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SAP HRD, Human Resources Dilemma

SAP hat im Aufsichtsrat und Vorstand ein Personalproblem. Es fehlen visionäre und aktivistische Menschen mit Leidenschaft. Der Arbeitseinsatz geht oft bis an die Grenzen des Tragbaren, aber es fehlt an Mut, Charakter und Visionen.
Peter M. Färbinger, E3 Magazin
2. Mai 2024
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Fleiß und Visionen bei SAP

Vom jungen SAP-Chef Christian Klein heißt es in der Community, dass er ein unermüdlicher Arbeiter ist, der nicht nur Strategien wälzt, sondern auch eine große Liebe zu Details hat. Klein ist gleichermaßen operativ wie strategisch unterwegs. Ob dieses Verhalten jedoch seiner Aufgabe als CEO gerecht wird, bleibt vorerst unbeantwortet.

Professor Hasso Plattner gilt in der IT-Szene als Visionär wie kein Zweiter. Professor August-Wilhelm Scheer sagte einst über seinen Kollegen, dass er niemanden kenne, der wie Plattner einen visionären Blick so weit in die Zukunft hat. Die Geschichte von SAP hat immer wieder gezeigt, dass Plattner kommende Entwicklungen sehr früh erkannte.

Von Client/Server bis In-memory Computing

Erfunden hat SAP das Client/Server-Computing nicht, aber Hasso Plattner erkannte früh die Bedeutung für ein ERP-System wie SAP R/3. Das dreistufige Client/Server-Modell war nach einem schwierigen Start letztendlich ein durchschlagender Erfolg und gilt noch immer als Blaupause für ERP-Systeme.

Erstmals hat Hasso Plattner eine Datenbank im Hauptspeicher des Servers (In-memory Computing) im Zusammenhang mit APO entwickelt. Advanced Planning und Optimization (APO) war ein SAP-SCM-Modul für MRP-Läufe. APO ist eine hervorragende Idee, das Modul war aber in seiner Ausführungsgeschwindigkeit viel zu langsam. Ein Desaster drohte! Niemand konnte eine Optimierung gebrauchen, die lange nach Produktionsende den Verantwortlichen gute Ratschläge für die Supply Chain gibt. Innerhalb von APO wurde eine Datenbank im Hauptspeicher des SCM-Servers integriert, die dann das Modul um ein Vielfaches beschleunigte.

Das Hana-Desaster

Geschwindigkeit ist in der IT immer eine Herausforderung. Am Hasso-Plattner-Institut (HPI) der Universität Potsdam, Deutschland, wurde vor vielen Jahren eine In-memory-Computing-Datenbank für das ERP-System von SAP entwickelt. In einem Workshop mit Studenten evaluierte Professor Plattner die Schwachstellen damals aktueller ERP-Systeme. Um ein Echtzeitverhalten zu erzielen, so die Erkenntnis, braucht das System eine wesentlich schnellere Datenbank. SAP Hana war geboren.

Die Entwicklung der neuen SQL-Datenbank, die vollständig im Hauptspeicher des ERP-Servers abläuft, ging vom HPI an SAP über. Für zukünftige ERP-Versionen wie S/4 galt die Devise, dass nur noch Hana verwendet werden kann. Für die Version SAP Business Suite 7 kann der Anwender noch zwischen AnyDB (Oracle, IBM, Microsoft etc.) und Hana (SoH, Suite on Hana) wählen.

Mit dem Hana-Diktat für S/4 hat SAP die Bestandskunden in ein Desaster gestürzt: Wer die jüngste ERP-Generation von SAP nutzen will, der muss nun Linux als Betriebssystem und Hana als Datenbank wählen. Unabhängig von jeder vorhandenen und eingeführten IT-Architektur. Weil aber viele Anwendungen außerhalb von SAP auf den Datenbanken von Oracle, IBM und Microsoft laufen, ergeben sich nur für die SAP-Bestandskunden doppelte Datenbankgebühren (Lizenzen) – ohne jedoch einen nachweislichen Mehrwert.

Die Vision zum Geldverdienen

Außerhalb des analytischen Bereichs ist die SQL-Datenbank Hana ebenso gut und schnell wie die Mitbewerber. Für operative Aufgaben wie Rechnungen buchen, Lagerbestände erfassen etc. braucht es keine In-memory-Datenbank. Mit dem Zwang zu Hana bekommt aber SAP noch mehr Lizenzgebühren. Das ERP-Preismodell hat sich auf die darunterliegende Datenbank ausgedehnt. Viele SAP-Bestandskunden zahlen aktuell DB-Lizenzen für Hana und auch noch für Oracle, IBM oder Microsoft.

Dieses Desaster hat SAP noch durch sehr restriktive Vorschriften verstärkt: Selbst in einer Übergangsphase von Business Suite mit AnyDB auf S/4 mit Hana sind schon Hana-Lizenzgebühren zu entrichten. Ein sehr gutes Geschäft für SAP ohne Mehrwert für die Bestandskunden.

SAP Human Resources Dilemma

Wer zukünftig für innovative Datenbankkonzepte und weiterführende ERP-Architekturen bei SAP zur Verfügung steht, ist vollkommen unklar. Mit dem Abgang von Professor Hasso Plattner fehlt nicht nur der Visionär, sondern auch die Autorität, die SAP zu Visionen antreibt.

Plattner agierte in den vergangenen Jahren als Vorstandsvorsitzender und als Aufsichtsratsvorsitzender immer in einer Doppelrolle: Er ist Visionär und Motivator (manche sagen auch Antreiber). Tatsache ist, dass Plattner oft einen Weckruf in Richtung der eigenen Mannschaft sandte, wenn diese wieder einmal zu träge wurde. Die Agilität von Plattner bis ins hohe Alter ist ein weiteres Phänomen dieser Ausnahmegestalt.

Naturgemäß waren die Innovation und Agilität von Plattner nicht immer kompatibel mit den Bedürfnissen der SAP-Bestandskunden. Einst wollte Plattner das erfolgreiche SAP R/3 in Micro-Services zerschlagen. Was vielleicht für einen Informatiker ein logischer Schritt wäre, aber für den operativen Betrieb einer homogenen Blackbox wie R/3 nur zum Desaster hätte führen können. Über das Desaster Hana wurde bereits berichtet.

Aktivistischer SAP-Visionär und Lame Duck

Nun wird SAP ein aktivistischer Visionär fehlen und das Dilemma bei SAP ist das Fehlen einer solchen Person sowohl im Vorstand als auch im Aufsichtsrat. In die Person des SAP-Technikvorstands Jürgen Müller wurde nicht viel Vertrauen gesetzt. Müllers Vorstandsvertrag wurde lediglich auf drei Jahre abgeschlossen; wenn sein Mentor Hasso Plattner nicht mehr an Bord ist, könnte es schwierig werden für den Technikvorstand.

Der ehemals designierte Plattner-Nachfolger Punit Renjen wäre nicht der visionäre Techniker gewesen, aber ein Motivator mit viel Energie, um SAP weiter voranzubringen. Auf der Hauptversammlung 2023 wählten die SAP-Aktionäre Renjen mit 99 Prozent in den Aufsichtsrat und selbst Plattner fand nur lobende Worte über seinen damaligen geplanten Nachfolger.

Die aktuelle Lösung sieht eine zweijährige Übergangsfrist vor mit einem Aufsichtsratsvorsitzenden, der durch diese kurze Amtszeit wohl als Lame Duck anwesend sein kann. Ein agiler und visionärer Plattner-Nachfolger ist nirgends in Sicht und viele potenzielle Kandidaten werden sich durch das Vorgehen gegen Punit Renjen nicht ermuntert fühlen. SAP hat ein Human Resources Dilemma!

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Peter M. Färbinger, E3 Magazin

Peter M. Färbinger, Herausgeber und Chefredakteur E3-Magazin DE, US und ES (e3mag.com), B4Bmedia.net AG, Freilassing (DE), E-Mail: pmf@b4bmedia.net und Tel. +49(0)8654/77130-21


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Die Arbeit an der SAP-Basis ist entscheidend für die erfolgreiche S/4-Conversion. 

Damit bekommt das sogenannte Competence Center bei den SAP-Bestandskunden strategische Bedeutung. Unhabhängig vom Betriebsmodell eines S/4 Hana sind Themen wie Automatisierung, Monitoring, Security, Application Lifecycle Management und Datenmanagement die Basis für den operativen S/4-Betrieb.

Zum zweiten Mal bereits veranstaltet das E3-Magazin in Salzburg einen Summit für die SAP-Community, um sich über alle Aspekte der S/4-Hana-Basisarbeit umfassend zu informieren. Alle Informationen zum Event finden Sie hier:

SAP Competence Center Summit 2024

Veranstaltungsort

Eventraum, FourSide Hotel Salzburg,
Am Messezentrum 2,
A-5020 Salzburg

Veranstaltungsdatum

5. und 6. Juni 2024

Reguläres Ticket:

€ 590 exkl. USt.

Veranstaltungsort

Eventraum, Hotel Hilton Heidelberg,
Kurfürstenanlage 1,
69115 Heidelberg

Veranstaltungsdatum

28. und 29. Februar 2024

Tickets

Regular Ticket
EUR 590 exkl. USt
Veranstalter ist das E3-Magazin des Verlags B4Bmedia.net AG. Die Vorträge werden von einer Ausstellung ausgewählter SAP-Partner begleitet. Der Ticketpreis beinhaltet den Besuch aller Vorträge des Steampunk und BTP Summit 2024, den Besuch des Ausstellungsbereichs, die Teilnahme an der Abendveranstaltung sowie die Verpflegung während des offiziellen Programms. Das Vortragsprogramm und die Liste der Aussteller und Sponsoren (SAP-Partner) wird zeitnah auf dieser Website veröffentlicht.