Machtverhältnisse
SAP steht mit dem ganzheitlichen, betriebswirtschaftlichen Ansatz in der Tradition der europäischen Universalgelehrten. Man kann diese Erkenntnis als unnötig abtun, weil rückwärtsgewandt.
Aber auch die Zukunft trägt noch die Züge eines universellen Ansatzes. Viele Herausforderungen werden im SAP-Ecosystem durch Design Thinking gelöst.
Diese spezifische Art der Lösungsfindung ist dem Open-Source-Verfahren DevOps nicht unähnlich – was vielleicht Design-Thinking-Großsponsor und Übervater Professor Hasso Plattner anders sehen will.
Der Trend ist bekannt, dass SAP auf vielen Wegen Richtung Open Source unterwegs ist. Am Stammsitz Walldorf ist der universelle ERP-Geist noch immer präsent. Hier hat die Idee einer ganzheitlichen, konsolidierten Standardsoftware nichts an Attraktivität eingebüßt.
Weil durch Hasso Plattner die Machtverhältnisse im Konzern verschoben und korrumpiert wurden, ist die bestimmende Macht in Walldorf verloren gegangen – zum Nachteil der globalen SAP-Community.
Das ERP-Weltreich ist inhomogen und diversifiziert. Ein Beispiel: Die Entwicklung von SAP Business One (B1) erfolgt überwiegend in China, ebenso die dazu passende Programmierung der Hana-Datenbank.
B1 auf Hana mit Fiori kann ein sehr attraktives Angebot werden, nur hat diese Hana-Version kaum etwas gemeinsam mit dem S/4 Hana oder SoH (Suite on Hana).
Während in den USA Cloud Computing inklusive Business ByDesign ein hinlänglicher Erfolg ist, ist die Akzeptanz in Europa mehr als bescheiden. Das inoffizielle SAP-Headquarter in Palo Alto, USA, ist ganz auf Hasso Plattner und Hana ausgerichtet.
Alle zwei Wochen werden dem Aufsichtsratsvorsitzenden detaillierte Hana-Statistiken und sämtliche Presse- und Analystenmeldungen über seine Datenbank vorgelegt.
In Walldorf ist man angesichts dieses Hana-Wahnsinns nur noch entsetzt – und man versucht, die alten Freunde von IBM, Oracle und Microsoft zu besänftigen.
Mit den Ex-SAP-Vorständen Vishal Sikka und Lars Dalgaard sowie dem noch amtierenden SAP-Chef Bill McDermott verschob Plattner das ERP-Epizentrum in die USA. Weil dieses Konstrukt nicht nachhaltig war, kam die Macht wieder zurück nach Europa.
In Walldorf sitzt nicht nur der erfolgreiche CFO Luka Mucic, sondern auch der bestens vernetzte Sikka-Nachfolger Bernd Leukert und der erfahrene und weitsichtige Michael Kleinemeier als Nachfolger der grauen Eminenz und Hopps wie Plattners Statthalter Gerd Oswald.
Auf Basis dieser Konstellation gab es zum Jahreswechsel zahlreiche Gerüchte über eine baldige Ablöse des nun in den USA vereinsamten Bill McDermott. Diese Spekulationen sind falsch!
Plattner hat für McDermott keinen sinnvollen Nachfolger und noch hat McDermott die Firma nicht zur Gänze an die Wand gefahren. Ein Funken Wahrheit findet sich jedoch auch in den bösesten Gerüchten:
Naturgemäß gibt es einen Nachfolger, der jedoch noch Zeit braucht, um die Machtübernahme abzusichern. Ab 2018 sollte man Michael Kleinemeier unter verschärfte Beobachtung stellen.