

Globale Lieferketten oder lebensbedrohliche Pandemien sind nur beherrschbar, wenn unmittelbar, also in Echtzeit, die Handlungsanweisungen auf dem Tisch liegen. Was ist zu tun, wenn die Chips in der Autofabrik ausgehen, wenn das Con-tainerschiff im Suezkanal feststeckt? Bunte Benutzeroberflächen sollen die anderen haben. Preiswerter Cloud-Speicher ist vorteilhaft. Die Analysen und Reparaturen von Geschäftsprozessen können Ressourcen einsparen. Aber überleben werden wir nur, wenn wir in Echtzeit auf die anstehenden Probleme verifizierte Antworten finden. Wir sind uns einig, dass der CO2-Fußabdruck reduziert werden muss. Aber nur Fridays for Future hat recht, weil diese Gruppe fordert, dass es jetzt geschehen muss, jetzt unmittelbar – in Echtzeit!

Der Informatiker spricht von Echtzeit, wenn die Antwort für ein Problem garantiert in dem Moment vorliegt, wenn die Antwort lösungsrelevant und notwendig ist, denn im Nachhinein wissen es alle anderen immer besser. Das Enterprise Realtime Operating System liefert Antworten in der Zeit höchster Not, wenn Lösungen überlebenswichtig werden.

ERP und damit naturgemäß auch S/4 sind tot. Wer bereits Hana und S/4 operativ betreibt, hat nichts falsch gemacht, denn S/4 ist ein würdiger Nachfolger von ERP/ECC 6.0. Unter den gegebenen Umständen und Herausforderungen in den kommenden Jahren auf S/4 zu migrieren wäre aber fahrlässig. S/4 ist ein sehr gutes ERP-System. Aber alle ERP-Systeme sind nicht mehr in der Lage, die notwendigen Antworten für eine erfolgreiche digitale Transformation zu liefern. Die digitale Transformation braucht ein Enterprise RTOS, Realtime Operating System.

Das Enterprise-Betriebssystem ist das neue ERP. Alexander Rinke, Co-CEO von Celonis, und Ex-SAP-CEO Bill McDermott skizzierten anlässlich der neuen Partnerschaft von Celonis und ServiceNow eine solche Plattform als ERP-Nachfolger. -Alexander Rinke bekräftigte diese Strategie auch durch die weiteren Celonis-Partnerschaften etwa mit IBM. Was offensichtlich in den Überlegungen von Celonis, IBM und ServiceNow noch fehlt, ist der umfassende Echtzeitanspruch, den Vishal Sikka durch zahlreiche Hana Proof of Concepts immer wieder eindrucksvoll dargestellt hat.

Enterprise Realtime Operating System, RTOS, wird das neue ERP, damit werden auch Konzepte wie das Intelligent Enterprise obsolet, denn ein Enterprise-Betriebssystem ist per Definition die Plattform für IoT, Machine Learning, Analytics, Sustainability, Blockchain, Financials und alle anderen Enterprise-Funktionen. Es gilt in Echtzeit die wertvollen Ressourcen und Betriebsmittel unserer Welt nachhaltig zu verwalten.

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Peter M. Färbinger, E3 Magazin

Peter M. Färbinger, Herausgeber und Chefredakteur E3-Magazin DE, US und ES (e3mag.com), B4Bmedia.net AG, Freilassing (DE), E-Mail: pmf@b4bmedia.net und Tel. +49(0)8654/77130-21


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Reguläres Ticket:

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Veranstaltungsort

Eventraum, Hotel Hilton Heidelberg,
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69115 Heidelberg

Veranstaltungsdatum

28. und 29. Februar 2024

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