NetWeaver, Data Hub, Datasphere, BDC


Bleiben Sie unschlagbar mit der SAP Business Suite, war vor wenigen Tagen auf einem Werbebanner auf handelsblatt.com zu lesen. SoH ist zurück! Eine Suite auf Basis von Hana ist damit offiziell wahrscheinlich besser als S/4 Hana. Bedeutet nun die neue SAP-Suite das EOF (End of Life) von S/4 Hana? Die SAP-Nachrichten aus New York, USA, sind schwer einzuordnen: Es gibt wieder eine SAP Business Suite, die eine doppelte Basis hat – BTP und Hana. Damit rückt das Konzept der SoH, Suite on Hana, wieder in den Fokus der SAP-Strategie – diesmal ergänzt durch viel KI. SAP und der US-IT-Anbieter Databricks wollen Unternehmens-KI mit neuer Cloud für Geschäftsdaten verbessern.
Wohin die Reise gehen soll, definierte SAP vor vielen Jahren: Zu Beginn sollte die Exchange-Infrastruktur als Teil des SAP NetWeaver das Transportproblem und die Datenkommunikation lösen, dann kamen HEC (Hana Enterprise Cloud), HCP (Hana Cloud Platform), SCP (SAP Cloud Platform), SAC (SAP Analytic Cloud), BTP (Business Technology Platform) und nun gibt es BDC (Business Data Cloud). Neben den Plattformkonzepten gab es die singulären Produkte Data Hub und Datasphere. Bei SAP herrscht seit vielen Jahren ein Wildwuchs an Produkten, Konzepten, Lösungen, Visionen und Strategien – für eine zehnjährige ERP-Planung sind diese Wankelmütigkeit und Inkonsistenz vollständig kontraproduktiv.
Im Zuge der BDC-Ankündigung hat SAP die Partnerschaft mit dem US-amerikanischen IT-Anbieter Databricks bekannt gegeben. Mit der BDC soll das Databricks-Portfolio über eine simple Schnittstelle (Connectivity via Delta Sharing) in das SAP-Ökosystem integriert werden – ein Modell, das viele SAP-Bestandskunden durch Hyperscaler-Angebote wie Azure-Databricks bereits kennen. Mit der BDC soll nun eine speziell angepasste SAP-Version des Databricks-Portfolios angeboten werden: „Unternehmen können somit von den modernen AI- und Warehousing-Funktionen von Databricks profitieren und sollen individuelle Datenprodukte nahtlos in das SAP-Ökosystem integrieren können – mit geringer Einstiegshürde und über bestehende SAP-Verträge nutzbar“, erklärt DSAG-Technikvorstand Sebastian Westphal.

Sebastian Westphal, Technikvorstand, DSAG
Sollte die SAP-Datenproduktstrategie aufgehen, könnte die klassische Rohdatenverarbeitung zunehmend durch semantische Daten und Business-Logiken ersetzt werden. Herausfordernd bleibt aus DSAG-Sicht, wie sich komplexe Datenstrecken künftig umsetzen lassen, da in bestimmten Szenarien weiterhin generische Data-bricks-Tools oder Hyperscaler-Lösungen nötig sein könnten, siehe Grafik.
SAP will mit Business Data Cloud eine wegweisende Lösung besitzen, die alle SAP- und Drittdaten an einem Punkt zusammenführt. BDC soll eine zuverlässige Datenbasis schaffen, mit der Unternehmen bessere Entscheidungen treffen und die Ergebnisse von KI verlässlicher machen können. Die Lösung soll Daten aus den geschäftskritischen Anwendungen von Unternehmen mit Funktionen für Data Engineering und Geschäftsanalysen orchestrieren. Eine folgerichtige Strategie, diese kommt aber um mindestens fünf Jahre zu spät. Bereits seit vielen Jahren bieten Hyperscaler oder Spezialisten wie Databricks oder Boomi Ähnliches an. Die SAP-Kooperation mit Databricks ist logisch, sie zeigt aber deutlich die Versäumnisse von SAP selbst. SAP hat nicht das Internet oder KI verschlafen, sondern das wesentlich wichtigere „Master Data Management“.

Mit der Partnerschaft zwischen SAP und Databricks soll aus Sicht von SAP eine neue Ära im Management von Unternehmensdaten entstehen. Zwei Marktführer sollen die Zusammenarbeit zwischen Anwendungen und Datenplattformen neu definieren, siehe auch „Algorithmen und Datenstrukturen“, das Informatik-Standardwerk des verstorbenen ETH-Professors Niklaus Wirth. In der SAP-Lösung sind Techniken von Databricks für Data Engineering, maschinelles Lernen und KI-Workloads integriert. „SAP Business Data Cloud erlaubt es, Geschäftsdaten für Unternehmens-KI optimal zu nutzen“, verspricht SAP-Chef Christian Klein. „Die bahnbrechende Lösung kombiniert das beispiellose Know-how von SAP bei geschäftskritischen, durchgängigen Prozessen und Daten mit umfangreicher Semantik mit der herausragenden Kompetenz von Databricks in Data Engineering. Das hilft Unternehmen, noch mehr aus ihren Daten herauszuholen.“
Vor der Semantik kommt jedoch die Syntax. Hier hat SAP noch nicht alle Hausaufgaben befriedigend gelöst. Es gibt immer noch Kompatibilitätsprobleme zwischen den unterschiedlichen Cloud-Angeboten und ERP-Modulen. „Jedes Unternehmen möchte größeren Nutzen aus seinen Daten und KI-Investitionen ziehen“, sagte Ali Ghodsi, Mitgründer und CEO von Databricks. „Durch die Zusammenarbeit mit SAP unterstützen wir Unternehmen, alle ihre Daten zusammenzuführen, um fachspezifische KI-Anwendungen auf der Databricks Platform zu steuern, zu analysieren und zu entwickeln.“
Aus Sicht der deutschsprachigen Anwenderorganisation DSAG e. V. waren und sind integrierte Geschäftsprozesse einer der großen SAP-Vorzüge. „Grundlage war dafür eine starke ERP-Lösung mit fast allen notwendigen Funktionen von Finanzen bis Produktion in einem einzigen System“, ordnet Thomas Henzler, DSAG-Fachvorstand Vertrieb, Produktion und Logistik, ein. Dieses Thema war in der Vergangenheit immer wieder Gegenstand vieler Diskussionen.

Thomas Henzler, Fachvorstand Vertrieb, Produktion, Logistik, DSAG
Zahlreiche SAP-Unternehmenszukäufe in der Vergangenheit, technische Veränderungen sowie die strategische Ausrichtung der SAP in Richtung Cloud haben dazu geführt, dass das ERP-Portfolio immer kleinteiliger wurde. Beispiele sind hier das Customer Relationship Management (CRM), bei dem aktuell Salesforce dominiert, oder auch einzelne Finanz- und HR-Lösungen, bei denen Workday ein erfolgreicher Mitbewerber geworden ist. „Die Komplexität in den SAP-Vertragsgestaltungen hat massiv zugenommen und resultierend auch das Kostenmanagement. Hinzu kamen Herausforderungen bezogen auf die Integration“, fasst Henzler zusammen. Insgesamt mussten Kunden abwägen, ob sie einen Best-of-Breed-Ansatz (Composable ERP) oder einen Best-of-Suite-Ansatz (Vendor-Lock-in) verfolgen wollten.
Ein aus DSAG-Sicht großer Nachteil bestand in der Vergangenheit darin, dass der Kunde nicht immer leicht davon profitieren konnte, bei SAP alles aus einer Hand zu kaufen. „Das führte oft dazu, dass in Ausschreibungen auch Lösungen weiterer Hersteller zugekauft wurden. Der Kunde musste immer wieder einzelne Deals mit SAP verhandeln – z. B. für CX- oder Procurement-Lösungen. Es fehlte die Transparenz, welchen kommerziellen Vorteil der Kunde denn tatsächlich davon hatte, alles von SAP zu beziehen. Außerdem wurden in der Regel Käufe aus der Vergangenheit bei neuen Deals nicht berücksichtigt für Rabatte“, erklärt Thomas Henzler in einer aktuellen DSAG-Stellungnahme.
BDC soll den Einsatz von Datenprodukten bei Bestandskunden voranbringen. Ziel ist ein Datenökosystem zur Modellierung von KI-gestützten Erkenntnissen. SAP-Joule-Agenten nutzen hierzu die Geschäftsdaten und die Lösungen des SAP Knowledge Graph. Mit der Einführung der BDC zeichnet sich aus DSAG-Sicht ein abermaliger Wandel in der SAP-Datenstrategie ab, der im Wesentlichen einen simplen Lift-and-Shift-Ansatz bedeutet, der bestehende datenhaltende SAP-Lösungen unterstützt und bisher BW-basierte Datenprodukte künftig in der BDC verfügbar macht. „Für Unternehmen bedeutet dies einen Balanceakt: bestehende Investitionen schützen und gleichzeitig den Zugang zur neuen Lakehouse-Architektur mit zusätzlichen Services erhalten. Legacy-Systeme sollen weiterhin betrieben werden können, während SAP-gemanagte Services die individuelle Datenhaltung zunehmend ersetzen“, ordnet Sebastian Westphal ein.