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Hana, muss das sein?

Die Datenbank Hana festigt das Alleinstellungsmerkmal von SAP. Experten sagen dazu auch Vendor-Lock-in. Kurzfristig scheint SAP ein Gewinner zu sein. Langfristig könnte SAP selbst in einen Lock-in geraten.
Peter M. Färbinger, E3 Magazin
28. Mai 2024
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Das Szenario ist nicht unwahrscheinlich, dass SAP mit Hana in einer Sackgasse landet. Die Weiterentwicklung wird in den kommenden Jahren viele Ressourcen binden, die SAP in den Bereichen KI, Process Mining und für die Business Technology Platform besser verwenden könnte.

Hana ist ein veraltetes Konstrukt und maßlos überteuert. Dem Prinzip von Hana liegt eine überholte Rechnerarchitektur zugrunde: Als 2011 Hana entstand, kamen die ersten Hochleistungs-CPUs auf den Markt, der Hauptspeicher (Memory) wurde immer preiswerter und der Festplattenspeicher konstant langsam und fehleranfällig, weil mechanisch. Nun die gesamte ERP-Datenbank in den Hauptspeicher des Servers zu laden war aufgrund der Von-Neumann-Rechnerarchitektur logisch und richtig.

John von Neumann (1903 bis 1957) war ein Pionier auf dem Gebiet der Computerarchitektur. Er entwickelte das Konzept eines Rechenkerns (CPU, Central Processing Unit) mit einem verbundenen Speicher, in dem sowohl Programmcode als auch Daten abgelegt sind. Diese Architektur war ein durchschlagender Erfolg. Die Verbindung zwischen CPU und Memory wurde aber zur geschwindigkeitshemmenden Engstelle. Heute spricht man vom Von-Neumann-Flaschenhals.

Auch Professor Hasso Plattner blieb im Von-Neumann-Flaschenhals stecken, denn er versuchte das Geschwindigkeitsdefizit traditioneller Datenbanken lediglich durch den Transfer der Daten von den langsamen Festplatten (Harddisk) in den wesentlich schnelleren Hauptspeicher (Memory) zu kompensieren. Plattner erkannte weder die begonnene Weiterentwicklung der Hardwaretechnik noch stellte er die vorherrschende Computer-architektur infrage. Die SAP-Datenbank Hana ist ein Produkt des Von-Neumann-Flaschenhalses. Hana muss als hoffnungslos veraltet angesehen werden.

Wäre es Professor Plattner und SAP nur um die Steigerung der Arbeitsgeschwindigkeit gegangen, um dem „R“ aus R/2 und R/3 letztendlich gerecht zu werden, dann wären etwas Demut und ein paar Jahre zu warten vollkommen ausreichend gewesen. „Realtime“ wollten Plattner und SAP jedoch 2011 unmittelbar verwirklichen. Aber noch wichtiger war eine marktpolitische Dimension.

SAP wollte nicht mehr länger die IT-Budgets der Bestandskunden mit den Betriebssystem- und Datenbankherstellern teilen! Ein eigenes Betriebssystem zu entwickeln wäre unsinnig und teuer, aber eine eigene Datenbank, um Oracle, IBM und Microsoft zu verdrängen, lag im Bereich des Möglichen. So entstand Hana!

Und Professor Hasso Plattner hatte Großes vor, in der WiWo schrieb mein Kollege Michael Kroker: […] hatte der US-Konzern (Oracle) doch bei den Vorgängerversionen von Hana als Lieferant der Daten- banksoftware noch ordentlich an SAPs Erfolg mitverdient. Und so frotzelte Plattner kurz nach der Hana-Einführung öffentlich. ‚Ich möchte jetzt nicht in der Haut von Larry Ellison stecken. Schließlich rast gerade ein Güterzug namens Hana auf ihn zu.‘ Der konterte in Ellison-typischer Manier: ‚Die müssen auf Drogen sein.‘“

In einem später produzierten YouTube-Video, in dem Plattner nun Plattner interviewt, wird die Anspielung „Die müssen auf Drogen sein“ von Larry Ellison nochmals aufgegriffen, siehe auch Coverstory in dieser Ausgabe auf Seite 34. Tatsache ist, dass Hana für keinen anderen Datenbankhersteller zur Gefahr wurde, sehr wohl aber viel Umsatz nun direkt in die Taschen von SAP floss.

Insider vermuten, dass über die finale Positionierung von Hana bei SAP viel gestritten wurde. Das Ziel formulierte Professor Hasso Plattner in einem Interview mit WiWo-Redakteur Michael Kroker folgend: „Mein letztes Projekt, das ich technologisch bei SAP vorangetrieben habe, war die Hochleistungsdatenbank Hana. Ich hatte die Hoffnung, dass SAP es schafft, Hana ganz an die Spitze dieses Segments zu bringen, weil sie zu der Zeit die mit Abstand beste Datenbank war. Das müsste der Markt eigentlich irgendwie honorieren; allerdings hat SAP das nicht ganz geschafft.“

Offensichtlich wollte Ex-SAP-Technikvorstand Vishal Sikka eine Public-Domain-Version von Hana. Ob nun Hasso Plattner oder das SAP-Management dagegen war, ist nicht bekannt. Tatsache ist jedoch: Hätte SAP die eigene Datenbank ähnlich wie das darunterliegende Betriebssystem Linux vermarktet, dann hätte SAP auf viele Millionen Euro an Lizenzeinnahmen verzichten müssen.

Auch wenn Hana nur wenige Informatiker begeistert, viele CFOs der SAP-Bestandskunden aufgrund der doppelten DB-Lizenzgebühren verzweifeln, so ist Hana für SAP selbst ein durchschlagender kommerzieller Erfolg. Nun muss sich SAP die ERP-Community nicht mehr mit -Oracle, IBM und Microsoft teilen. Der ganze ERP-Stack ist in der Hand von SAP. Das finale Vendor-Lock-in hat mit Hana und S/4 den krönenden Abschluss gefeiert.

Ob bei einer immer schnelleren IT-Entwicklung die Rechnung jedoch für SAP am Ende des Tages aufgeht, ist ungewiss, weil noch immer das Sprichwort gilt: Schuster, bleib bei deinem Leisten!

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Peter M. Färbinger, E3 Magazin

Peter M. Färbinger, Herausgeber und Chefredakteur E3-Magazin DE, US und ES (e3mag.com), B4Bmedia.net AG, Freilassing (DE), E-Mail: pmf@b4bmedia.net und Tel. +49(0)8654/77130-21


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Veranstaltungsort

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Veranstaltungsdatum

Mittwoch, 21. Mai, und
Donnerstag, 22. Mai 2025

Early-Bird-Ticket

Verfügbar bis Freitag, 24. Januar 2025
EUR 390 exkl. USt.

Reguläres Ticket

EUR 590 exkl. USt.

Veranstaltungsort

Hotel Hilton Heidelberg
Kurfürstenanlage 1
D-69115 Heidelberg

Veranstaltungsdatum

Mittwoch, 5. März, und
Donnerstag, 6. März 2025

Tickets

Reguläres Ticket
EUR 590 exkl. USt
Early-Bird-Ticket

Verfügbar bis 20. Dezember 2024

EUR 390 exkl. USt
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