Die ERP-Komplexität bei SAP


SAP wird durch zwei Faktoren definiert: eine mannigfaltige Anzahl an IT-Services, ERP-Funktionen und Partnerschaften auf der einen Seite sowie auf der anderen Seite: hochpreisige Lizenzen, perfektes Controlling und einen sehr respektablen Börsenkurs. Aus dieser Tatsache resultieren auch die unterschiedlichen Wahrnehmungen: Während SAP an der Börse ein Liebling ist und auch schon einmal das wertvollste Unternehmen Europas, sind die SAP-Partner und Bestandskunden mit der aktuellen Situation weniger zufrieden. Die Komplexität des SAP-Kosmos scheint aus-ufernd zu sein. Cloud ist die standardisierte Antwort auf jedes ERP-Problem und es fehlt eine schlüssige KI-Roadmap.
An der Börse wird SAP für die Cloud-Strategie und die KI-Partnerschaften gefeiert. Bei den SAP-Bestandskunden kommt dagegen von den Innovationen nur wenig an. SAP ist somit aus Anwenderperspektive weit weniger innovativ, als es möglicherweise der SAP-Aktienkurs vermuten lässt. Das hat Tradition: SAP opferte immer schon Fortschritt und Innovation zugunsten einer höheren Marge und damit mehr Gewinn. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt, dass SAP mehr den Investoren und Aktionären als den Bestandskunden und der eigenen Belegschaft verpflichtet ist.
Die ERP-Komplexität bei SAP fordert -jedoch ihren Preis: Mehrfach musste SAP das Wartungsende für ERP/ECC 6.0 – auch bekannt als SAP Business Suite 7 – anpassen: Aus 2025 wurde 2027 und 2028 mit der Option 2030 und nun gibt es eine Transition Option bis 2033. Was bedeutet das? Es wird eng im SAP-Kosmos, weil es eine Bestandsgarantie für den ECC-Nachfolger S/4 bis 2040 gibt und in guter alter SAP-Tradition spätestens 2030 somit ein S/4-Nachfolger angekündigt werden müsste.
Die offizielle Hauptzielgruppe von SAP ERP, Private Edition, Transition Option 2033, sind größere Unternehmen mit einer Vielzahl von ERP-Systemen und komplexen IT-Infrastrukturen. Diese stehen vor der Aufgabe, ihre umfangreichen Systemlandschaften nach S/4 zu migrieren, ohne dass sich der Umstieg negativ auf den laufenden Geschäftsbetrieb auswirkt und es zu Unterbrechungen kommt. Die Transition Option 2033 soll für mehr Zeit sowie eine gezielte Unterstützung bei der Transformation sorgen und stellt Unternehmen eine flexible Lösung in Aussicht, um ihre IT-Infrastruktur Schritt für Schritt in die Cloud zu überführen. Mit anderen Worten: Die erschlagene Innovation wird durch einen größeren Zeitpuffer kompensiert!
Als Datenbank wird ausschließlich Hana unterstützt. Darüber hinaus sind weitere Anpassungen notwendig, wenn beispielsweise der Support für Techniken von Dritt-anbietern wie ältere Java-Versionen ausläuft. SAP-Bestandskunden müssen also eine Reihe von Vorbereitungen treffen, wenn sie die Transition Option ab 2031 nutzen möchten. Das ist ein freundliches Entgegenkommen, aber keine Lösung der anstehenden Probleme: Auf den DSAG-Technologietagen dieses Jahr in Wiesbaden wurde auch offen über einen SAP-Exit diskutiert. Ob hier die neue SAP Business Suite, Business Technology Platform und Business Data Cloud eine relevante ERP-Roadmap als Ersatz für das unglückliche S/4 sind, bleibt abzuwarten. ERP-Innovation gibt es aktuell nicht bei SAP.
