Das Narrative von und über SAP
Was leistet das Narrativ? Es ist eine sinnstiftende Erzählung für eine Gruppe oder Kultur – also auch eine Community wie die SAP-Wertegemeinschaft. Eine Funktion des Narrativen ist die Verdichtung, Zusammenfassung und Konzentration der Realität, damit wird Komplexität reduziert. Narrative können helfen, Kausalketten aufzulösen und Ursache-Wirkungs-Beziehungen zu entwirren. Das macht diese sinnstiftenden Erzählungen attraktiv, manchmal auch gefährlich.
Vom SAP-Aufsichtsrat und Vorstand sollten sinnstiftende Erzählungen kommen. Wer sonst sollte ganzheitlich und nachhaltig die IT-Trends erklären. Aktuell fehlt in der SAP-Community ein Gesamtbild, aus dem Neues erwachsen kann – Nachhaltigkeit! SAP verliert sich in technischer Spitzfindigkeit, der Wiederholung von bekannten Schlagworten und dem Präsentieren banaler Anwendungsbeispiele. Der SAP-Aufsichtsrat und der Vorstand sollten aber mutig vorausgehen und das Narrative eben strategisch und visionär einsetzen.
Der technologische Treiber für das Narrative in der IT ist die digitale Transformation. Auf Basis eines starken Fundaments gilt es von Roadmaps und Strategien zu erzählen. Wir sind Geschichtenerzähler und Zuhörer gleichzeitig. Das Narrative verdichtet die Realität, reduziert die Komplexität.
Die meisten Bestandskunden identifizieren sich mit SAP – aus diesem Grund schmerzt der negative Net Promoter Score: Aktuell empfehlen weniger Anwender die SAP-Software, als es Befürworter gibt. Es fehlt an der Basis, wo die Wartungsverlängerung 2027/2030 nur auf dem Papier existiert, aber keine Aussagen bezüglich praktischer Umsetzung angeboten werden.
Das Thema AnyDB nach 2025 wurde noch nicht von SAP gelöst. Ebenso fehlt das Narrative für einen Releasewechsel auf S/4. Was vor vielen Jahren mit Hana einen guten Anfang nahm, als Professor Hasso Plattner und Ex-SAP-Technikvorstand Vishal Sikka spannende Geschichten über Hana erzählten und in der Community viele Anekdoten über HAssos Neue Architektur (HANA) kursierten.
Die Kraft des Narrativen ist nicht neu. Die Bedeutung wurde verdrängt und vergessen. 2008 auf den Medientagen in München erklärte Sebastian Turner von der Werbeagentur Scholz und Friends, dass die Zeitung als ein Ort der Gemeinschaft zu verstehen sei. Diese Aussage gilt für Web und Social Media noch viel mehr.
„News sind inzwischen überall zu haben, und zwar kostenlos“, so Dirk Ippen, damaliger Inhaber des Münchner Zeitungs-Verlags, „doch eine Zeitung vereint eine bestimmte Zielgruppe zu Solidarsystemen.“
SZ oder FAZ würden von einer Bildungs- beziehungsweise Wirtschaftsbildungselite gelesen, die sich mit der Zeitung identifiziere. (Quelle: Medientage München 2008, Printgipfel: Publishing – Wachstum unter veränderten Bedingungen. Kreuz und quer denken in Zeiten von Crossmedia).
Das Narrative ist Kommunikation mit einer Wertegemeinschaft, oder mit der SAP-Community: „Wer Kommunikation übt, steht im Dienst eines anderen und gibt ihm eine Gabe weiter, die diesen prägt, formt und verändert, sodass aus dem, der Kommunikation schenkt, und dem, der sie empfängt, ein neues Drittes wird: die Communio“, definiert Gisbert Greshake.
Er ist Professor emeritus für katholische Dogmatik und Ökumene und lehrte an der Gregoriana in Rom und in Freiburg im Breisgau.