Die Grenzen zwischen B2B und B2C verschwimmen
In Deutschland soll der Onlinehandel im B2B-Sektor 2018 die Billionenmarke erreicht haben und ihm wird weiterhin großes Wachstumspotenzial vorhergesagt.
Laut Prognosen gehen 74 Prozent der Unternehmen davon aus, dass 2025 die Hälfte der B2B-Einkäufe online getätigt wird. Außerdem werden die B2B-Einkäufer immer jünger. Das Durchschnittsalter liegt aktuell schon bei unter 35 Jahren.
Einkäufer der neuen Generation erwarten heute einen anderen Standard im Einkauf als noch vor zehn Jahren. Sie kaufen vorwiegend online und übertragen ihre persönlichen Erfahrungen aus dem B2C-Bereich auf das Shoppingerlebnis im Beruf. Für Unternehmen heißt das, sie müssen die Customer Experience entsprechend ausgestalten, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
B2B wesentlich komplexer als B2C
B2B- und B2C-Käufe sind grundlegend verschieden motiviert. Während der B2C-Kunde sich von seiner stark auf Emotionen beruhenden Customer Journey inspirieren lässt und dann aus eigenem Antrieb bestellt, entscheidet der B2B-Einkäufer nicht über das „Ob“, sondern nur über das „Wo“.
Er kauft auf Basis eines bestimmten Auftrages ein, den er so schnell wie möglich erfüllen muss. Der Großteil der Beschaffung im B2B ist Wiederbeschaffung. Impulskäufe tendieren gegen null.
B2B-Anbieter stehen daher vor einer Vielzahl von Herausforderungen, die auf der Komplexität im B2B-Bereich beruhen: Teilaufträge, komplexe Rabattsysteme, Nachbestellungen und Daten in Echtzeit sind nur einige davon.
Die Einkäufer von morgen erwarten dabei keinen klassischen Katalog mehr, sondern Suchfunktionen, Produktdetails auf Abfrage und Daten in Echtzeit. Das Einkaufserlebnis für eine Maschine mit 20 Konfigurationsmöglichkeiten ist jedoch ungleich schwerer umzusetzen als der Einkauf von Pullis oder Computerspielen.
B2B-Unternehmen müssen demnach nicht nur die Emotionen der Einkäufer ansprechen, sondern auch eine praktikable und komfortable Lösung bieten. Lösungen zur Steigerung des Einkaufserlebnisses sind daher sowohl im B2C- als auch im B2B-Sektor gefragt.
Dies zeigt auch die aktuelle Akquisition von SAP: Anfang November wurde der Kauf von Qualtrics, Pionier für Experience-Management-Software, bekannt gegeben.
Gerade im B2B-Bereich haben viele Unternehmen die Chancen, die ihnen das Internet bietet, noch nicht ausgeschöpft. Game Changer wie Amazon B2B oder Alibaba stellen in ihren B2B-Lösungen die Customer Experience des Kunden konsequent in den Mittelpunkt und verdrängen damit bereits etablierte Player. Diese B2B-Marktplätze eröffnen vor allem kleineren Unternehmen Möglichkeiten, Online-Reichweite zu erhöhen und neue Kunden zu erreichen.
Erste große Unternehmen, wie Siemens Mobility, haben aber bereits erkannt, wie wichtig das Einkaufserlebnis auch im B2B-Sektor ist. Mit dem Easy Spares Marketplace, einem B2B-Marktplatz für den Verkauf von Zug-Ersatzteilen, will Siemens für Kunden die Ersatzteilbeschaffung vereinfachen.
Michael Bitsch, Head of eBusiness bei Siemens Mobility Customer Services, erläutert das Konzept:
„Wir alle, die wir im B2B unterwegs sind, sind auch B2C-Kunden und wissen, wie schnell und einfach Einkaufen sein kann. Diese Erfahrung ins B2B zu übertragen war eines unserer Hauptanliegen.“
B2B gleich B2C?
Trotz der Unterschiede gibt es für B2B und B2C einen gemeinsamen Nenner: den Einkäufer. B2B sollte sich an B2C orientieren, denn die Anforderungen und Bedürfnisse der Kunden unterscheiden sich nicht grundsätzlich.
Es sollte ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass hinter jeder Kaufentscheidung und jeder Customer Journey ein Mensch steht – unabhängig von B2B oder B2C.
Auch Vordenker Bryan Kramer setzt sich mit dem Hashtag #H2H dafür ein: weg von Begriffen wie B2B, B2C oder gar B2C2B, hin zu Human to Human.