Stellungnahme der IA4SP e. V. zu der Aussendung von Voice e. V.
Die von den SAP-Bestandskunden für den indirekten Zugriff von Devices und Fremdprogrammen zusätzlich zu zahlenden Lizenz- und Wartungsgebühren würden im Widerspruch zu dem Grundsatz der Interoperabilität stehen.
Da die von Voice in Auftrag gegebenen Gutachten nun zum selben Ergebnis kommen wie die Gutachten, die IA4SP 2015 in Auftrag gegeben hat, fühlt sich IA4SP in seiner Rechtauffassung bestätigt, dass es für die aktuelle Lizenzpolitik der SAP zur indirekten Nutzung keine Rechtsgrundlage gibt, die ein solches Lizenzsystem stützt.
Vielleicht ist das ja jetzt ein Anlass für die Verantwortlichen bei SAP, die derzeitige Lizenzpolitik der SAP zur indirekten Nutzung nochmals zu überdenken.
Wie der Vorsitzende von Voice, Dr. Thomas Endres, in der Pressemitteilung von Voice richtigerweise feststellt, sind die von SAP für die indirekte Nutzung verlangten Lizenzgebühren für die laufende digitale Transformation fatal.
Wird nämlich die Vernetzung von Drittsystemen mit dem ERP- System durch die Lizenzgebühren für die indirekte Nutzung zu teuer, so besteht die reale Gefahr, dass sich bestimmte IoT- und I4.0-Projekte nicht mehr rechnen.
Außerdem, so Patrick Quellmalz, Leiter Service bei Voice und Geschäftsführer der Voice CIO-Service GmbH, schädige die SAP mit ihrem Lizenzverhalten den Markt für Third-Party-Applikationen ganz massiv. Denn wenn die Vernetzung von Third-Party-Applikationen mit SAP zu kostspielig wird, wird Dritt-Softwareanbietern der Marktzugang verschlossen.
Die Mitglieder der lA4SP sehen schon heute die negativen Effekte der Marktverdrängung. Mitgliedsunternehmen berichten von zum Teil erheblichen Zusatzkosten, die ERP-Kunden für die indirekte Nutzung an SAP zahlen sollten.
Dies führte wiederholt dazu, dass sich SAP-Anwender gegen den Kauf der betreffenden Third-Party-Applikation entschieden haben. Aus Sicht von IA4SP ist das eine gefährliche Entwicklung, denn sie reduziert die Angebotsvielfalt und Innovationskraft im SAP-Markt.
Diese negativen Marktauswirkungen der Lizenzpolitik von SAP auf das SAP- Öko- system scheinen dann wohl auch der Grund für Voice gewesen zu sein, eine Beschwerde gegen das Marktverhalten der SAP beim Bundeskartellamt einzureichen, wie die Wirtschaftswoche und das Handelsblatt berichtet haben.
Es bleibt abzuwarten, welche Entscheidung das Bundeskartellamt am Ende fällen wird. In jedem Fall zeigt der Schritt von Voice, dass viele IT-Anwender mit dem Lizenzsystem der SAP zur indirekten Nutzung nicht zufrieden sind, sich gegängelt fühlen und eine reale Gefahr für die Erhaltung eines ausreichenden Wettbewerbs im SAP-Ökosystem sehen.
Ansonsten hätten die Voice-Mitglieder sich nicht zu einem solchen Schritt entschlossen. Offensichtlich scheint auch das von SAP angekündigte neue Lizenzsystem für das digitale Zeitalter keine zufriedenstellende Lösung des Problems für die Voice-Mitglieder zu liefern. Schließlich bleibt die indirekte Nutzung auch nach dem neuen Lizenzsystem weiter lizenzpflichtig.
Es ändert sich nur die Lizenzmetrik von einer benutzerbezogenen zu einer transaktionsbezogenen Vergütung. Erste Use Cases unserer Mitgliedsfirmen haben gezeigt, dass die Zusatzkosten für die indirekte Nutzung durch das neue Lizenzsystem immer noch zu einer erheblichen Verteuerung der Anbindung von Third-Party-Applikationen führen.
Es ist schade, dass es trotz intensiver Bemühungen der im SAP-Ökosystem tätigen Verbände bislang nicht gelungen ist, einvernehmliche Lösungen mit SAP zu finden, die auch den berechtigten Interessen von SAP-Kunden und SAP-Partnern an einer kostengünstigen Vernetzung von Third- Party-Applikationen mit SAP-Systemen Rechnung tragen.
Deshalb war eine weitere Eskalation des Konflikts der widerstreitenden Interessengruppen abzusehen und wohl auch nicht vermeidbar. Aufgrund der enorm negativen Auswirkungen, die die derzeitige Lizenzpolitik der SAP auf das Geschäftsmodell unserer Mitgliedsfirmen hat, können wir den Vorstoß von Voice nur begrüßen.
Es ist im Interesse aller Beteiligten des SAP-Ökosystems, hier für eine rasche Klärung der relevanten kartellrechtlichen Fragen zu sorgen, damit sich alle Beteiligten wieder den wichtigen Herausforderungen stellen können, die die digitale Transformation und Themen wie IoT und I4.0 mit sich bringen.