SAP-integrierte Toleranzlinienprüfung


Der Wettbewerb in der Automobilzuliefererindustrie ist intensiv. Um die eigene Position am Markt zu stärken und auszubauen, müssen Automotive-Zulieferer wie Harman ständig neue Lösungen wie digitale Systeme für die In-Car Experience entwickeln und vorhandene Produkte kontinuierlich verbessern. Ebenso wichtig sind effiziente, transparente und weitgehend automatisierte Geschäftsprozesse in allen Bereichen. Als zentrale IT-Plattform nutzt Harman, ein global tätiges Technologieunternehmen und seit 2017 eine eigenständige Tochtergesellschaft von Samsung Electronics, dafür seit Jahren die Geschäftslösung SAP ERP/ECC 6.0. Die ERP-Software von SAP weist im Standard aber so manche Prozesslücke auf, allen voran bei der elektronischen Logistikabwicklung mit den OEM. Diese Lücke schließt Harman durch SAP-basierte Add-ons wie die Plattform Speedi von WSW Software, die sich nahtlos in SAP integriert.
Automatisierte Toleranzlinien
Der IT-Dienstleister aus Gauting hat bereits mehrere Speedi-Lösungen bei dem Technologieunternehmen eingeführt. Dazu zählen unter anderem die Speedi-OEM-Lösungen, der Speedi-Versandmonitor und, zuletzt, die Speedi-Toleranzlinienprüfung zur Überwachung der Lieferabrufe von OEM-Kunden auf die Verletzung von Toleranzgrenzen. „Der Einsatz dieser Speedi-Lösung ist von strategischer Bedeutung, da sie schon bei der Einarbeitung eines EDI-Lieferabrufs in SAP automatisch ermittelt, ob dieser vertraglich vereinbarte Toleranzgrenzen im Hinblick auf die Liefermenge unter- oder überschreitet. Das bedeutet für uns als Zulieferer einen Mehrwert, da allein einer unserer deutschen Premium-OEM-Kunden rund 400 Abrufe am Tag sendet, die zu prüfen sind. Die schnelle Prüfung und Bewertung der Daten kommt letztlich auch unseren OEM-Kunden zugute – eine klassische Win-win-Situation also“, sagt Helmut Koelbl, Senior Manager Business Planning Tools bei Harman Automotive.
Exaktere IBP-Bedarfsplanung
Der konkrete Nutzen für den OEM-Zulieferer ist äußerst vielfältig. Im Gegensatz zu früher wird eine Abweichung von der akzeptierten Mengentoleranz heute bereits beim Abrufeingang ermittelt. Das ermöglicht eine genauere Bedarfsplanung, die in der Cloud-Lösung SAP Integrated Business Planning, IBP, erfolgt, und die Produktionsplanung kann frühzeitig angepasst werden. Dadurch reduziert sich das Risiko, dass hohe Zusatzkosten entstehen, etwa weil bereits produzierte Ware erneut durch die Fertigung laufen muss, um mit einer aktuellen Softwareversion ausgestattet zu werden, oder weil Produkte vernichtet werden müssen.
Schneller ROI
Dank Speedi kann Harman die OEM-Kunden auch innerhalb der vertraglich festgelegten, zum Teil extrem kurzen Reaktionszeiten benachrichtigen, wenn ein Abruf die vereinbarte Toleranzgrenze verletzt. Bei dem oben erwähnten deutschen OEM-Kunden zum Beispiel liegen sie, abhängig vom Bedarfshorizont, bei ein bis zehn Arbeitstagen. „Das ist ein weiterer unschätzbarer Vorteil, da wir durch die Einhaltung der Fristen teure Nachzahlungen vermeiden. Da die jährliche Ersparnis allein bei sogenannten Premiumfrachten im Millionen-Euro-Bereich liegt, haben sich die Ausgaben für Anschaffung, Betrieb und Wartung der Speedi-Toleranzlinienprüfung innerhalb weniger Monate amortisiert“, freut sich Helmut Koelbl.
SAP-Lieferplanvergleiche
Außerdem entlastet die automatische Prüfung von Toleranzgrenzen die Mitarbeitenden im Customer Support, die diese repetitive Tätigkeit bisher mühsam manuell in Excel und anhand von SAP-Lieferplanvergleichen durchführen mussten. Ihnen bleibt jetzt mehr Raum für andere wichtige Aufgaben. Umgekehrt profitieren aber auch OEM-Kunden von Harman vom Einsatz der Speedi-Toleranzlinienprüfung. Die Daten, die die Lösung erzeugt, wertet der Zulieferer mit einem Analytics-Tool (Qlik) aus und sie bilden die Basis für diverse KPIs wie zum Beispiel erhaltene Abrufe im Verhältnis zu Abrufen „außerhalb der Toleranzen“. Auf diese Weise kann Harman den Kunden schnell und zuverlässig Auskunft darüber geben, ob Toleranzgrenzen verletzt wurden und wie sich Abrufe über einen bestimmten Zeitraum hinweg entwickelt haben. Dieses Benchmarking liefert den OEM wiederum wichtige Ansatzpunkte, um die eigenen Abrufe zu optimieren, vertraglich festgelegte Toleranzgrenzen einzuhalten und Zusatzkosten zu vermeiden.
Die Speedi-Toleranzlinienprüfung, die weltweit für sämtliche Harman-Werke implementiert ist, wird gegenwärtig am Produktionsstandort in Ungarn vollumfassend genutzt. Die Disposition dort ist sehr zufrieden mit der Lösung. Besonders ein Speedi-Monitor zur Anzeige von Toleranzverletzungen inklusive anschließender selektiver E-Mail-Benachrichtigung, an dessen Entwicklung Harman maßgeblich mitgewirkt hat, erleichtert den End-Usern die Arbeit enorm. Er zeigt ausgewählte Toleranzverstöße übersichtlich an, sodass die erforderlichen Maßnahmen umgehend veranlasst werden können.
Helmut Koelbl zieht ein positives Fazit: „Die IT-gestützte Toleranzlinienprüfung der OEM-Abrufe in Speedi erhöht die Effizienz und die Transparenz in diesem Prozess enorm, und damit auch die Genauigkeit der SAP-IBP-Bedarfsplanung. Durch die fristgerechte Benachrichtigung der Kunden im Fall einer Toleranzverletzung vermeiden wir teure Vertragsstrafen und erzielen eine deutliche Kostenersparnis, dank der sich die Speedi-Lösung schnell amortisiert hat. Im Gegenzug erhalten unsere OEM-Kunden wichtige Informationen, die sie in die Lage versetzen, innerhalb der vereinbarten Toleranzen zu bleiben. Zugleich stärken wir damit unsere Position bei Gesprächen mit Kunden.“
Mindest- und Maximalabnahmen
Schritt für Schritt soll die Speedi-Toleranzlinienprüfung, mit der Harman bislang die Abrufe von einigen deutschen und US-amerikanischen OEM-Kunden prüft, nun auf möglichst alle OEM-Kunden ausgerollt werden. Fest eingeplant ist zudem die Einführung einer auf die spezifischen Anforderungen bei Harman zugeschnittenen und in SAP integrierten IT-Lösung, mit deren Entwicklung die Experten von WSW Software betraut sind. Sie soll zukünftig anzeigen, ob ein Kunde vereinbarte Mindest- beziehungsweise Maximalabnahmemengen in einem bestimmten Zeitraum über- oder unterschreitet. Das ist ein wichtiger Indikator, um in der Fertigung sowohl Überkapazitäten als auch Engpässen vorzubeugen.