Wie zahlreich sind doch die Dinge, deren ich nicht bedarf!
Ich bedarf keiner Sapphire in Orlando. Ich hätte aber sehr gerne Information zum Thema AnyDB im Zusammenhang mit der SAP-Wartungsverlängerung 2027/2030. Ich brauche nicht die bunten und lauten Messestände einer Sapphire, eines DSAG-Jahreskongresses oder einer SAP TechEd.
Aber Zugang zu allen Vorträgen und Bildungsveranstaltungen einer Sapphire, des DSAG-Kongresses und der TechEd hätte ich sehr gerne. Businessclass- Flüge und Fünf-Sterne-Hotels machen das E-3 Magazin nicht interessanter. Kongresse mit teuren Abendveranstaltungen fördern nicht die notwendige Bildungsarbeit.
Wir erkennen in diesen Tagen viele Dinge, die angenehm und begehrenswert erscheinen, am Ende aber keinen Mehrwert haben. Somit haben die momentanen Einschränkungen auch sehr viel Gutes: Die Kanäle in Venedig haben erstmals nach vielen Jahrzehnten wieder sauberes Wasser und im klaren Wasser sieht man sogar Fische.
Auch ohne teure Flugreisen kann ich ein E-3 Magazin fertigstellen. (Der 50-Minuten-Lufthansa-Flug Salzburg–Frankfurt kostet mich jedes Mal 550 Euro. Es ist eine persönliche Genugtuung, zu sehen, dass das Monopol Lufthansa obsolet wird. Und wer braucht noch Flüge nach Orlando?)
Ob es nach dem Shutdown, Ausgangssperre und Grenzschließungen besser wird, ist noch nicht entschieden. Die vergangene Finanzkrise haben viele Länder und Unternehmen ausreichend gut überlebt.
Die Lehren daraus und eine Korrektur des Finanzsystems existieren nur in minimalem Umfang. Somit war diese Krise eine verpasste Chance. Diesmal sollten wir es besser machen und uns eventuell an Sokrates orientieren.
Einst ging der Philosoph Sokrates über den Athener Marktplatz und staunte über das zahlreiche Angebot. Sokrates wird der Satz „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ zugeschrieben.
Kurz nachdem ihm ein Freund erzählte, dass das Orakel zu Delphi ihn, Sokrates, als den weisesten unter den Menschen bezeichnete. Über den Markt gehend soll er dann den Satz „Wie zahlreich sind doch die Dinge, deren ich nicht bedarf“ gesagt haben. Keine Kritik am Angebot, aber eine vernünftige Selbstbeschränkung auf das Lebensnotwendige.
Ähnliche Bescheidenheit und Fokussierung auf das Notwendige lässt sich auch in der SAP-Community leben: Wir brauchen mehr Information und Bildungsarbeit und weniger Event-Marketing. Noch immer ist mir der Kirmes-Gag des SAP-Riesenrads auf der Sommer-CeBIT 2018 in schauriger Erinnerung.
Einmal im Kreis fahren und danach S/4 customizen, oder? Die SAP-Community benötigt kein CeBIT-Riesenrad, aber eventuell eine fachlich anspruchsvolle SAP-Bilanzpressekonferenz in der Finanzmetropole Frankfurt/M.
Stattdessen „versteckt“ sich SAP seit Jahren im Hauptquartier Walldorf und gewährt nur ausgewählten Journalisten den Einlass. Das ist keine tragbare Informationspolitik und Bildungsarbeit. Unternehmenskommunikation muss anders gehen.
Die momentanen Herausforderungen sind eine einmalige Chance, die Spreu vom Weizen zu trennen: Was benötigt die SAP-Community? Wie zahlreich sind doch die Dinge, die die SAP-Bestandskunden wissen wollen, und SAP schweigt:
AnyDB und Wartungsverlängerung 2027/2030? Indirekte Nutzung? Konsolidierung und Harmonisierung des Cloud-Angebots? Positionierung von Qualtrics? Ausrichtung oder Absage der Sapphire 2020 in Orlando? Cloud-Stabilität von SuccessFactors? IP auf der SCP? Hana 3? Brown-, Blue- oder Greenfield? Wie zahlreich sind doch die Fragen an SAP, deren die Community bedarf.