Juristischer Dauerbrenner: SAP-Lizenzen
Die Abschaffung des Limited Professional User(LPU) durch Änderungen der PKL (Preis- und Konditionenliste) der SAP Ende 2014 führte bei vielen Nutzern zu Irritationen.
Laut SAP sollte ein Nachkauf nur möglich sein, wenn man sich mit SAP bis Mitte August auf eine klare Definition des LPU einige.
Wieso hatte die SAP in der Vergangenheit nicht selbst eine geliefert? Sollte über die Neudefinition nicht einfach eine Preiserhöhung durchgedrückt werden?
Dafür spricht einiges. Die rechtliche Betrachtung früherer LPU-Metriken zeigt erheblichen Auslegungsspielraum zugunsten der Nutzer. Und Unklarheiten in allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gehen zulasten des Verwenders.
Schöpfen Sie also den Auslegungsspielraum in seinen zulässigen Grenzen aus – auch in Zukunft!
Das Thema „Indirekte Nutzung“ beschäftigt die Community seit Jahren. Erst seit 2011 befindet sich dazu ein sehr pauschaler Passus zur Lizenzpflichtigkeit in den AGB.
Demnach muss der Nutzer für alle Personen, die SAP-Software „direkt und/oder indirekt“ nutzen, über die erforderlichen Nutzungsrechte, wie in der PKL näher definiert, verfügen.
Ein Zugriff der Nutzer über Schnittstellen zu Drittapplikationen wurde allerdings von der SAP bereits vor der Aufnahme dieses Passus in die AGB als lizenzpflichtig dargestellt.
Zu der Rechtmäßigkeit dieser Praxis und der zugrunde liegenden AGB-Klausel liegen unseres Wissens keine gerichtlichen Entscheidungen vor. 2014 wurde über die Einführung neuer User-Typen in der PKL versucht, die indirekte Nutzung auf solidere rechtliche Füße zu stellen.
Juristisch ist das Thema keineswegs trivial. Falsch ist es zu glauben, die indirekte Nutzung sei erst seit 2011 oder sogar 2014 vergütungspflichtig. Es geht um komplexe urheberrechtliche Fragestellungen.
Um zu wissen, welche Nutzungen überhaupt „indirekte Nutzungen“ im Rahmen der AGB/PKL sind und welche davon vergütungspflichtig sind, muss eine Einzelfallbetrachtung angestellt werden – das gilt für Alt- wie für Neuverträge.
Auch die „gesamthafte Pflege“ bleibt ein rechtlicher Dauerbrenner. Obwohl der Vertrieb über sogenannte „Stilllegungen“ oder „Teil-Stilllegungen“, gerne in Verbindung mit Neuverträgen im Cloud- und/oder Hana-Bereich, Teilkündigungen der Pflegeverträge ermöglicht, bleibt eine Teilkündigung gemäß den AGB formal verboten.
Der Nutzer hat ständig und alle Installationen der SAP-Software in Pflege zu halten oder die Pflege insgesamt zu kündigen.
Im Zuge von Umstrukturierungen oder M&A-Prozessen kann dies zu einer erheblichen finanziellen Mehrbelastung führen und das Unternehmen sinnlose Millionen kosten.
Es wäre für die SAP so leicht, eine Teilkündigung der Pflege im Hinblick auf einzelne Verträge oder Produkte zu ermöglichen. Auf unsere Veranlassung liegt dem Bundeskartellamt derzeit eine entsprechende Beschwerde vor.
Dass käuflich erworbene Softwarelizenzen unter bestimmten Voraussetzungen weiterveräußert werden dürfen, hat der Europäische Gerichtshof 2012 klar zugunsten der Nutzer entschieden. Dies gilt auch für SAP-Software.
Die Nutzer sind Eigentümer der Software. Für Nutzer kann es erhebliche Kostenvorteile haben, wenn sie die Software weiterveräußern, anstatt auf Betreiben der SAP „stillzulegen“.
Aus rechtlicher Sicht erscheint es auch recht widersprüchlich, das eigene Eigentum „stillzulegen“. Das wäre so, als wenn BMW forderte, dass Sie den Wagen für immer in der Garage stehen lassen müssen, wenn Sie ihn nicht mehr warten lassen wollen.
Daher: Vorsicht bei Stilllegungsvereinbarungen! Im Zusammenhang mit gebrauchter Software beschäftigen uns derzeit u. a. die Fragen, ob den Nutzern ein Anspruch auf Wartung von gebrauchter Software zusteht und inwieweit Teilveräußerungen aus einzelnen Verträgen vorgenommen werden dürfen.
Mein Tipp: Prüfen Sie Ihre rechtlichen Optionen genau und nutzen Sie den Spielraum, um bessere Verträge zu machen!