SAP-Sparplan
Gebrauchte Software von Axel Susen
Der Begriff „gebrauchte Software“ ist ein wenig irreführend, weil es an gebrauchte Gegenstände erinnert, die nicht mehr fabrikneu, vielleicht sogar fehlerhaft sind. Software ist immer frisch wie am ersten Tag. Gemeint sind hier Softwarelizenzen, die zuvor in anderen Händen waren.
Jahrelang tobte ein Streit, ob es zulässig ist, eine Softwarelizenz weiterzugeben und damit das Recht der Nutzung einer Software zu übertragen. Neben Ausnahmen und Sonderfällen kann mittlerweile die Frage mit Ja beantwortet werden und speziell im Microsoft-Bereich gibt es einen florierenden Markt und Standards für den Übertrag von Softwarelizenzen.
SAP hat sich lange mit allen möglichen juristischen Tricks gegen die Übertragung von Softwarelizenzen gewehrt und immer wieder das Thema Wartungsgebühren als Argument angeführt: Wenn eine SAP-Lizenz drei Jahre stillgelegt war und dann von einem anderen Anwender übernommen und aktiviert wurde, so versuchte SAP für die zurückliegenden Jahre nachgelagert eine Wartungsgebühr zu verrechnen. Naturgemäß funktioniert dieser Taschenspielertrick nicht, sodass SAP nur mit veritablen Preisnachlässen das eigene Unheil abwenden konnte.
Softwarehändler Axel Susen verdiente viele Jahre gutes Geld, indem er ein Softwarepaket von R/3-Professional-User „vermietete“. Der Trick war simpel, aber funktionierte: Der Bestandskunde erklärte SAP, dass er beabsichtigt, 300 Professional-User-Lizenzen von Axel Susen zu kaufen. SAP drohte mit Rechtsanwälten und Ähnlichem, der Kunde blieb aber bei seinem Recht und kommunizierte offen, welche Lizenzen zu welchen Preisen er von Axel Susen zu übernehmen plant. Dann dauerte es nicht sehr lange und SAP legte ein alternatives Angebot vor: gleiche Lizenzanzahl, aber wesentlich günstiger als das Axel-Susen-Angebot. Die Differenz teilten sich der SAP-Bestandskunde und Axel Susen.
Bis heute fürchtet SAP den freien Secondhand-Lizenzmarkt wie der Teufel das Weihwasser. Mit dem Übergang zu Cloud Computing und Subskription hat sich jedoch dieser Konflikt entspannt. Es gibt aber immer noch „gebrauchte“ SAP-Lizenzen im Markt.
Sparen mit Celonis und Workday
Angefangen hat es mit den „gebrauchten“ SAP-Lizenzen, das Prinzip lässt sich jedoch auf andere Bereiche übertragen. SAP-Bestandskunden mit Interesse am Process Mining sollten unbedingt Angebote von Celonis aus München und Signavio aus Berlin einholen. Celonis stand eine Zeit lang auf der SAP-Preisliste und SAP-Partner begannen ihre Mitarbeiter auf Celonis auszubilden. Weil sich der Process-Mining-Pionier aber nicht von SAP übernehmen lassen wollte, entzog SAP den Münchnern das Vertrauen und SAP kaufte in Berlin das Start-up Signavio.
Wer nun mit Celonis das Business Process Mining betreibt und vor einer Vertragsverlängerung steht, bekommt sehr wahrscheinlich ein alternatives Signavio-Angebot mit einem Dumpingpreis. Auch Process-Mining-Neukunden sollten unbedingt zu Signavio ein ergänzendes Celonis-Angebot einholen.
Nun beginnt sich dieses Preisdumping im HR-Bereich zu wiederholen. Mit großem Erfolg erobert seit einigen Jahren der Finance- und HR-Softwareanbieter Workday die SAP-Community. SAP hat mit einer verunglückten Cloud-Strategie und einem wenig vernetzten SuccessFactors (Cloud only) die eigenen HR-On-prem-Bestandskunden verschreckt. Erst sehr spät gelang die Orchestrierung zwischen dem SAP-ERP-Kern und der zugekauften HCM-Cloud-Lösung SuccessFactors. Die Chance ergriff Workday und konnte letztendlich viele SAP-Bestandskunden davon überzeugen, dass ein Cloud-native-System von Workday die bessere Wahl ist.
HCM ohne Altlasten
Der Vergleich mag unfair sein, weil SAP die HR-Altlasten aus vielen Jahrzehnten mitträgt, während Workday als Cloud-Company gegründet wurde und damit für sich Cloud native in Anspruch nehmen darf. S/4 und SAP HCM sind aus Cloud-Perspektive nur Lift and Shift, was noch für viele Jahre nun Workday einen uneinholbaren Vorsprung verschaffen wird. Bezüglich Integration mit einem SAP-S/4-System sind Workday und SuccessFactors gleichauf, sodass in vielen Fällen letztendlich der Preis entscheiden wird – und hierbei hat SAP den Kampf aufgenommen: vielfach zum Vorteil der SAP-Bestandskunden!