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Mangelnde Agilität in Unternehmen: Mit dem Lastwagen auf die Rennpiste

Wer im heutigen Marktumfeld bestehen will, benötigt nicht nur innovative Produkte – er muss diese auch schneller auf den Markt bringen als die Konkurrenz. Unerbittlich steigende IT-Backlogs und monatelange Updatezyklen werden da zum fatalen Bremsklotz.
Outsystems
28. September 2022
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SAP-Erweiterung per Low-Code

Der niederländische IT-Berater und Softwareentwicklungsspezialist NovioQ hat ein Rezept gefunden, wie Kunden ihren Software-Lkw wie einen Sportwagen fahren können: durch individuelle SAP-Erweiterungen per Low-Code.

„In nahezu jedem Unternehmen finden wir irgendein Schlupfloch, durch das wir direkt auf die Produktivumgebung zugreifen können und vollständige Kontrolle über das System erhalten“, berichtet Roy van de Kerkhof, CTO von NovioQ. „Auf der anderen Seite müssen selbst kleinste Änderungen am SAP-Produktivsystem oft Dutzende Sicherheitsschleusen durchlaufen, bevor sie live gehen können. Dieses Beispiel zeigt das zweierlei Maß, das Unternehmen nicht selten bezüglich der Strenge von Absicherung und Kontrolle anwenden. Neben negativen Auswirkungen auf die Sicherheit leidet darunter auch oft die Agilität.“

Agilität ist jedoch ein entscheidender Faktor, der im heutigen Wettbewerb über Erfolg und Misserfolg entscheiden kann. Innovationen müssen auf den Markt gebracht werden, bevor die Konkurrenz gleichzieht. Dafür müssen die internen Systeme mit höchstmöglicher Effizienz arbeiten und passgenau auf die individuellen Abläufe des Unternehmens abgestimmt sein – um das zu fördern, was das Unternehmen einzigartig macht. Solche Besonderheiten machen Anpassungen am Systemstandard in der Praxis oft unvermeidbar. Sowohl die Entwicklung neuer erforderlicher Funktionen als auch die schnelle Behebung bestehender Probleme verlangen dem IT-System damit eine genauso hohe Flexibilität ab wie dem Unternehmen selbst. „In der Praxis sieht das jedoch meist ganz anders aus“, erklärt van de Kerkhof.

Roy Vande Kerkhof
Mit Low-Code konnten wir in nur sechs Wochen eine Vertriebsanwendung für SAP erstellen. Der Erfolg sprach sich bis zur Geschäftsführung herum, wodurch weitere Rückendeckung gesichert war. Roy van de Kerkhof, Chief Technology Officer, NovioQ

„SAP genießt in vielen Unternehmen eine herausragende Stellung, und das auch zu Recht. In puncto Leistung und Zuverlässigkeit ist die Software aus Walldorf herausragend. Doch in der Praxis fahren Unternehmen sie oft wie einen Lkw, konstant bei 80 km/h, statt schnell und wendig wie einen Sportwagen. Dass bis zu neun Monate vergehen, bis Änderungen im SAP-System live gehen, ist unserer Erfahrung nach im Markt keine Seltenheit. Denn zunächst einmal müssen freie Kapazitäten bei den zuständigen SAP-Experten bestehen. Daraufhin muss die Datenentwicklung in SAP erfolgen und schließlich die Anpassung getestet werden. Gerade bei Fehlern oder kurzfristig wichtigen Änderungen benötigen Mitarbeiter jedoch schnellere Hilfe.“

Agil am Wasserfall

Entsprechend kommt der Anstoß für Veränderungen meist aus den Unternehmensabteilungen selbst. Da die Entwicklung in vielen Unternehmen jedoch nach wie vor im Wasserfallmodell erfolgt, ist die durchgängige Realisierung agiler Prozesse oftmals schwer. Und selbst wenn ein Unternehmen agil arbeitet, sind SAP-Änderungen nicht selten intern weiterhin an Vorgehensweisen wie Ticketing gebunden. Auch Scrumming wird in der Erfahrung von NovioQ so gut wie nie in der SAP-Praxis genutzt. Es gilt daher eine Möglichkeit zu finden, zu einer hybriden Arbeitsweise zu kommen. Diese kann beispielsweise darin liegen, die erforderlichen Erweiterungen außerhalb von SAP – zum Beispiel mithilfe von Low-Code – agil, schnell und einfach zu realisieren und anschließend an SAP anzubinden. So werden innovative Neuerungen in eine parallele Entwicklungsschiene ausgelagert, während SAP selbst weiterhin als bewährter, leistungsstarker Kern der Geschäftsprozesse erhalten bleibt.

Der Vorteil der Low-Code-Technologie besteht dabei darin, dass die Entwicklungsprozesse damit auf Basis der visuellen Modellierung erfolgen. Dies beschreibt Christoph Volkmer, RVP des Low-Code-Spezialisten OutSystems, eines NovioQ-Partners, folgendermaßen: „Funktionen und Abläufe der geplanten Applikation werden in der Entwicklungsumgebung visuell – quasi nach dem Drag-and-Drop-Prinzip – zusammengestellt. Das manuelle Schreiben von Software-Code ist damit nicht erforderlich. So wird der Entwicklungsprozess deutlich beschleunigt und die Wartung der entstandenen Applikationen stark vereinfacht.“

Christoph Volkmer Outsystems
Wir kennen Unternehmen, die mehrere Hunderttausend Euro im Jahr für eine Lösung ausgeben, von der sie gerade einmal zehn Prozent nutzen. Christoph Volkmer, Regional Vice President, OutSystems

Entsprechend können mithilfe einer Low-Code-Plattform passgenaue mobile oder Web-Applikationen erstellt werden, die sich vollständig in SAP integrieren. Sie können im Rahmen agiler Sprints entwickelt bzw. bearbeitet werden. Die Grundlage hierfür bilden zum Beispiel in OutSystems zahlreiche Standard- sowie benutzerdefinierte SAP-Funktionen auf Basis der sogenannten „BAPI“-Schnittstellen von SAP, auf die Anwender in der Plattform Zugriff erhalten. Für einen namhaften internationalen Kunden konnte NovioQ so beispielsweise in nur zehn Wochen eine Lösung für dessen internationales Financial-Service-Center entwickeln, das die separaten SAP-Systeme aller Niederlassungen in verschiedenen Ländern verbindet, so für durchgängige, automatisierte Prozesse sorgt und unter anderem die durchschnittliche Zeit für eine Buchung im Hauptbuch von Wochen auf Stunden reduzierte. 

Belegen statt behaupten

Auf Low-Code zur schnellen Individualisierung von SAP zu setzen ist für viele Unternehmen jedoch keine Selbstverständlichkeit. Es gilt Geschäftsführung und Mitarbeiter von der Technologie zu überzeugen – im Idealfall durch die Entwicklung erster Applikationen, die dem Unternehmen zugutekommen und Geschwindigkeit und Praxistauglichkeit demonstrieren. „Einer unserer Kunden wollte Resellern eine Vertriebsanwendung zur Verfügung stellen“,  erinnert sich der NovioQ-CTO. „Mit der OutSystems-Plattform konnten wir innerhalb von nur sechs Wochen eine entsprechende Anwendung zur Erweiterung von SAP erstellen – und das mit nicht einmal zwei Entwicklern. Die Lösung ist vollständig in SAP integriert, hat Zugriff auf alle Bestellungen und kann Lieferungen veranlassen oder Lagerbestände prüfen. Dieser Erfolg sprach sich bis zur Geschäftsführung herum, wodurch die erforderliche Rückendeckung für weitere Projekte gesichert war.“

Ein weiteres Argument, das für die externe Individualisierung von SAP per Low-Code spricht, ist die Tatsache, dass Unternehmen so auch eine optimale Ausgangslage schaffen können, den Schritt in die S/4HANA-Zukunft zu gehen. Indem bestehende Individualisierungen vom SAP-Standard getrennt und mithilfe von Low-Code abgelöst werden, lässt sich zu einer sauberen Standardversion von SAP zurückkehren, die sich dann in die S/4HANA-Welt übertragen lässt. „Einer unserer belgischen Kunden verfolgt eine solche ‚Clean Core‘-Strategie, um auf HANA zu migrieren“, berichtet van de Kerkhof. „Dazu haben wir unter anderem ein individuelles Vendor-Portal in Low-Code gebaut, in dem Anbieter Bestellbestätigungen generieren, Lieferdaten und Preise bestätigen sowie Versandbenachrichtigungen verschicken können. Eine solche Lösung lässt sich zwar auch am Markt kaufen, doch die Kosten für eine Eigenentwicklung per Low-Code beliefen sich nur auf den Bruchteil einer Jahreslizenz.“

Neben den finanziellen Vorteilen entsteht so auch ein Produkt, das die Anforderungen des Kunden passgenau abdeckt und nicht unter Umständen im Anschluss an die Einführung umfassend individualisiert werden muss. „Wir kennen Unternehmen, die mehrere Hunderttausend Euro im Jahr für eine Lösung ausgeben, von der sie gerade einmal zehn Prozent nutzen“, bestätigt Christoph Volkmer. „Eine passgenaue Lösung mit Low-Code selbst zu erstellen kann sich da durchaus rechnen. Gleichzeitig investieren Unternehmen mit einer Low-Code-Entwicklungsplattform in die Zukunft: Denn während ich eine Rechnungsworkflow-Lösung nur zu ihrem dedizierten Zweck nutzen kann, kann ich mit einer einmal lizenzierten Entwicklungsplattform viele weitere Lösungen für unterschiedlichste Einsatzbereiche erstellen.“

Sportwagen statt Lkw

Wichtig ist laut van de Kerkhof jedoch, den Modernisierungsprozess als ganzheitliches Projekt zu begreifen, sodass gewonnene Agilität nicht auf anderen Prozessstufen wieder zunichtegemacht wird. Viele Unternehmen geben beispielsweise die Richtlinie vor, dass OData genutzt werden muss, um mit SAP zu kommunizieren. Auch in OutSystems ist dies möglich, jedoch bietet die Lösung auch einen RFC-Konnektor, mit dem entsprechende Funktionen deutlich schneller realisiert werden können. 

Ein guter Kompromiss kann hier darin bestehen, mit der schnellen RFC-Variante zu beginnen und diese dann, sobald der Prozess stabil läuft, mit der gewünschten OData-Variante zu ersetzen. So steht einer schnellstmöglichen Time-to-Market nichts im Wege, während gleichzeitig bestehende Anforderungen eingehalten werden. „In solchen Fällen raten wir unseren Kunden zu einem gesunden Pragmatismus“, betont van de Kerkhof abschließend. „Denn genau so schaffen Unternehmen die Agilität, ihr SAP nicht länger nur wie einen ausdauernden Laster zu fahren, sondern wie einen wendigen Sportwagen.“

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Die Arbeit an der SAP-Basis ist entscheidend für die erfolgreiche S/4-Conversion. 

Damit bekommt das sogenannte Competence Center bei den SAP-Bestandskunden strategische Bedeutung. Unhabhängig vom Betriebsmodell eines S/4 Hana sind Themen wie Automatisierung, Monitoring, Security, Application Lifecycle Management und Datenmanagement die Basis für den operativen S/4-Betrieb.

Zum zweiten Mal bereits veranstaltet das E3-Magazin in Salzburg einen Summit für die SAP-Community, um sich über alle Aspekte der S/4-Hana-Basisarbeit umfassend zu informieren. Alle Informationen zum Event finden Sie hier:

SAP Competence Center Summit 2024

Veranstaltungsort

Eventraum, FourSide Hotel Salzburg,
Am Messezentrum 2,
A-5020 Salzburg

Veranstaltungsdatum

5. und 6. Juni 2024

Reguläres Ticket:

€ 590 exkl. USt.

Veranstaltungsort

Eventraum, Hotel Hilton Heidelberg,
Kurfürstenanlage 1,
69115 Heidelberg

Veranstaltungsdatum

28. und 29. Februar 2024

Tickets

Regular Ticket
EUR 590 exkl. USt
Veranstalter ist das E3-Magazin des Verlags B4Bmedia.net AG. Die Vorträge werden von einer Ausstellung ausgewählter SAP-Partner begleitet. Der Ticketpreis beinhaltet den Besuch aller Vorträge des Steampunk und BTP Summit 2024, den Besuch des Ausstellungsbereichs, die Teilnahme an der Abendveranstaltung sowie die Verpflegung während des offiziellen Programms. Das Vortragsprogramm und die Liste der Aussteller und Sponsoren (SAP-Partner) wird zeitnah auf dieser Website veröffentlicht.