Kritische Erfahrungen mit S/4-Transformationen
In unserer schnelllebigen Zeit, so sollte man meinen, ist die SAP-Transformation schon wieder in die Jahre gekommen. Das liegt daran, dass die SAP gleichzeitig mit dem Technologiewechsel auch eine Vergangenheitsbewältigung bewerkstelligen muss. Die Umstellung des gewachsenen R/3-Molochs auf die angeblich schlanke S/4-Technologie ist vor allem für die Kunden eine Mammutaufgabe, die teilweise Jahre in Anspruch nimmt. Die Faktoren Kosten und Mensch sowie Zeit wurden erfahrungsgemäß von vielen Kunden immer wieder aufs Neue unterschätzt. Es hat sich daher gezeigt, dass es Sinn hat, die Transformation in Zeitscheiben umzusetzen und nur mit dem Wesentlichen zu beginnen. Daraus ergaben sich bis dato nur gute Erfahrungen und viele Vorteile.
Bereits in der Planungsphase sollten allgemeine Einflüsse gedanklich hinterfragt und berücksichtigt werden. Beispielsweise stehen nicht genügend an das laufende Tagesgeschäft gebundene Experten für lange und komplexe Projekte zur Verfügung. Gleichzeitig wird oftmals übersehen, dass die verfügbaren Personalressourcen auch eine Generationsfrage sind, wenn es um das notwendige neue Fachwissen geht. Eine entsprechende Nachfolgeplanung ist folglich zeitgerecht vorzusehen.
Vorbereitung ist alles
Viele Projekte werden zwar gut aufgesetzt, allerdings erfolgt keine zeitliche Abstimmung der notwendigen Anforderungen mit dem Status der Entwicklung und des Reifegrads der S/4-Entwicklungen. Zu diesem Thema gehört auch Systemintegration. Die ehemalige Stärke von SAP ist mit dem Wachstum durch zahlreiche Lösungszukäufe verloren gegangen. Es hat einen Christian Klein gebraucht, bis SAP den Kundendruck und Fehlentwicklungen erkannt hat. Mit der Integration-Suite soll wieder zur alten Stärke gefunden werden, wobei die Kunden die Roadmap mit dem Umstellungsprojekt abstimmen sollten.
Auch die Umstellung von einer reinen On-prem-Lösung in die Cloud auf eine hybride Systemarchitektur braucht Erfahrungen. Nicht nur die SAP-Infrastrukturabteilung, sondern auch die neuen Betriebsführungsaufgaben und Rollen (in den SAP CCoEs) müssen auf die Aufgaben vorbereitet werden.
Viele Firmen sind schon mit der Methodenauswahl der Projektleitung überfordert oder verunsichert – Wasserfall oder Scrum? Da scheiden sich die Geister und es gibt endlose Diskussionen zwischen Controlling, IT und dem Management. Beide Methoden haben ihre Berechtigung, wenn sie richtig eingesetzt werden. Neuestens werden in immer mehr Projekten sogar beide Methoden gleichzeitig eingesetzt (hybrider Ansatz). Die Gesamtprojektleitung erfolgt nach Wasserfall und Teilprojekte nach Scrum. Bei der Scrum-Methode spielen die Firmenphilosophie und die Ausbildung eine wesentliche Rolle für eine erfolgreiche Anwendung. Neben der Projektleitung muss im Vorfeld auch das betroffene Projektteam gut eingeschult werden. Nur die Akzeptanz und die Einhaltung der agilen Regeln aller Betroffenen führen zum Erfolg. Neben der Methode fehlen immer öfter Projektleiter mit den notwendigen Soft Skills wie Rückgrat, Verantwortung, Durchsetzungsfähigkeit und sozialer Kompetenz.
Was tun?
Die Activate-Methode von SAP für die S/4-Transition hat sich gut entwickelt und findet immer mehr Akzeptanz bei den Kundenprojekten. Auch das S/4-Beratungswissen hat sich verbessert, wobei es nach wie vor massive Engpässe bei vielen Spezialisten am Arbeitsmarkt gibt. Bei der Projektdurchführung sollten die wesentlichen Activate-Phasen Explore und Realize im Vorfeld einzeln ausgeschrieben und die Qualität der Berater durch Hearings geprüft werden. Die geforderten Referenzen sind unbedingt zu kontaktieren und in die Entscheidung einzubinden.
Dieser kleine Auszug aus wichtigen und persönlichen Erfahrungen soll einen Beitrag für eine erfolgreiche S/4-Transformation liefern.