Wer soll das bezahlen?
Die SAP Business Suite ist keine Insel. Ob diese Binsenweisheit allen bei SAP bewusst ist, muss stark in Zweifel gezogen werden. Nachschulung: Für den Betrieb eines SAP-ERP-Systems braucht es Hardware, darauf ein Betriebssystem, darauf den NetWeaver-Stack mit Abap sowie Java und dann erst kommt der ERP-Kern ECC 6.0 beziehungsweise die SAP Business Suite 7.
Nun hat Anfang Februar SAP die Verfügbarkeit der SAP Business Suite 7 mit AnyDB bis 2030 bekannt gegeben – ein finanztechnisches Armageddon! Zu verdanken ist dieser für die SAP-Community glückliche Umstand dem DSAG-Vorstand Andreas Oczko.
Aus SAP-Sicht erscheint es mir momentan als der Anfang vom Ende. Wer soll die Kosten für die Datenbank-Lizenzen, Java-Lizenz und Bereitstellung der Maintenance-Infrastruktur in den fünf zusätzlichen Jahren von 2025 bis 2030 bezahlen?
Am Beginn der Diskussion stand die Überlegung, SoH bis 2030 in der Wartung zu belassen. Auch dieser Schritt hätte Mehrkosten verursacht, aber bei Weitem nicht in der Höhe der aktuellen Lösung.
Mit SAP Business Suite on Hana (SoH) ergibt sich eine vereinfachte ERP-Infrastruktur aus Intel- oder IBM-Power-Server mit einem Linux-Betriebssystem von Red Hat oder Suse. Lediglich der Abap- und Java-Application Server (AS) aus dem NetWeaver-Stack hätte zusätzlich in die Wartung aufgenommen werden müssen.
Ein ERP/ECC 6.0 mit AnyDB war die Maximalforderung von DSAG-Vorstand Andreas Oczko und ist nun der maximale Kollateralschaden der SAP. Wer soll das bezahlen?
Nun muss bis 2030 die gesamte bekannte ECC-AnyDB-Abap-Java-Infrastruktur am Leben erhalten werden, um entsprechende Pflege den SAP-Bestandskunden angedeihen zu lassen.
Nicht nur diese umfassende und komplexe Infrastruktur steht bei SAP fünf Jahre länger in der Wartung, sondern auch das dazu notwendige Personal muss vorgehalten werden.
Soeben hat sich SAP von Tausenden „alten“ Mitarbeitern mit ERP/ECC- und Abap-Know-how verabschiedet und unmittelbar darauf erfolgte die Meldung, dass SAP genau dieses ERP-Wissen nun fünf Jahre länger braucht.
AnyDB ist der Schrecken der SAP. Es ist eine historische Entwicklung, sodass die SAP Business Suite 7 auf vielen unterschiedlichen Betriebssystemen und Datenbanken laufen kann.
Des einen Freud, des anderen Leid: SAP-Bestandskunden können für ihre ERP-Lizenzen auch günstige Datenbank-Runtime-Lizenzen von IBM, Microsoft und Oracle beziehen. Es war vorgesehen, dass diese Lizenzen bis zum Jahr 2025 gekündigt werden.
Das SAP-Versprechen, eine Business Suite 7 mit AnyDB bis 2030 bereitzustellen, bedeutet, dass auch die Verträge zwischen SAP und den Datenbankanbietern verlängert werden müssen. Aktuell gibt es grünes Licht von IBM und Microsoft, in harmonischer Partnerschaft mit SAP bis 2030 weiterzumachen wie bisher.
Allein mit Oracle scheint sich SAP noch nicht geeinigt zu haben – schließlich geht es um sehr viel Geld! Aber die Oracle-Lösung wird entscheidend sein, arbeitet doch mehr als die Hälfte aller Suite-7-Bestandskunden auf dieser Datenbank.
Sehr viel Geld wird SAP wahrscheinlich in die Hand nehmen, um den Abap- und Java-Stack für die Business Suite 7 weiterpflegen zu können. Im Bereich Abap könnte es in den kommenden zehn Jahren bei SAP zu massiven Personalproblemen kommen.
Für Java schaut der Arbeitsmarkt wesentlich besser und entspannter aus, aber hier werden wahrscheinlich hohe Lizenzzahlungen an Oracle fällig. Der ursprüngliche Plan sah ein Ende des NetWeaver-Java-Stacks im Jahr 2023 vor. Nun garantierte SAP die Verfügbarkeit vom AS Abap und AS Java bis 2030 – Respekt!
Noch gibt es keine Erklärung der Co-CEOs Jennifer Morgan und Christian Klein oder vom CFO Luka Mucic, wie diese hohen Mehrkosten in den Jahren 2026 bis 2030 das SAP-Ergebnis belasten werden.
Selbst stolzer Besitzer einiger SAP-Aktien bin ich auch über die Passivität der Finanzanalysten, Börse und Wirtschaftsmedien überrascht – vielleicht habe ich etwas übersehen?
Ich befürchte, dass am Ende die Mehrkosten durch versteckte Preiserhöhungen auf uns SAP-Bestandskunden abgewälzt werden. Die SAP’sche PKL lässt dazu viel Spielraum!