Die Abkündigung von SAP S/4


Rise and Grow with Business Suite
Der Vortrag von SAP-Chef Christian Klein zur Hauptversammlung 2025 begann dynamisch und konziliant. Seine Aussagen endeten mit einer Sensation, als Christian Klein Rise und Grow umdeutete: Die beiden SAP-Programme waren bis zur SAP-Hauptversammlung bekannt als S/4-Roadmap in die Private oder Public Cloud. Rise und Grow with SAP waren die Roadmap für eine erfolgreiche S/4-Conversion.
CEO Christian Klein erwähnte jedoch in seinem Vortrag auf der SAP-Hauptversammlung das Produkt „S/4 Hana“ niemals! Ohne weitere Erklärung wurde Rise und Grow von SAP-Chef Klein als Roadmap für die neue Business Suite uminterpretiert (Rise für SAP-Bestandskunden und Grow für SAP-Neukunden).
S/4-Dead-end
Die Worte von Christian Klein können nur so interpretiert werden, dass „S/4“ zum verbotenen Begriff geworden ist – ein Produkt, das in Ungnade gefallen ist. Über die Gründe lässt sich nur spekulieren, aber die angekündigte Wartungsverlängerung „SAP ERP, Private Edition, Transition Option“ macht nun wirklich sehr viel Sinn.
S/4 konnte sich am ERP-Markt auch nach zehn Jahren nicht durchsetzen. Als dann vergangenes Jahr SAP-Vertriebsvorstand Scott Russell überraschend ausschied und den ERP-Weltmarktführer überhastet verlies, war allen Beobachtern klar, dass S/4 kein gebührender Nachfolger von ERP/ECC 6.0 (SAP Business Suite 7) werden wird. Der Vertrieb von SAP versagte bei der Positionierung von Hana und S/4.
Zehn Jahre hat SAP versucht, S/4 im ERP-Markt zu positionieren. Die Akzeptanz war von Beginn an verhalten. Mit immer neuen Programmen und Incentives, aber auch Drohungen versuchte SAP, den ECC-Nachfolger bei den Bestandskunden zu positionieren. Genaue Zahlen gibt es nicht, aber nach zehn Jahren des „S/4-Releasewechsels“ scheinen nur etwa die Hälfte aller SAP-Systeme auf S/4 Hana umgestellt worden zu sein.
SAP Hana war der Prototyp
Mit der Datenbank Hana versuchte SAP, ein nachhaltiges Monopol im Bereich Middleware und Datenmanagement aufzubauen. Aufgrund der unwiderruflichen Ansage, dass für zukünftige SAP-ERP-Systeme nur noch die Datenbank Hana mit dem Betriebssystem Linux zur Verfügung stehen wird, waren die Zeichen gesetzt – und die SAP-Bestandskunden mussten Hana erwerben. Das Experiment gelang und SAP verdiente und verdient mit den Hana-Lizenzgebühren hervorragend!
Mit S/4 sollte es ähnlich laufen, aber es gab für die SAP-Bestandskunden die Alternative ERP/ECC 6.0 und SoH (Suite on Hana, also die SAP Business Suite 7). Ein Releasewechsel auf S/4 war von SAP in den vergangenen zehn Jahren gewünscht, aber der Vertrieb konnte maximal die Hälfte der Bestandskunden überzeugen: Wobei wesentlich mehr Kunden eine S/4-Lizenz besitzen als ECC-Systeme wirklich umgestellt wurden. Dieses Delta von Lizenzen und operativen Systemen ist eine große Baustelle beim ERP-Weltmarktführer.
Exit: SAP Cloud ERP Suite
Der Name „S/4“ ist verbrannt. Die Strahlkraft ist versiegt. Der Releasewechsel auf S/4 ist de facto abgesagt. In seiner hervorragenden Einführungsrede auf der SAP-Hauptversammlung 2025 zum Konzernabschluss 2024 erwähnte CEO Christian Klein S/4 Hana mit keiner Silbe! Die Zusammenfassung dieses Überblicks für die Aktionäre lässt sich mit „Suite First“ und „AI First“ zusammenfassen.
Im neuen Sprachgebrauch und wahrscheinlich in einer neuen Customer-Evolution-Roadmap wird es demnach heißen: Cloud ERP Suite First mit BTP (SAP Business Technology Platform) und BDC (SAP Business Data Cloud) inklusive GenAI First. Somit muss naturgemäß Hana weitergepflegt werden, aber nach 2030 wird niemand bei SAP mehr von S/4 reden – dieses Produkt war und ist eine Einbahnstraße.