Switch-Framework und EhP-Lizenzfalle
Meine Frau wird mich wieder maßregeln und meinen, dass Eigenlob stinkt – aber ich kann die Freude darüber nicht verheimlichen, dass ich bereits mit der Einführung der SAP Enhancement Packages auf die Gefahr einer versteckten Lizenzpflicht hingewiesen habe.
Damals nahmen meine lieben DSAG-Kollegen die Sache nicht wirklich ernst. Mittlerweile ist der eine und andere auf die EhP-Tretmine gestiegen und die Explosion war gewaltig: Der Kollateralschaden ist das Problem, denn noch gibt es keine funktionierende Lizenzvermessung, die in die Module hineinschaut.
Das Zurücksetzen ist mit enormen Kosten verbunden. „Rede Klartext“ ist der Kommentar meiner Frau beim ersten Korrekturlesen meines Manuskripts.
Switch-Framework: Bereits vor vielen Jahren warnte ich in der DSAG und an unserem SAP-Stammtisch vor der Einbahnstraße des Switch-Framework. Einschalten ja – aber es gibt keinen Ausschalter!
Aus Sicht der SAP verständlich, denn ein Switch zum Ausschalten von Funktion ist äußerst schwierig zu programmieren. Im schlimmsten Fall kann es unmöglich werden, dann muss das ERP zurückgesetzt werden.
Ein theoretischer Fall: Wenn für das Stammdatenmanagement (MDM/MDG) spezifische Funktionen aktiviert werden, betrifft das nicht nur lizenzpflichtige Komponenten, sondern macht eine Eliminierung fast unmöglich.
Über die Unmöglichkeit, ein produktives System zurückzusetzen, will ich hier nicht diskutieren. Die Tatsache ist ausreichend, dass das Problem bis heute nicht hinreichend gelöst wurde.
Weder gibt es ausreichende Warnungen bei lizenzpflichtigen EhP-Funktionen noch Verfahrensanweisungen für das Rücksetzen versehentlich aktivierter Module. Die SAP-Note mit der Nummer 1524246 weist darauf hin, ist naturgemäß aber keine Lösung:
You have investigated new functionality provided in an Enhancement Package for SAP ERP and need further guidance about which licenses are required when activating the related business function and using the new functionality.
Unsere DSAG ist sich des Problems natürlich bewusst und der sehr engagierte Österreicher Manfred Ofner hat bei uns im CIO-Kreis interessante Zwischenergebnisse hinsichtlich eines transparenten Lizenzmodells dargelegt.
Im Einzelnen müssen wir folgende Themen abarbeiten: Investitionsschutz und Product Lifecycle für SAP-Lizenzen, Teilstilllegung ohne Nachzahlung bei späterer Reaktivierung, freie Wahl des Lizenzmodells (zum Beispiel maximal 50 Prozent Limited Professional User – im Vergleich zu früher maximal 15 Prozent), transparente Metrik und Konsolidierung von Mehrfachlizenzierung etc.
Aus der Sicht unseres SAP-Stammtischs erscheint aber die Wahlmöglichkeit hinsichtlich des Lizenzmodells und der Wartungspreise als wichtigstes Kriterium. Natürlich ist uns EhP-Transparenz sehr wichtig.
Die Aufhebung der 15-Prozent-Regel für Limited Professional User sehe ich bereits als einen guten Beginn. Einen Vergleich mit anderen Software-Anbietern halte ich für kontraproduktiv. Natürlich wird immer wieder auf den SAP-Mitbewerb verwiesen und argumentiert, dass es dort noch viel „chaotischer“ zugeht.
Somit kann ich die DSAG-Servicemarktplatzinitiative voll unterstützen: Wir brauchen mehr Transparenz bei SAP-Lizenzierungsfragen inklusive EhP und Switch-Framework! Auf sap-ag.de/usergroups ist unter dem Stichwort „SAP Licensing – Prozess Leitfaden“ zu lesen:
„Beziehung von Lizenzen und Business Functions: Orientierungshilfe um für die neuen Funktionen, die in einem Enhancement Package von SAP Enterprise Resource Planing (SAP ERP) bereitgestellt werden, zu bestimmen, welche Lizenzen zur Aktivierung der zugehörigen Business Functions und zur Verwendung der neuen Funktionen erforderlich sind.“
Die Arbeit geht weiter: Beim Thema Teilstilllegung und Rekonfiguration leiden sehr viele Kollegen – ganz zu schweigen vom leidigen Thema Weitergabe und gebrauchte Lizenzen. Ich weiß, dass das ein rechtlich sehr komplexes Gebiet ist, aber die aktuellen Vorgaben aus Walldorf und manche Beurteilung-en durch Gerichte sowie Vorgaben durch den Gesetzgeber entsprechen in keiner Weise dem operativen Wirtschaftsleben.
Hier wird nun mal verkauft, gekauft, fusioniert, stillgelegt – nach Meinung von SAP sollte es aber nur Wachstum geben und damit eine stetige Zunahme an Lizenzen. Solange der SAP-Wartungszwang besteht und Walldorf uns keine Flexibilität bei veränderten Strukturen einräumt, ist das Problem der gebrauchten Software ungelöst.
Das Thema der generellen 22-Prozent-Pflegegebühr bei Nachkäufen halte ich hingegen für ein rein wirtschaftliches Problem, das sich die jeweiligen Controller mit SAP aushandeln müssen, dazu zählt auch das Thema Investitionsschutz bei Änderung der SAP-Produktstrategie und die Mehrfachlizenzierung bei User- plus Engine- plus Engine-Preisen. Viel Spaß beim Nachrechnen!