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SAP-Baustelle: Aufsichtsrat

Mit dem Abschied von Professor Hasso Plattner aus dem SAP-Aufsichtsrat im kommenden Jahr beginnt eine Evaluierung über tatsächliche Aufgaben und die Funktion eines Aufsichtsratsvorsitzenden.
Peter M. Färbinger, E3-Magazin
7. November 2023
Editorial
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Ein Paradigmenwechsel steht bei SAP bevor. Die durch das Gesetz definierte Aufgabenteilung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand war bei SAP viele Jahre außer Kraft gesetzt. Es war nicht zum Nachteil von SAP und Professor Hasso Plattner haderte mehr als ein Mal mit den strengen Aufsichtsratsgesetzen in Deutschland. Plattner hätte, so erzählen es Insider, gerne SAP als US-amerikanisches Unternehmen gesehen und dann folgerichtig als Chairman geführt.

Im US-amerikanischen Kontext ist der Chairman auch ein Aufsichtsratsvorsitzender, er darf aber dennoch im Operativen mitgestalten. Dieses aktive und operative Gestalten verbietet das deutsche Recht dem Aufsichtsratsvorsitzenden und Hasso Plattner kritisierte diesen Umstand immer wieder bei seinen zahlreichen Sapphire-Keynotes in Orlando, Florida, USA.

Professor Plattner ist ein hemdsärmeliger Macher, der genaue Vorstellungen hat, wie Dinge zu geschehen haben. Professor August-Wilhelm Scheer, langjähriges SAP-Aufsichtsratsmitglied und zuletzt in einem Beratungsgremium des Hasso- Plattner-Instituts in Potsdam, erklärte mir einst, dass er niemanden kennt – außer Plattner –, der so weit und so präzise in die Zukunft blickt. Hasso Plattner habe wie kein anderer eine genaue Vorstellung von zukünftigen Entwicklungen. Die Historie der SAP bestätigt diese Erkenntnis.

Hasso Plattner wird eine Lücke im Aufsichtsrat hinterlassen. Somit ist die Wahl von Punit Renjen die bestmögliche Wahl, weil er einen vollkommen anderen Charakter hat und damit auch andere Akzente setzen wird. Renjen ist kein technikverliebter ERP-Nerd, der schnell nebenbei eine IT-Revolution mit einer In-memory-Computing-Datenbank lostritt. Punit Renjen wird aufgrund seines Managementstils auf Misstrauen und Ablehnung stoßen. Das deutsche Manager Magazin hat bereits geschrieben: Renjen eckt an. Was war geschehen?

Punit Renjen ist ein disziplinierter, erfolgsorientierter und präziser Topmanager. Er wird sich nicht als Platzhalter zum SAP-Aufsichtsratsvorsitzenden wählen lassen. Renjen sieht die Aufgabe als Herausforderung und wird im Sinn eines US-amerikanischen Chairmans agieren – soweit die deutschen Gesetze ihm dies erlauben. Völlig untypisch für einen Aufsichtsratsvorsitzenden bereiste er in den vergangenen Monaten die Welt und besuchte zahlreiche SAP-Niederlassungen, um sich aus erster Hand selbst ein Bild vom ERP-Weltmarktführer zu machen. Dieser Aktivismus kommt nicht überall gut an. Zahlreiche SAP-Executives fürchten um ihre Autonomie, wenn jemand aktiv Aufsicht betreibt und verbindliche Ratschläge erteilt.

Im Handelsblatt online war über die Dax-Aufsichtsräte zu lesen: „Doch so sehr inzwischen Finanzexpertinnen und -experten gefragt sind, so mangelt es in den Dax-Kontrollgremien immer noch an Technologieexpertise.“ Der SAP-Aufsichtsrat ist hier keine Ausnahme. Echte Ratschläge kann CEO Christian Klein nur von Plattner und Aufsichtsrat Gerd Oswald erwarten, der selbst über 16 Jahre SAP-Vorstand war und wie kein Zweiter das SAP-Geschäft und die Kunden kennt.

Andererseits ist es nur schwer vorstellbar, dass zukünftige Aufgaben bezüglich Aufsicht und Ratschlägen auf den Schultern nur weniger Aufsichtsräte lasten. Hierbei scheint das Vorgehen des Siemens-Aufsichtsratsvorsitzenden Jim Hagemann Snabe exemplarisch. Wie heute die Topjobs in der Wirtschaft vergeben werden, analysierte das Manager Magazin in einer lesenswerten Reportage: „Die Reste der alten Netzwerkkarriere verschwinden, neue Methoden führen an die Firmenspitze. Aufsichtsräte und Vorstände bedienen sich Assessment-Centern, Psychotests und Forensikern.“ Wer in den obersten Zirkeln der Macht besonders positiv hervorstach, war SAP-Ex-Co-CEO Jim Hagemann Snabe. Als Snabe im Jahr 2013 in den Siemens-Aufsichtsrat eintrat, da stieß er auf Seilschaften, die es auch bei SAP mehr als reichlich gibt.

Das Manager Magazin fasste die Situation zusammen: Snabe traf auf der Kapitalseite vor allem Friends of Gerhard Cromme, des damaligen Chefkontrolleurs. Aktuell leitet Jim Hagemann Snabe den Aufsichtsrat und das Manager Magazin zitiert ihn: „Ich suche Kompetenzen und nicht Namen von Menschen, die ich gut kenne.“ Eine ähnliche Aufgabe wird auch Punit Renjen vor sich haben, will er SAP voranbringen und jenseits von Hana und S/4 zum Erfolg führen.

Renjens Aufgabe ist deutlich umrissen: Alle Friends of Hasso Plattner gilt es zu verabschieden, um Platz zu machen für Kompetenz. Wenn SAP in Zukunft noch eine Chance haben will, dann muss Punit Renjen ein aktivistischer Aufsichtsratsvorsitzender werden und ganz im Sinne des Wortes handeln: stringente Aufsicht ausüben und gute Ratschläge geben.

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Peter M. Färbinger, E3-Magazin

Peter M. Färbinger, Herausgeber und Chefredakteur E3-Magazin DE, US und ES (e3mag.com), B4Bmedia.net AG, Freilassing (DE), E-Mail: pmf@b4bmedia.net und Tel. +49(0)8654/77130-21


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