Reparaturdienstverhalten
SAP ist mit der Zeit löchrig und fehlerhaft geworden. Viele disruptive Cloud-Versuche haben ein heterogenes Unternehmen entstehen lassen. SAP-Chef Christian Klein versucht nun, die entstandenen Baustellen zu beheben, die Löcher zu stopfen und eine weiterführende Strategie zu entwickeln.
Aktuell aber versucht der SAP-Chef, das Kollabieren des Konzerns unter der Last des Cloud Computing zu verhindern. Es gibt Erfolge. Die Staumauer hält. Cloud Computing könnte nicht nur ein operativer, sondern auch ein finanzieller Erfolg werden. Noch fehlt es an Gewinnen, aber die Finanzanalysten haben Vertrauen und der Aktienkurs steigt.
In seinem redlichen Bemühen, alle undichten Stellen der Staumauer zu stopfen, verliert Christian Klein jedoch seine strategische Weitsicht. Er ist ein Gefangener seiner operativen Herausforderungen. Ein Brechen des Dammes würde SAP nicht überleben. Die Mauer muss halten.
Christian Klein hat mit CFO Dominik Asam einen erfahrenen Mitstreiter im Vorstand. Die anderen Vorstandsmitglieder sind nicht weniger begabt, aber es fehlt ihnen an Erfahrung und Einsatzbereitschaft. Bei der Technik und den Applikationen lassen sich interessante Ideen wahrnehmen, aber für eine stringente Roadmap fehlt es hier an Gespür für die SAP-Bestandskunden und die Historie des ERP-Weltmarktführers. Marketingaktivitäten können aktuell bei SAP nicht erkannt werden.
Das Personalwesen liegt in Scherben: Das verantwortliche Vorstandsmitglied verlässt Ende des Jahres den Konzern und in einer Tabelle für Lieblingsarbeitgeber der jungen Ingenieurinnen und Ingenieure in Deutschland listet das Manager Magazin den Arbeitgeber SAP lediglich an 39. Stelle, vergangenes Jahr war es noch Platz 37. Damit liegt SAP weit hinter der Deutschen Bahn und Bundeswehr. Es gibt demnach bei SAP viel zu reparieren. Was aktuell fehlt, ist die Analyse, warum der Damm undicht wird, warum die Staumauer nun Risse bekommt. In Zeit höchster Not muss schnell gehandelt werden. Ist Gefahr im Verzug, muss geholfen, agiert und repariert werden. Hierbei macht Christian Klein einen hervorragenden Job. Er hat die kritischen Baustellen im Blick und weiß aufgrund seiner Erfahrung, wie die Katastrophen abgewendet werden können.
Dieses erfolgreiche Reparaturdienstverhalten wird aber nicht ausreichen. Die SAP-Community verlangt nach mehr. Die SAP-Community braucht eine strategische Perspektive, eine ERP-Roadmap und kein S/4-Wartungsversprechen. Die Bestandskunden brauchen das Vertrauen und die Zusicherung, dass SAP aktiv an der Zukunft arbeitet.