Von Simple zu Intelligent
Ex-SAP-Chef Bill McDermott hat seinen Lieblingsspruch so oft wiederholt, dass nun „Run Simple“ wirklich jeder in der SAP-Community kennt. Ob dieses SAP’sche Buzzword eine Eigenerfindung war oder ob man sich bei den englischen Comedians Monty Python bediente, ist nicht mehr evaluierbar. Das Buzzword verliert an Strahlkraft und Bill McDermott arbeitet nicht mehr für SAP.
Eine sehr junge Truppe, bestehend aus den Vorständen Christian Klein, Jürgen Müller und Thomas Saueressig, hat dieses Buzzword sowie viele andere Baustellen geerbt. Natürlich versuchen diese drei SAP’schen Musketiere im übertragenen Sinn einen einfachen Lauf respektive eine einfache Roadmap auf das glatte IT-Parkett zu legen. SAP ist nicht kompliziert, bestenfalls komplex, oder? Eine Vereinfachung, Konsolidierung und Integration aller Ideen und Wünsche war und ist somit wünschenswert. Ein agiles und einfaches ERP-System ist damit im Sinne aller SAP-Bestandskunden.
Naturgemäß sind die schlichte Einfachheit und die Reduktion auf das Wesentliche nur nach langer Meditation zu erreichen. Die drohenden Releasewechsel bei Hana und S/4 lassen kaum genug Zwischenzeit für Besinnung und Reflexion. „Run Simple“ bleibt somit als Metapher in der SAP-Cloud bestehen. Viele SAP-Bestandskunden sind glücklich, wenn das System läuft – ob simple, laut oder mit stetig steigenden Lizenzkosten.
Weil sich nun bei allen Anstrengungen und Anleihen bei Monty Python aus „Run Simple“ keine simplen Roadmaps ergaben, musste ein neues Buzzword die verschreckten SAP-Bestandskunden beruhigen: Intelligent Enterprise. Was bisher einfach, simpel und dumm war, soll nun intelligent werden. Nicht die Software wird fehlerfrei, der Support zuvorkommender, die Preisliste verständlicher und die Aussagen des Vorstands konkreter – nein, das gesamte Enterprise soll intelligenter werden – durch Zauberhand? Vielleicht wird aus dem „simple run“ ein Beschwörungstanz (siehe Bild oben) und das SAP’sche ERP verwandelt sich in pure Intelligenz.
Wahrscheinlich bleibt das Intelligent Enterprise eine Fata Morgana, so wie das „Run Simple“ keine tragfähige Roadmap ist. Buzzwords bestimmen den Lauf der IT-Geschichte. Aber es gibt Ausnahmen: DSAG-Keynote von SAP-Vorstandssprecher Christian Klein von Mitte Oktober dieses Jahres!
SAP-Chef Christian Klein präsentierte eine Vision, die weder ein „Run Simple“ ist noch das Beiwort „Intelligent“ braucht. Seine Vision erstrahlt glasklar und stringent zugleich: eine Kombination aus „Zurück zum Ursprung“ und Integration über den Tellerrand hinaus. Das ist ein sehr schlauer Plan! Die Stärke von SAP kam aus dem Integrationsgedanken, aus dem Single Point of Truth, aus einer zentralen Datenbank, in der jeder Beleg zu finden ist.
Um diese Datenbanken scharten sich zuerst R/2-, später R/3-Anwendungs-Module und heute zahlreiche Cloud- und On-prem-Apps rund um Hana. Was schlau und brauchbar war, integrierte SAP in die „Blackbox“ R/3. Die notwendige Integration ergab sich aufgrund des ERP-Designs. Beziehungen zur Außenwelt waren damals nur rudimentär vorhanden und notwendig.
Diesen automatisierten Integrationsgedanken will Christian Klein wieder mit Leben füllen. Während seiner diesjährigen DSAG-Keynote hat Christian Klein angekündigt, dass er auf diesem Integrationspfad aber noch weitergehen und -denken will: In Zukunft sollen auch Nicht-SAP-Produkte und die Zukäufe in das SAP’sche ERP eingebunden werden, sodass der Anwender in jedem Fall eine End-to-End-Beziehung vorfindet. Die Integration auf Basis eines SAP-Systems soll sich somit über die gesamte IT-Infrastruktur erstrecken. Dann stimmte „Run Simple“ vielleicht wirklich, wenn der Anwender integriert in einem End-to-End-Prozess SAP- und Non-SAP-Apps bedient.