Danke, Marco Lenck
Die Vorstandsarbeit beim Anwenderverein DSAG zeichnet sich durch zwei wesentliche Parameter aus. Sie ist ehrenamtlich und zeitraubend. DSAG e. V. gehört zu den größten IT-Anwendervereinen weltweit mit einem Millionenbudget. Neben der zu tragenden Verantwortung ist auch der notwendige Zeitaufwand herausfordernd.
Marco Lenck zählt nicht zu meinem engsten SAP-Freundeskreis. Wir sind uns nur ein paar Mal über den Weg gelaufen. Aus der Entfernung habe ich seine Arbeit für den Verein immer sehr geschätzt und wie mir meine DSAG-Freunde erzählten, war sein Einsatz stets vorbildlich.
Letztendlich ist der Vorstandsvorsitzende eines Anwendervereins immer auch Mediator zwischen der Basis und dem Hersteller. Diesen Spagat zwischen den DSAG-Mitgliedern als SAP-Bestandskunden und SAP selbst hat Marco Lenck vorbildlich orchestriert. Dafür gebührt ihm der Dank der ganzen SAP-Community.
Wo viel Licht ist, ist auch Schatten. Somit will ich die Verabschiedung von Marco Lenck auch mit einem Wunsch meinerseits verbinden: Werdet seriöser und wissenschaftlicher! Markt- und Meinungsforschung im betriebswirtschaftlichen Umfeld sind kein Ponyhof, wo man in die Menge ruft: Wer ist für und wer ist gegen Biogemüse?
Alle Umfragen der DSAG sind aus mathematischer und statistischer Sicht grauenerregend. Niemandem soll hier vorgeworfen oder zur Last gelegt werden, dass er keine wasserfesten Meinungsumfragen erstellen kann, denn letztendlich ist es höhere Mathematik beziehungsweise Statistik.
Die Beschäftigung mit Grundgesamtheit, Standardabweichung, Normalisierung etc. ist nur der erste Schritt. Es gibt Spezialisten und Institute, die jahrelange Erfahrung im Aufspüren der Bedürfnisse haben. Von diesen Marktforschern würde auch kein DSAG-Mitglied fordern, einen Entwicklungsantrag an SAP zu formulieren.
Selbst Chefredakteur Färbinger mit seinem unvollendeten Informatikstudium scheint sensibler zu sein. In den DSAG-Presseaussendungen wird regelmäßig die Veränderung von Prozentwerten falsch dargestellt: Wenn im vergangenen Jahr 24 Prozent und in diesem Jahr 31 Prozent der Befragten einer bestimmten Aussage zustimmen, dann ist die Zustimmung nicht um sieben Prozent gestiegen, sondern um sieben Prozentpunkte oder um etwa 29 Prozent, wenn 24 die Basis mit 100 Prozent ist.
Bei echter Markt- und Meinungsforschung geht es jedoch nicht um Prozentrechnung, die jeder gute Kaufmann beherrschen sollte, sondern schon zu Beginn um die wissenschaftliche und richtige Fragestellung: Befinden Sie Biogemüse für richtig und gesund? Das ist eine nette und höfliche Frage. Die Antwort wird aber kaum etwas über die Marktchancen von Biogemüse im Regal eines Discounters aussagen. Ähnlich ergeht es mir mit vielen Fragestellungen aus den zahlreichen DSAG-Umfragen.
Die Bewertung der SAP-Produktstrategie und -Roadmaps versuchte der Verein mit folgender Aufforderung zu erheben: „Wie bewerten Sie vor dem Hintergrund Ihrer Digitalisierungsaktivitäten folgende Aussage? Ich sehe die SAP-Produktstrategie und Roadmaps im Hinblick auf Investitionssicherheit und Planbarkeit als belastbar an und vertraue diesen.“
Mein Eindruck: möglichst viele Schlagworte in eine Fragestellung, damit am Ende das Ergebnis in jede beliebige Richtung interpretiert werden kann. Hier stellt der Verein DSAG bei der Antwort „Stimme ich voll und ganz zu“ sowie „Stimme ich größtenteils zu“ eine Steigerung von 2019 (24 Prozent) auf 2020 (31 Prozent) um „sieben Prozent“ fest, siehe DSAG-Pressemitteilung auf www.dsag.de.
Natürlich wurde die Grundgesamtheit von 2019 und 2020 nicht normalisiert und die „positiven“ Antworten wurden zu 100 Prozent aufsummiert, während die Antwort „Ich weiß nicht/keine Angaben“ nicht berücksichtigt wurde. Dieses Vorgehen grenzt an Manipulation, wenn eine mögliche Antwort ausgeschieden wird und die verbleibenden Antworten zu 100 Prozent der Grundgesamtheit gemacht werden.
Schade um das ehrliche Bemühen, die Meinung von uns DSAG-Mitgliedern und SAP-Bestandskunden zu erfahren. Ich wünsche mir, dass der Nachfolger von Marco Lenck dieses wichtige DSAG-Vorhaben der Markt- und Meinungsforschung in den Griff bekommt.