Indirekte Nutzung neu – faire Lösung oder nur Wegezoll?
Spätestens seit dem Urteil im Fall gegen den britischen Getränkehersteller Diageo und der Nachforderung von über 60 Millionen Euro befürchteten SAP-Kunden, dass auch ihnen Unheil in Form von teuren Nachlizenzierungen drohen könnte – ausgelöst durch die indirekte Nutzung.
Nutzung im Sinne der Lizenzbestimmungen umfasst etwa die Ausführung der Funktionen einer Software sowie das Laden oder den Zugriff auf Daten, die die Software verwaltet.
Indirekt erfolgt die Nutzung dann, wenn etwa auf die Softwarefunktionen oder die verwalteten Daten nicht über die Benutzeroberfläche zugegriffen wird, die mit der Software oder als Teil der Software ausgeliefert wurde, sondern über technische Schnittstellen, etwa mithilfe der Software eines Drittanbieters.
Besonders herausfordernd ist die Analyse der indirekten Nutzung deshalb, weil in den IT-Strukturen der Unternehmen zahlreiche und zumeist komplexe technische Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Systemen bestehen.
Das trifft besonders auf SAP-Umgebungen zu. Ergebnisse aus verschiedenen Projekten zur Bestimmung von Lizenzrisiken legen nahe, dass bei Mittelständlern und Großkonzernen mehr als 30 Prozent der SAP-Software unzureichend oder falsch lizenziert sind; ein Fehler, der bei einem Audit durch den Softwarehersteller ungeahnte finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Vor Kurzem hat SAP ein neues Lizenz- und Preismodell vorgestellt (ERP Pricing for the Digital Age), das die Lizenzierung der indirekten Nutzung transparenter regeln soll.
Ob das neue Modell für die indirekte Nutzung tatsächlich fair und transparent ist und zum Vorteil der SAP-Kunden gereicht, dessen bin ich mir nicht sicher.
Es setzt auf eine transaktionale Metrik, das heißt, aus Sicht von SAP sind in bestimmten Fällen nicht mehr die User oder Systeme maßgeblich, die sich direkt oder indirekt mit SAP-Daten austauschen, sondern die von den Usern bzw. Systemen erzeugten Belege, in der Terminologie von SAP „documents“ – und das ist in dieser Konsequenz im ERP-Markt ein Novum.
Solange der SAP-Kunde immer mehr SAP-Lizenzen für die Anzahl der erzeugten Belege benötigt, da beispielsweise die Anzahl der Bestellungen (Sales Document) nach oben geht, lassen sich die Zusatzkosten für Softwarelizenzen zuzüglich der damit verbundenen Pflegegebühren noch verschmerzen.
Kritisch wird es spätestens dann, wenn aufgrund ausbleibender Bestellungen oder – im Sinne einer Optimierung – mit Einführung eines neuen Bestellprozesses die Anzahl der mit SAP verwalteten Bestellungen etwa von 1.000.000 auf 500.000 zurückgeht.
Die zuvor gezahlten Lizenzkosten erstattet SAP selbstverständlich nicht zurück, egal wie schlecht es bei dem Kunden läuft. Der Lizenzbedarf für Named User – ungeachtet der Thematik der indirekten Nutzung – war und ist hingegen wesentlich stabiler.
Was können Unternehmen tun?
Notwendig ist die kontinuierliche Optimierung der Lizenzen, um nicht Gefahr zu laufen, die falschen oder zu viele Lizenzen zu kaufen und am Ende mit Pflegegebühren über Jahre hinweg für diese Fehlentscheidungen „bestraft“ zu werden.
Abwarten ist auf jeden Fall die falsche Devise. Die Unternehmen sollten sich vorbereiten, eventuelle Schwachstellen analysieren und Alternativen erwägen.
Bei der Analyse helfen ausgefeilte Tools, die die indirekte Nutzung identifizieren. Diese sind hochspezialisiert und wurden für das Monitoring bestimmter Softwareprodukte oder Hersteller entwickelt. Dazu zählt neben dem Snow Optimizer for SAP und dem Xpandion Profile Tailor License Auditor auch der ConSalt License Optimizer @ SAP.
Jedoch reicht eine Ist-Bestandsaufnahme für eine dauerhaft lizenzkonforme Nutzung nicht aus. Die im Unternehmen eingesetzte IT unterliegt analog den Geschäftsprozessen kontinuierlichen Veränderungen, ebenso die Anzahl verwalteter Daten bzw. der „Documents“.
Auch hier gibt es spezielle Services, die im Ergebnis individuelle, auf den Kunden zugeschnittene und unabhängige Handlungsempfehlungen liefern – wie etwa das SAP GRC Monitoring von ConSalt.