EhP F&L für SoH
Viel wird spekuliert und geredet über eine S/4-Road-map. Der Heilige Gral wird gesucht, um von SAP Classic ins gelobte Land S/4 Hana zu kommen.
In Walldorf hält man sich bedeckt. Am Service-Marktplatz gibt es dazu nur wenige Dokumente. Nachfragen der DSAG enden mit Allgemeinplätzen.
Es scheint zum Verzweifeln zu sein, selbst nach innigstem Bekenntnis zu Hana und Bezahlung einer Mautgebühr von 9000 Euro – Flatrate für die Wandlung aller User-Lizenzen – liegt der Weg im Dunkeln. Und dann kam erhellend Professor Hasso Plattner!
Die Sapphire-2016-Keynote von Hasso Plattner brachte für die SAP-Community die ersehnte Erlösung: Es gibt einen Weg von SAP Classic mit AnyDB nach S/4.
Der Titel Plattners Keynote in Orlando dieses Jahr lautete: Your Road to S/4 Hana and Beyond. Fast. Simple. Intelligent.
Zur Überraschung des Publikums zeigte er eine fast freihändige Vorführung dieses Transformationsprozesses. Der erste Eindruck ist überzeugend und solide – ja, so könnte es vielleicht funktionieren.
Mit etwas mehr Ehrlichkeit, was S/4 Finance und Logistics wirklich ist, hätten Hasso Plattner und seine SAP sich jedoch diesen Bühnenzauber der Sapphire sparen können. Der Trick ist schnell, intelligent und simpel, weil es nur Add-ons sind!
Organisatorisch, finanziell, lizenzmäßig und betriebswirtschaftlich mag die S/4-Roadmap ein Höllentrip sein und im Desaster enden – aber technisch ist es bei stabiler Hardware und sauber implementiertem Linux für den Informatiker eine beherrschbare Fingerübung:
Man nehme die SAP Business Suite 7 mit AnyDB (Oracle, IBM DB2, Microsoft SQL-Server oder MaxDB).
Man startet eine Datenbank-Konvertierung auf Hana und erhält SoH, Suite on Hana. Nun braucht man nur noch die beiden „Add-ons“ S/4 Finance und S/4 Logistics customizen und schon verfügt man nach Meinung der SAP über das modernste, beste und schnellste ERP-System.
Letztendlich sind Simple Finance und Simple Logistics für SoH kaum etwas anderes als Enhancement Packages, die entsprechend eingespielt und hergerichtet werden müssen.
Für den erfahrenen SolMan-Experten ist es lediglich ein weiterer Transportauftrag. Diese Roadmap klingt logisch, lässt sich aber naturgemäß nur schwer als „ERP-Revolution inklusive In-memory Computing“ verkaufen.
Hana ist auch eine SQL-Datenbank wie Oracle und DB2, damit gelingt der Releasewechsel mit jeder existierenden SAP-Software – man tauscht zunächst SQL-Datenbank (AnyDB) gegen SQL-Datenbank (Hana).
Das Ziel ist SoH und naturgemäß kann hier schon der erste IT-GAU passieren, denn Hana ist noch lange nicht so robust und ausgetestet wie MaxDB, SQL-Server, DB2 oder Oracle.
Der SAP-Referenzkunde John Deere musste das auf die harte Weise erfahren: Der Datenbankwechsel kostete Tausende Mannstunden!
Dann customized man S/4 Finance und der erfahrene SAP-Bestandskunde fragt sich, was mit den Abap-Modifikationen und Z-Funktionen geschieht. Laut Hasso Plattner können diese nun fast automatisch konvertiert werden – es kann aber Ausnahmen geben, meinte der Hana-Erfinder launisch während seiner Sapphire-Keynote in Orlando.
Tatsache ist, dass im Add-on-Bereich von S/4 Hana viele Aggregate und Indizes nicht mehr existieren. Eine Compatibility-Firewall soll es für „alte“ Add-ons, Modifikationen und Z-Funktionen „reparieren“.
Das beschriebene S/4-Add-on-Szenario soll für Simple Finance hinreichend gut funktionieren. Die meisten Experten in der SAP-Community sind sich jedoch einig, dass man S/4 Logistics noch mindestens einen dreijährigen Reifungsprozess zugestehen sollte – damit haben dann Bill McDermott und Hasso Plattner auch noch genügend Stoff für die kommenden Sapphire-Keynotes.
Mit der Abkündigung des APO (SAP Advanced Planning and Optimization) beginnt natürlich der Wettlauf um ein tragfähiges Add-on „S/4 Logistics“ inklusive MRP.
Und was auch noch zu bedenken ist: So raffiniert und logisch das EhP-Konzept auch sein mag, auf ewig wird SAP ein S/4 nicht als Add-on-Konglomerat betreiben können – irgendwann wird es einen ECC-6.0-Nachfolger in Form eines neu programmierten, echten S/4-Cores geben müssen.