Experience Management: 2B or not 2B?
Die Hintergründe der B2B2C-Marktentwicklung sind schnell erklärt: Der Aufstieg der Millennials, der Zugriff auf direkte Konsumentendaten, tiefe Einblicke in die Customer Experience und unmittelbare E-Commerce-Umsätze motivieren B2B-Unternehmen, sich neu auszurichten. Laut einer Prognose von Frost & Sullivan kommt der B2B-E-Commerce auf eine Marktgröße von fast sieben Billionen US-Dollar.
In Zeiten zunehmender Digitalisierung wecken solche Zahlen Begehrlichkeiten und eröffnen eine weitere strategische Business-Perspektive mit einer neuen Herausforderung: Kundenzufriedenheit und -loyalität gekonnt zu orchestrieren.
Die Wertschöpfung in der B2B-Industrie war früher klar geregelt: Der Hersteller produziert, der Handel verkauft und kümmert sich um die Kunden und deren Zufriedenheit. Mit der digitalen Transformation verschieben sich die Marktgegebenheiten: Die Automobilindustrie bietet ihre neuen, meist elektrischen Modelle online an, noch bevor sie beim Händler im Showroom stehen. Großkonzerne schicken ihre Kosmetika direkt im Abonnement in das Badezimmer treuer Markenbotschafter.
Und die Mode- und Foodindustrie sucht schon lange den direkten Kontakt zum Kunden, um Produkte zu optimieren. Rasend schnell wurde aus B2B immer mehr ein B2B2C – das Experience Management spielt eine immer wichtigere Rolle, schließlich soll die Kundschaft auch weiterhin zufrieden sein. Marktdisruptionen dürfen die Kundenloyalität nicht gefährden.
Sollen Firmen hybrid Gas geben oder gleich ganz auf neue Energien setzen? Eine transformative Frage, die sich die Autoindustrie stellt, lässt sich auch auf B2B2C-Unternehmen projizieren: 2B or not 2B? Welche Rolle spielt „2B“, also der Handels- und Servicepartner, zukünftig im B(2B)2C-Modell – vor allem bei der Customer Experience? Wer antwortet dem Kunden, wenn dieser seine Erwartungen und Erfahrungen teilt? Wer gibt in den sozialen Medien Feedback, wer im Web und wer in der App? Woher weiß der Kunde, ob, wann und wie schnell er eine Rückmeldung bekommt? Die Customer Experience verwandelt sich in ein immer komplexeres Handlungsfeld.
Die größte Herausforderung beim Experience Management liegt im Umgang mit den Daten und dem Close-the-Loop-Prozess. Viele Jahrzehnte galt in der B2B-Industrie der Zwischenhändler oder Servicepartner als Umsatztreiber, Multiplikator und ultimativer Touchpoint zum Kunden.
Das hatte Gründe: B2B-Firmen verkauften nicht direkt. Beim Vertrieb und Kundendienst setzten sie aufgrund logistischer, skalierungstechnischer und risikominimierender Motivation auf Partner. So liegen die Kundendaten nun im Handel, obwohl sich jedes B2B-Unternehmen wünscht, mit dem Kunden direkt zu interagieren.
Die persönliche Kundenbeziehung vom Partner zum Endkunden wurde in B2B-Unternehmen mit Partnerprogrammen manifestiert und galt als unantastbar. Da ein Kunde heute Produkte, Ersatzteile oder Serviceleistungen direkt im Onlineshop beim Hersteller oder Partner bestellen kann, aber Monate später in einer NPS- oder CSAT-Befragung per E-Mail oder App oder sofort in sozialen Medien sein Feedback hinterlassen kann, müssen klare Regeln her.
Wer bearbeitet das Feedback, wie verläuft der Datenaustausch und welcher aktionsgetriebene Closed-Loop-Workflow soll den Kunden zufriedenstellen? Ein „Vielen Dank für Ihr Feedback – in dringenden Fragen wenden Sie sich bitte an Ihren Händler“ wird von den Menschen kaum akzeptiert. Jedes Kunden-Feedback kostet Zeit und sollte eine entsprechende Wertschätzung erhalten.
In der Erlebniswelt der Millennials, die zunehmend an Entscheidungsprozessen beteiligt sind und in Entscheiderpositionen sitzen, dienen digitale Touchpoints der Echtzeitkommunikation. Die Leute wollen sofort Feedback. Wie man es prozessual in B2B2C regelt, ist keine Philosophie, sondern smartes Experience Management.