Der neue Handel: Von der Empfehlung zur Personalisierung
Onlinehändler, darunter auch ganz große, versuchen über den klassischen Recommendation-Ansatz Schnäppchen oder Restbestände anzupreisen und so mehr zufällig einen Treffer ins Schwarze zu landen.
Dabei stehen ausreichend Kundendaten zur Verfügung, um den potenziellen Käufer ganz gezielt ansprechen zu können. Onlineshops haben die spannendsten Daten zu Kunden und ihrem Nutzerverhalten. Die Betreiber müssen nur lernen, diese sinnvoll zu interpretieren.
Wer das schafft, kann das Passende liefern. Ein Szenario für ein personalisiertes Einkaufserlebnis sieht folgendermaßen aus: Dem leidenschaftlichen Fußballfan wird bei einer WM weder Tröte noch Schminke angezeigt, sondern der schon lang beobachtete Gasgrill.
Der ideale Shop erkennt auch, dass der Fußballfan Anhänger der italienischen Mannschaft ist, und bietet daher einen Hintergrund in Grün-Weiß-Rot statt Schwarz-Rot-Gold. Und wenn der Shop wirklich intelligent ist, weiß er, ob die Italiener an der WM teilnehmen, und bietet sein Produkt unter Umständen als Trostpflaster an. Was Händler wissen müssen, um von Daten zu profitieren:
Check 1: Wer besucht den Shop?
Nur wenn klar ist, wer die Besucher sind, kann aus der Empfehlung die Personalisierung werden. Was rechtlich zulässig ist, regelt die DSGVO. Zunächst wird einem Gerät eine ID, ein Cookie o. Ä., zugewiesen. Es gilt, diverse Systeme wie SAP oder das CRM zu integrieren und eine Verknüpfung zu schaffen.
In welchem System hat die Person, die gerade im Shop ist, welche Nummer? Liegt das Opt-in vor, werden über verschiedene Systeme die IDs synchronisiert, um am Ende möglichst alle Kundendaten verwenden zu können.
Check 2: Wissen über eine Person?
Jeden Klick eines Kunden erfasst der Shop über Tracking. Das sollte nahezu in Echtzeit geschehen und über Geräte hinweg synchronisiert werden. So entsteht ein digitales Profil jedes Besuchers (Alter, Geschlecht, Wohnort etc.). Dann wird ein gezieltes Angebot unterbreitet.
Soll es ein Gutschein sein, wird dieser im digitalen Profil hinterlegt und die Brücke zum SAP oder CRM geschlagen. Das geht auch offline. Kauft der Kunde in der Filiale mit Kundenkarte, findet ein Datenabgleich in den Systemen statt, damit es keine Überschneidungen des Angebots gibt.
Check 3: Umsatzplus generieren?
Zunächst kann man also auf Basis einfacher Statistiken errechnen, was der nächste Bedarf des Kunden sein könnte, zum Beispiel über Produkte, die angeklickt oder gekauft wurden bzw. im Warenkorb lagen.
Je sauberer die Daten, desto höher die Trefferquote. Beziehe ich diese reinen Zahlen auf das digitale Profil des Kunden, steigt die statistische Wahrscheinlichkeit, den Bedarf zu treffen, um 40 bis 50 Prozent.
Saubere Daten zur Verfügung zu stellen ist die Grundlage und die Pflicht eines jeden Händlers. Mit neuronalen Netzen und Deep Learning wird daraus KI. Ein neuronales Netz trifft aufgrund von Daten eine Vorhersage und entscheidet entsprechend.
Es lernt kontinuierlich mit und abstrahiert. Ergebnisse aus A/B-Tests mit E-Mailings zeigen, dass die Klickraten mit Deep-Learning-Empfehlungen – eine Kombination aus Echtzeitprofil plus Deep Learning plus Klickdaten – zu 20 Prozent mehr Umsatz führen. Spezialisierte Technologie-Anbieter bieten bereits entsprechende Lösungen an und bereiten den Markt.
Mit dem aktuellen Personalisierungstrend ist das Rennen hin zum maßgeschneiderten Produkt eröffnet. Das einzelangefertigte Produkt ist noch lange kein Standard.
Viele Shops bedienen aber bereits die neue Individualität: myboshi.net bietet die selbst konfigurierte Häkelmütze im Onlineshop, auf protiq.com lässt sich der ganz individuelle 3D-Druck des Lieblingsgegenstandes erzeugen. Im Onlinehandel vollzieht sich so der Wandel von „One size fits all“ zum personalisierten Angebot.