Das GRC-Monster Build

Es ist unvorstellbar, wenn jetzt Millionen von SAP-Anwendern beginnen, ihre eigenen Apps zu customizen. Wahrscheinlich gibt es viele begnadete Programmierer und Systemdesigner unter den SAP-Anwendern, aber wer verantwortet in dieser kreativen Phase das Thema GRC?
Peter M. Färbinger, E3 Magazin
1. Dezember 2022
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Governance, Risk und Compliance

App-Entwicklung in einer ERP-Umgebung ist mehr als buntes UI, User-Interface, und das Wissen um Tabellennamen. Jede neue Abap-Modifikation, jede neue SAP-Build-App ist ein Risiko für das ERP-System. Wer überwacht in der Kreativphase die Governance- und Compliance-Regeln?

Ein klassisches SAP-System besteht zumindest aus drei Hierarchiestufen: Entwicklung-, Test- und Produktivsystem – und das ist gut so! Zuerst wird entwickelt, früher mit Abap und Java, zukünftig offensichtlich mit Build auf BTP, der Business Technology Platform; dann erfolgt der Transport ins Testsystem und mit anonymisierten Testdaten wird ein Reality-Check gemacht; geht alles gut, dann erfolgen der Transport und die Freischaltung im Produktivsystem. Diese jahrzehntealte Roadmap hat sich bewährt. Im anbrechenden Build-Zeitalter ist davon nichts zu hören.


Auf der diesjährigen TechEd-Konferenz hat SAP Build ein neues Angebot vorgestellt, das die Expertise derjenigen nutzen soll, die sich am besten im Unternehmen auskennen: die Mitarbeitenden in den Fachabteilungen. SAP Build ist ein Low-Code-Angebot, das die SAP Business Technology Platform (BTP) nutzt. Es soll direkten Zugriff auf durchgängige Prozesse und Daten ermöglichen. Was jedoch SAP-Technikvorstand Jürgen Müller bei seiner Vorstellung von Build nicht verriet: woher die Mitarbeitenden aus den Fachabteilungen das umfangreiche BTP-, Prozess- und Datenstrukturwissen beziehen sollen. BTP ist eine leistungsfähige und umfassende Plattform im S/4-Hana-System.

Die Fähigkeit, auf dieser Plattform nun ERP-Prozesse zu entwickeln, sei es mit Abap, Java oder Build, ist wahrscheinlich nicht jedem SAP-Endanwender in die Wiege gelegt worden. „SAP hat mit Build ein Low-Code-Angebot vorgestellt, das es Anwenderinnen und Anwendern mit minimalen technischen Kenntnissen ermöglichen soll, SAP-Unternehmensanwendungen zu erweitern, Prozesse zu automatisieren und Weboberflächen per Drag-and-drop zu einem Prototyp zusammenzusetzen“, kommentierten Jens Hungershausen, Vorstandsvorsitzender, und Sebastian Westphal, Technologievorstand der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe.

Konsistenz und Redundanz

Ganz offensichtlich stellen sich zwei Fragen: Wie kann Build auf der BTP die Datenkonsistenz in der Hana-Datenbank garantieren, wenn fast jeder hier modifizieren und manipulieren darf? Wie soll sichergestellt werden, dass der Nachbar nicht dieselbe Idee nur mit einem anderen UI umsetzt? Build müsste ein sehr intelligentes Repository haben, um vorab die kreativen Anwender auf Redundanz und fehlende Konsistenz aufmerksam zu machen.

MS-Power-Apps

Microsoft hat versucht, mit SAP ins Gespräch zu kommen, weil eine Erweiterung des MS-No-Code/Low-Code-Systems auf der Basis Azure und BTP nicht nur ein einfacher Weg gewesen wäre, sondern SAP auch gleichzeitig Tausende von Power-Experten gebracht hätte. Warum SAP nun die gefühlt 99. No-Code/Low-Code-Anwendung gebaut hat, bleibt vielen Mitgliedern der SAP-Community ein Rätsel. SAP hat Microsoft mitgeteilt, dass es der ERP-Konzern alleine mit Build probieren will. Aus Sicht der Anwender eine vertane Chance. Ms-Power ist gut eingeführt, auf Azure verfügbar und damit kann es auch S/4-kompatibel gemacht werden. Es bleibt abzuwarten, wie schnell sich eine Build-Community auf der BTP entwickelt und welche GRC-Monster hier entstehen werden.

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Peter M. Färbinger, E3 Magazin

Peter M. Färbinger, Herausgeber und Chefredakteur E3-Magazin DE, US und ES (e3mag.com), B4Bmedia.net AG, Freilassing (DE), E-Mail: pmf@b4bmedia.net und Tel. +49(0)8654/77130-21


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