Frosch 4.0
Sie alle kennen das Beispiel von dem Frosch, der in einer Versuchsanordnung in zu warmes Wasser geworfen wird und sofort erkennt, dass das nicht gut für ihn ist, und wieder rausspringt. Wenn man ihn in kaltes Wasser setzt und langsam (!) erwärmt, erkennt er die sich verändernden Umweltbedingungen nicht und bleibt darin.
Die vorgegebenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie haben zu einer Vielzahl von Erkenntnissen geführt: Die globalen Supply Chains sind nicht transparent und abgesichert genug. Digitale Prozessketten werden nicht ausreichend genutzt und sind unterbrochen. Viele Kontakte zu Kunden werden bisher nur analog geführt – es gibt leider noch eine Menge mehr Beispiele.
Im Moment sind viele Unternehmen noch mit dem Kampf ums Überleben beschäftigt. Da tritt die Frage, was kann ich zukünftig innovativer machen, erst einmal zurück.
Diese Phase wird – hoffentlich und positiv entschieden – für viele Unternehmen bald vorbei sein. Dann wird es in eine von drei Richtungen weitergehen: die „Wunden lecken“ und weiter wie bisher, sich krisenfester aufstellen, wozu auch ein höherer Digitalisierungsgrad gehört, oder zu den Innovatoren zu gehören, die die Inhalte und Geschwindigkeit ihres Umfeldes bestimmen. Hier waren wir in DACH – von Ausnahmen abgesehen – weiter, als wir es heute sind.
Wenn wir zumindest die Innovationen und Plattformen stärker nutzen, die uns helfen, unsere Ziele zu erfüllen, ist schon viel gewonnen. Das Nutzen von bestehender eigener IT-Infrastruktur und Überführen der Daten und Applikationen in die Cloud ist ein erster Schritt.
Neue Applikationen gleich „Born in the Cloud“ zu entwickeln dann der nächste. Grundsätzlich müssen wir eine technologie- und innovationsfreundlichere Kultur schaffen, die neben den Mitarbeitern auch die Kunden und Lieferanten beinhaltet. Zu bedenken gilt allerdings auch, dass dies nicht bei jedem Unternehmen dasselbe bedeutet und auch gar nicht bedeuten kann.
Nicht jedes Unternehmen kann es sich wie Amazon leisten, jeden Tag als den „Tag 1“ zu bezeichnen. Das ist der erste Tag eines Start-ups, in dem auch Fehler gemacht werden können und jede Form der Innovation zugelassen wird, auch wenn sie später (teuer) wieder beerdigt wird. Selbst Alphabet (Google) hat die freie Zeit, die Mitarbeiter für eigene Innovationen verwenden konnten, stark reduziert.
Ein wichtiger Baustein ist Bildung. Mitarbeiter müssen geschult auf neue Technologien werden und verstehen, was mit den heutigen Lösungen in IT und Produktion möglich ist. Das erhöht die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und schafft die Basis für Verständnis der Technologien, was wiederum die Innovationsfähigkeit in Unternehmen erhöht.
Beschränkt ist dies nicht nur auf die Produktion und Unternehmensabläufe. Auch der Service in Unternehmen ist oft noch sehr ausbaubar: Wenn ein Kunde über den gesamten Produktlebenszyklus vom Hersteller oder seinen Partnern unterstützt wird, wichtige Informationen frühzeitig erhält und, wenn es passt, gerne auch über „Digital Twins“, vorausschauende Wartung, Vernetzung, zusätzliche Produkte und so weiter in permanenter Kommunikation mit den Herstellern steht, dann baut sich dieser einen Wettbewerbsvorteil auf und erschließt zusätzlich weitere Umsatzkanäle.
Es würde allerdings schon sehr helfen, wenn mit einem CxO (CDO, CIO, CEO, CTO …) Themen besprochen werden können, die eben nicht dem herkömmlichen Muster entsprechen. Und wenn es die Funktion eines Technology Scouts gibt, der an die Firmenleitung berichtet.
Wir benötigen mehr Innovationen, und der richtige Zeitpunkt ist jetzt. Es gibt nicht mehr nur pure Begeisterung oder komplette Ablehnung, nicht nur Schwarz und Weiß.
Jetzt kommt die Veränderung, Grau über Grau, ins Spiel, und wer auf diesen Zug nicht aufspringt, wird es schwer haben, in einer so digitalen Welt wie der unseren zu überleben. Der „alte“ Frosch kannte „Love it or Leave it“. Der Frosch 4.0 beherrscht mit innovativem Verhalten auch das „Change it“.