Hybris: Kundenfokus neu definiert
Der E-Commerce-Spezialist Hybris wurde von SAP 2013 übernommen. Das Kernprodukt war ein Online-Shop, der aber bereits bei Großunternehmen produktiv im Einsatz war.
SAP hat sich damit eine sehr gute Kundenbasis gekauft in einem Bereich, in dem das Unternehmen bisher immer Probleme hatte, wettbewerbsfähige Produkte auf den Markt zu bringen.
Zudem war Hybris erfolgreich darin, Kunden über den Fachbereich Marketing und Vertrieb anzusprechen, während SAP selbst hauptsächlich über die IT-Seite den Kundenzugang hatte. Somit öffnet Hybris für SAP einen neuen Zugang für den Verkauf von Vertriebslösungen.
Hybris Commerce:
Da eine Vertriebslösung in Zukunft sehr flexibel auf die Kundenbedürfnisse reagieren muss, ist die Erwartungshaltung hier nicht die gleiche wie etwa bei den Supportprozessen Finanzen, Logistik oder HR, auf die SAP bisher den Fokus legte.
Im Vertriebsbereich werden Lösungen nicht fertig eingekauft, sondern individuell auf den jeweiligen Kunden kontinuierlich angepasst. Genau darauf ist Hybris Commerce (Online-Shop und Produktkatalog) mit seinem offenen Java Spring Framework bestens vorbereitet.
Hybris Commerce wird kontinuierlich durch Acceleratoren erweitert, welche spezielle Szenarien im Online-Vertrieb wie z. B. den Vertrieb von Telekom-Bundles oder Online-Versicherungen abbilden. Dies ist vergleichbar mit den Industrielösungen von R/3, da der Kunde sich für einen Accelerator entscheiden muss und diesen einmalig aktiviert.
Hybris Marketing & Hybris Billing:
Für die Analyse von Kundendaten in Echtzeit oder umfangreiche Abrechnungen wurden weitere Produkte von SAP der Hybris-Familie hinzugefügt.
Hybris Marketing ist eine auf Hana basierende Lösung zur Erstellung von Kundenprofilen und deren zeitnaher Auswertung. Hybris Billing basiert ebenfalls auf Hana und fokussiert auf die Verarbeitung großer Mengen an Rechnungsbelegen.
Beide Produkte haben nichts mit dem ursprünglichen Hybris Commerce zu tun, werden aber im Kontext moderner Vertriebsszenarien benötigt.
Daher macht es Sinn, dass SAP diese Produkte zum einen technisch integriert (was bisher eher mittelmäßig gelungen ist) und zum anderen unter der gemeinsamen Marke Hybris an die Zielgruppe Vertriebs- und Marketingleiter vermarktet, welche bisher den Kontakt mit SAP-Lösungen eher vermieden hatten.
YaaS:
Die bisherigen drei Hybris-Lösungen werden bald durch Hybris as a Service (YaaS) ergänzt. Dabei handelt es sich um eine Serviceplattform, auf der Erweiterungen wie z. B. Integrationsservices in Pinterest zu den Standardfunktionen entwickelt und zur Verfügung gestellt werden können.
Die Services laufen unabhängig von SAP auf Plattformen, welche Java unterstützen (u. a. Amazon), aber natürlich auch auf der Hana Cloud Platform (HCP).
Alle unter Hybris angebotenen Produkte zusammen bilden somit die neue Kundenschnittstelle der SAP-Plattform. Es handelt sich nicht um etwas Vorgefertigtes, da das von den Vertriebsleitern nicht gewünscht ist, sondern um ein umfangreiches Toolset, mit dem moderne, performante und kundenorientierte, individuelle Lösungen aufgebaut werden können.
Diese sind in der Lage, die Kundenzentrierung im Vertrieb durch entsprechende Performance auch bei größeren Datenmengen Realität werden zu lassen. Hybris ist mehr, als der alte SAP WCEM (Web Channel Experience Management) je war, was konsequenterweise 2013 auch zu dessen sofortigen Einstellung führte.
SAP geht mit dem Hybris-Produktportfolio einen neuen Weg mit offenen Standards und einem cloudbasierten und auf Entwicklungspartner ausgerichteten Ökosystem. Zeiten, in denen ein Hersteller allein alle Kundenbedürfnisse mit einer Standardlösung abdecken konnte, sind mit der digitalen Transformation vorbei.
Gefordert ist heute ein stabiler Kern (S/4), der in der Lage ist, Prozesse zu steuern, die ständig wachsende Kundenbedürfnisse schnell und flexibel bedienen können – auf beliebigen Geräten und Plattformen.
Diese Möglichkeit schafft die Hybris-Produktfamilie und wird somit zu einem kritischen Erfolgsfaktor für SAP und seine Kunden.