Digitalisierung? Nur eine Übergangslösung
Wenn in deutschen Büros heute Papierbelege gescannt werden, sind viele Unternehmer schon ganz stolz: „Bei uns ist die Digitalisierung in vollem Gange!“ Klar, eingehende Rechnungen können in digitaler Form besser verarbeitet werden.
Trotzdem werden amerikanische Geschäftskollegen nur die Augenbrauen hochziehen angesichts dieser doch recht limitierten Auffassung von Digitalisierung. Denn was ist geschehen? Der Versender erzeugt sein Dokument in einem digitalen System, druckt es aus und versendet es – nur damit der Empfänger es dann wieder digitalisiert. In vielen Ländern weltweit ist man da schon viel weiter.
Rechnungen müssen überhaupt gar nicht mehr gescannt werden, denn sie treffen bereits in digitaler Form, zum Beispiel als E-Mail, PDF oder XML, ein. Auch in Deutschland müssen wir deshalb jetzt endlich vorausdenken. Schlussendlich geht es darum, digital zu arbeiten, also elektronisch und automatisiert.
Die Digitalisierung als Mittel, um Papier in Bits zu verwandeln, sollte in dem Maße unwichtiger werden, in dem wir immer mehr von vornherein mit digitalen Dokumenten operieren. Digitalisierung ist eine Übergangslösung und sollte nun zum Auslaufmodell werden.
Digitales Arbeiten auf dem Vormarsch
Gerade die gegenwärtige Homeoffice-Situation hat es uns klar gezeigt: Papierhafte Prozesse funktionieren schlichtweg nicht von zu Hause aus. Auch der Fachkräftemangel treibt das Thema „digitales Arbeiten“ voran. Können offene Stellen in Einkauf und Buchhaltung nicht nachbesetzt werden, verteilt sich die Arbeitslast auf weniger Schultern.
Das kann nur funktionieren, wenn manuelle, aufwändige Routinetätigkeiten automatisiert werden. Man kann nur automatisieren, was digital ist. Wenn dafür Papier digitalisiert werden muss – schön. Wenn Papier gar nicht erst entsteht – umso besser!
Die Berufseinsteiger von heute sind Digital Natives und wollen gar nicht am Scanner stehen oder Rechnungen per Hand ins SAP abtippen. Sie haben keine Vorbehalte gegenüber digitalem Arbeiten, erwarten es nachgerade von ihrem Arbeitgeber. Dieser profitiert auf ganzer Linie davon: Er spart nicht nur Aufwand, Zeit und Geld, sondern kann zudem digitale Daten wesentlich besser auswerten als analoge, was wiederum wichtige Informationen liefert und Optimierungspotenziale erst aufdeckt.
Immerhin: Trotz Widerständen und Unsicherheiten ist die E-Rechnung in der öffentlichen Verwaltung in Deutschland mittlerweile eingeführt – ein zentrales Thema, wenn es um dokumentenbasierte Geschäftsprozesse und durchgängig digitales Arbeiten geht. Dass dies recht schleppend verlief, mag vielerlei Gründe haben. In den Niederlanden, Italien und Spanien etwa können E-Rechnungen schon seit mehreren Jahren an Behörden geschickt werden. Wichtig ist allein, dass sich etwas bewegt.
Weiterdenken
In ihrer jüngsten Kundenumfrage hat die xSuite Group herausgefunden, dass auch hierzulande in den Unternehmen immer mehr Rechnungen digital eingehen. Der Trend weg vom Papier im Vergleich zu früheren Umfragen ist also unverkennbar. Wer nun denkt, damit hat sich die Sache, liegt weit daneben.
Jetzt heißt es erst recht weiterdenken und umdenken, Neues wagen und experimentieren. Digitalisierung ist schön und gut, aber Prozesse können so viel mehr. Warum nicht noch weiter gehen und die komplette Lieferantenkommunikation digital abbilden, zum Beispiel mit einem cloudbasierten Lieferantenportal? So würden auch die Schritte vor der Rechnung durchgängig digital ausgeführt.
Bestellungen könnten darüber digital verschickt werden, der Lieferant direkt im selben System die Auftragsbestätigung und später die Rechnung anlegen und ebenfalls wieder digital verschicken. Der komplette Dokumentenaustausch im Zuge von Procure-to-Pay-Prozessen findet damit digital statt. Medienbrüche werden nicht nur überwunden, sondern abgeschafft. Und Digitalisierung brauchen wir nicht mehr.