Brauchen wir wirklich noch CFO’s?
Aber brauchen wir CFOs noch? Als Wächter des finanziellen Wohlergehens eines Unternehmens hat ein CFO viele sehr wichtige Aufgaben: Compliance und Governance, Budgetvergabe und Audits, Steuerplanung und Prognosen. Diese Aufgaben sind nicht nur wichtig, sondern sogar dramatisch wichtig, denn wenn sie Mist bauen, können sie sich schnell hinter schwedischen Gardinen wiederfinden.
Aber seien wir ehrlich. Eigentlich muss man für diese Aufgaben keinen CFO bezahlen. Stellen Sie einfach einen Buchhalter ein, der Datev beherrscht. Wer aber übernimmt die Überwachung der finanziellen Lage des Unternehmens? Auch dafür gibt es heute nicht nur eine App, sondern sogar mehrere.
Außerdem ist nichts davon höhere Mathematik. Die doppelte Buchführung gibt es seit dem 15. Jahrhundert – also buchstäblich seit dem Mittelalter. Die Grundformel ist ganz einfach: Ihre Ausgaben müssen zu Ihren Einnahmen passen. Gehen die Zahlen auf, können Sie die Bücher schließen. Das war’s im Großen und Ganzen auch schon. Sie sehen vermutlich schon, worauf ich hinauswill: Natürlich braucht man einen CFO, aber nicht unbedingt einen von der Art, wie ihn sich die meisten bislang vorstellen.
Traditionell bestand die Aufgabe eines CFOs zu 80 Prozent darin, den Leuten zu erzählen, was passiert ist, den aktuellen Stand zu verfolgen und die Budgets zu überwachen. Die anderen 20 Prozent bestanden darin, diese Zahlen zu interpretieren, um Ressourcen zu allokieren, Prognosen zu erstellen und Strategien umzusetzen, die den Fortbestand des Unternehmens sichern. Heute hat sich dieses Verhältnis jedoch umgekehrt.
Die Aufgabenschwerpunkte haben sich radikal verschoben. Heute beschäftigen sich CFOs weitaus mehr mit Geschäftsmodellen als mit Budgets. Verstehen Sie mich nicht falsch, Compliance und Governance sind immer noch absolut unerlässlich. Budgets zu verwalten ist allerdings kein Hexenwerk. Es geht im Grunde nur darum, Mitarbeiterzahl und Ausgaben gegen angenommene Einnahmen aufzurechnen. Und die meisten CFOs haben dafür gute Teams.
Das Management eines Geschäftsmodells ist hingegen komplexer. Es ist eine Mischung aus Strategie, neuen Erkenntnissen und Ideen, die zwar ebenfalls einen quantitativen Rahmen abstecken, dieser ist jedoch fließend. Ein neues Geschäftsmodell bewirkt nämlich Veränderungen und auf diese muss es auch fortlaufend reagieren. Und da kundenzentrierte Geschäftsmodelle zur Norm werden, werden sie teils hochdynamisch und ihr Zuschnitt deshalb strategisch essenziell.
Unternehmen brauchen folglich jemanden, der neue Geschäftsmodelle verantwortlich lenkt und kontinuierlich an sich verändernde Kundenbedürfnisse anpasst. Hierfür brauchen Unternehmen selbstverständlich auch einen CFO. Seine Aufgaben haben sich allerdings dramatisch verändert. Neue CFOs müssen deutlich mehr wie ein COO agieren, was auch zu massiven Veränderungen in den Finanzabteilungen führt. Auch müssen sie viel kundenorientierter und deutlich agiler werden. Die Finanzabteilungen für das Management agiler Geschäftsbeziehungen zu rüsten ist deshalb heute eine der wichtigsten Aufgaben eines CFOs. Je agiler sie sich dabei aufstellen, desto zukunftssicherer sind sie.
Viele kluge Unternehmen haben deshalb interne IT-Projekte beschleunigt, um diesen neuen Agilitätsanforderungen besser gerecht werden zu können, als es klassische ERP-Systeme leisten können. Meiner Erfahrung nach hat die Nutzung solcher deutlich moderneren agilen IT-Systeme stets die bessere Kapitalrendite erbracht. Nicht nur, weil sie alle bisherigen Probleme starrer IT-Lösungen beseitigen, sondern auch, weil sie helfen, die wahren strategischen Wachstumstreiber zu identifizieren.
Die größte bislang ungenutzte „Competitive Intelligence“ liegt also wahrscheinlich auf den Servern der Unternehmen. Viele Entscheider sind sich dessen aber noch nicht so bewusst und viele bislang im Einsatz befindliche Lösungen sind hier auch noch viel zu träge. Heute ist es jedoch erforderlich, agiler zu werden und nötige neue Maßnahmen sofort umsetzen zu können. Das ist es, was Kunden und auch der Wettbewerbsdruck verstärkt verlangen. Letztlich sollte man die Automatisierung der Finanzsysteme also als eine Art „Supermacht“ betrachten, die Finanzteams ermöglicht, eine viel sinnvollere und kreativere Arbeit zu leisten.
Der zunehmende Einfluss der CFOs und Finanzabteilungen auf das unternehmerische Geschehen hat übrigens schon Auswirkungen auf Unternehmensorganisationen mit sich gebracht: In den letzten zehn Jahren ist der Anteil der Fortune-500-Unternehmen mit einem COO um über 50 Prozent zurückgegangen. Dreimal dürfen Sie raten, wem jetzt deren Aufgaben zufallen. Richtig: dem CFO, und mit zunehmender Agilität wird ihre Leistung nochmals relevanter für den gesamten Erfolg des Unternehmens. Essenziell ist hierfür jedoch eine hohe Agilität.