Investitionsplanung durchwachsen


Gleich bleibt das Budget bei 30 Prozent (2024: 36 Prozent) und bei 24 Prozent (2024: 18 Prozent) sinkt es. Hinsichtlich der Investitionen in SAP ist bei 47 Prozent (2024: 46 Prozent) ein wachsendes Budget zu verzeichnen. Bei 23 Prozent (2024: 32 Prozent) bleibt das SAP-Budget unverändert und bei 25 Prozent (2024: 19 Prozent) sinkt es. „Der Rückgang der Unternehmen mit gleichbleibendem SAP-Budget und der Anstieg derer mit sinkendem Budget lässt den Schluss zu, dass einige Unternehmen ihre SAP-Ausgaben überprüfen. Gründe könnten Verzögerungen bei Migrationen, Einsparungen durch Konsolidierung von SAP-Systemen oder eine allgemeine Kostenreduktion sein“, so Jens Hungershausen, Vorstandsvorsitzender des deutschsprachigen Anwendervereins DSAG.

Jens Hungershausen, Vorstandsvorsitzender, DSAG
Die SAP-Community ist noch an Innovationen, KI und der digitalen Transformation interessiert, aber SAP ist seltener der „Preferred Vendor“. Der Innovationsreport 2025 zeigt eine nachhaltige Skepsis gegenüber dem ERP-Weltmarktführer. Die Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe (DSAG e. V.) hat anlässlich des aktuellen Investitionsreports gefragt: Wie beurteilen Sie die S/4-Hana-Cloud-Strategie von SAP für Ihr Unternehmen beziehungsweise Ihre Organisation? Nur 38 Prozent der SAP-Bestandskunden äußern sich positiv. Ganze 56 Prozent der Studienteilnehmer sind neutral bis sehr negativ eingestellt. Sechs Prozent machten keine Angaben.
Dieses Jahr wurde gemeinsam von DSAG und SAP die gesamte Bestandskundenbasis in Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt. Damit erscheinen die Zahlen als valide und repräsentativ, auch wenn die Stichprobe nur 243 Teilnehmer beträgt. Die Bereitschaft, im eigenen Umfeld Auskunft zu geben, ist somit überproportional gering. Mittel- und langfristig könnte dieses schwache Bekenntnis zur eigenen Community ein Problem für SAP werden. So hat den Fragebogen für die Teilnehmenden erstmals SAP versendet, wodurch verglichen mit dem Investitionsreport 2024 deutlich mehr größere Unternehmen befragt wurden. Erstmals sind auch SAP-Anwenderunternehmen ins Panel eingeflossen, die kein DSAG-Mitglied sind.
Migration und Modernization
Die Entwicklungen rund um Rise with SAP und das Programm Rise with SAP Migration and Modernization sind aus DSAG-Sicht eindeutige Zeichen dafür, dass die Forderung, die On-prem-Kunden nicht im Regen stehen zu lassen, notwendig und richtig ist. „Das Programm rechnet einerseits bereits geleistete Investitionen an. Zusätzlich stellt SAP einige Best-Practice-Leitfäden, Tools und Services bereit, um den Übergang in die Cloud zu erleichtern. Diese Maßnahmen unterstützen Unternehmen dabei, ihre bestehenden Investitionen zu schützen und gleichzeitig von den Vorteilen der Cloud zu profitieren“, sagt Jens Hungershausen.

Nichtsdestotrotz mahnt der DSAG-Vorstandsvorsitzende: „Einige Kunden fühlen sich von SAP unter Druck gesetzt, in die Cloud zu gehen. Das Tempo, das der Software-Hersteller hier vorgibt, ist nicht für jedes Unternehmen haltbar. SAP darf die Kunden nicht zum Wohle des eigenen Aktienkurses zu schnellen Entscheidungen drängen. Stattdessen muss SAP sicherstellen, dass Unternehmen eine realistische, wirtschaftlich tragfähige und strategisch sinnvolle Migrationsperspektive haben. Es braucht weiterhin Wahlfreiheit, langfristige Planungssicherheit und faire Konditionen für On-prem-Kunden.“ Doch selbst für Unternehmen mit hohem IT-Reifegrad ist die Umstellung kein Selbstläufer, wie eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Horváth zeigt, für die 200 Top-Führungskräfte aus sechs Ländern zu ihrer S/4-Transformation befragt wurden.
Ein Verzug im geplanten Releasewechsel ist den Horváth-Studienergebnissen zufolge eher die Regel als die Ausnahme. So dauern die Projekte im Durchschnitt 30 Prozent länger als geplant. Nur in weniger als jedem zehnten Unternehmen, das die Umstellung abgeschlossen hat, wurde der Zeitplan nicht überschritten. Auch das geplante Budget wird selten eingehalten. Bei einem Viertel der transformierten Organisationen wurde es sehr stark überschritten, bei weiteren 40 Prozent stark. Trotz Zeit- und Budgetüberschreitungen entspricht auch das Ergebnis in den meisten Fällen nicht den Erwartungen: 65 Prozent stellen starke bis sehr starke Qualitätsdefizite fest. Als Hauptgründe für die Planabweichungen geben die Befragten an: Erweiterung des Projektumfangs (Scope) im Laufe des Projekts, Schwächen im Projektmanagement, unterschätzte Test- und Datenmigrationsphasen, Überarbeitungsschleifen von Konzepten und Prozessen sowie mangelnde Entscheidungsfindung.
Markus Bierl, DSAG-Fachvorstand Schweiz, erklärte dazu: „Die Ergebnisse des Investitionsreports legen zwar nahe, dass die SAP-Angebote Rise und Grow für Anwender in der DACH-Region interessanter werden. Nichtsdestotrotz zeigen die Zahlen ebenso, dass ein substanzieller Teil der SAP-Kunden nach wie vor On-prem-Lösungen nutzt. Damit muss sichergestellt sein, dass SAP Innovationen nicht nur in der Cloud, sondern weiterhin auch für On-prem-Anwender zur Verfügung stellt. Es kann nicht sein, dass diese Anwendergruppe abgehängt und so zu einem Umstieg gedrängt wird. Vielmehr sollte der Weg in die Cloud über Incentives geebnet werden – wie mit dem Programm Rise with SAP Migration and Modernization.“ Nach der Abkündigung des SAP-Programms Migration and Modernization im vergangenen Jahr soll es noch 2025 eine adaptierte Neuauflage geben.

Markus Bierl, Fachvorstand Schweiz, DSAG
Cloud-Strategie gewinnt
Die SAP-Bestandskunden wurden gefragt, wie sie die S/4-Cloud-Strategie von SAP beurteilen. Die erste Befragung 2024 war vor dem Launch des neuen SAP-Programms Rise Migration and Modernization, das Incentive-Maßnahmen beim Wechsel in die Cloud beinhaltet. Zum Zeitpunkt der Abfrage für den vorliegenden DSAG-Investitionsreport kann das Programm als etabliert angesehen werden. So bescheinigen diesmal 40 Prozent dem Programm eine hohe bis mittlere Relevanz. „Während beim vergangenen Investitionsreport nur 13 Prozent der Befragten ein positives Urteil zur S/4-Hana-Cloud-Strategie gefällt haben, so sind es in diesem Jahr 38 Prozent. Das SAP-Programm scheint Früchte zu tragen“, sagt Jens Hungershausen, DSAG-Vorstandsvorsitzender. Auch für 2025 soll es eine Fortsetzung der Incentivierung geben, eine offizielle Ankündigung wird in den kommenden Wochen erwartet.
Walter Schinnerer, DSAG-Fachvorstand Österreich: „Gefragt nach den eingesetzten SAP-ERP-Lösungen liegen SAP ERP bzw. die SAP Business Suite mit 51 Prozent bei den DACH-Anwendern auch im Jahr 2025 noch vorne. Fast ein Viertel der Befragten gibt zudem an, weiter in die Business Suite investieren zu wollen. Das zeigt, dass die Lösung keineswegs nur als ‚Nachschau-System‘ am Leben gehalten, sondern aktiv genutzt und weiterentwickelt wird. Zwei Jahre vor dem regulären Wartungsende ist das beachtlich und unterstreicht: Während SAP ihre Kunden mit Tempo in die Cloud drängt, haben viele Anwender zunächst noch strategische Vorüberlegungen zu treffen. Sie müssen erst einmal überhaupt entscheiden, wie sie ihr bestehendes ERP-System ablösen und Know-how dazu aufbauen.

Walter Schinnerer, Fachvorstand Österreich, DSAG
Gleichermaßen sind die Ressourcen am Beratermarkt überschaubar und ein solches Transformationsprojekt lässt sich nicht unbedingt immer mit den vorhandenen Kapazitäten im eigenen Haus meistern. Dementsprechend gilt es für SAP, die Realität nicht zu verkennen, den Fuß vom Gas zu nehmen und die tatsächlichen Anwenderinteressen in den Blick zu nehmen. Dass – trotz der beachtlichen Anwenderzuwächse bei Cloud-Lösungen – der Anteil von S/4-On-prem-Nutzern mit 42 Prozent ungefähr auf Vorjahresniveau liegt, verdeutlicht außerdem: Die Cloud-Angebote passen längst noch nicht für alle Anwender. Das spiegelt unter anderem das Programm Grow with SAP wider, das von 26 Prozent der Nutzer abgelehnt wird. Selbst wenn langfristig kein Weg an der Cloud vorbeiführt, lautet die Botschaft in Richtung SAP: vorgehen mit Augenmaß.“
Studienleiter und Horváth-Partner Christian Daxböck beobachtet, dass der Grundstein für viele Probleme bereits im Programm-Set-up gelegt wird: Unzureichende Planung und häufig keine ausreichende Auseinandersetzung mit dem für die aktuelle Situation passenden Transformationsansatz führen dazu, dass eine Überforderung der Organisation vorprogrammiert ist. Projektkomplexität und benötigte Ressourcen werden unterschätzt, die organisatorischen Kompetenzen dagegen überschätzt. „Dieses Mismatch führt zu den enormen Diskrepanzen von Plan und Ergebnis“, so der Experte. 78 Prozent der Befragten stellen auch selbst fest, dass zu viele Themen in die Transformation integriert werden.
Private Cloud Hosting
Mehr als zwei Drittel der von Horváth untersuchten Unternehmen verfolgen einen unternehmensspezifischen Ansatz und bevorzugen die Hosting-Optionen Private Cloud oder On-prem. Fast 50 Prozent der Befragten hosten ihr SAP-System auf einer Private Cloud, um eine höhere Flexibilität im System sicherzustellen. „Essenzielle Voraussetzung für die Nutzung der Public Cloud sind standardisierte Prozesse. Um das zu erreichen, eignen sich die Transformationsansätze Business Redesign und Catch up the Core am besten“, sagt Horváth-Partner Christian Daxböck.
1 Kommentar
B. Rater
In den aktuellen wirtschaftlichen Wirren u.a. mit unserem digitalen Partner USA kein Wunder, dass immer noch vorsichtiges Abwarten den Markt dominiert.
Hinzu kommt eine SAP, die es nicht schafft, ihre Produkte und deren vermeintlichen Nutzen ihren Kunden klar und sauber darzulegen, sowie ein faires, langfristig kalkulierbares und übersichtliches Preismodell anzubieten.
Die SAP selbst hat dann operativ in S/4 Transformationen noch nie mit eigenen Konzepten (clean core ff) zu tun gehabt und man wurstelt sich dann so durch.
Bei der SAP-Konkurrenz sieht es vermutlich nicht viel besser aus, da bleibt der Kunde dann doch lieber bei seinem lauffähigen System, und tut genau das, was er tun muss, bis sich der Nebel gelüftet hat.