Cloud-Exit-Strategie
Weil eine nachvollziehbare und finanzierbare Cloud-Exit-Strategie noch immer im SAP-Cloud-Angebot fehlt, veröffentlichte ich auf unserem englischsprachigen Portal e3zine.com einen Hinweis. Zu meiner großen Überraschung meldete sich per Twitter der in der SAP-Community gut bekannte Analyst Josh Greenbaum.
Ich kenne ihn von zahlreichen gemeinsamen SAP-Pressekonferenzen anlässlich der jährlichen SAP-Hausmesse Sapphire. Er gilt als einer der renommiertesten und erfahrensten SAP-Analysten im englischsprachigen Raum, umso größer war mein Erstaunen über seine Frage, was ich mit Exit-Strategie meine, und die Ergänzung, dass seines Wissens nach andere Cloud-Anbieter ebenso kein diesbezügliches Angebot hätten: Wozu also eine SAP’sche Cloud-Exit-Strategie?
Angenommen: Mein komplettes SAP-System ist in der Cloud, bei Hyperscalern oder SAP selbst. Aus welchen Gründen auch immer kann ich eines Tages die Cloud-Subskription (Gebühren) nicht mehr zahlen. Wenn ich nun die Daten aus meinem SAP-System herunterlade, also die Hana-Datenbank, habe ich die Abap-Tabellen auf meinem Schreibtisch, kann aber nicht damit arbeiten, weil meine SAP-Software-Lizenz in der Cloud verblieben ist.
Ich kann eine kostenfreie Hana-Instanz customizen und die Daten rudimentär verwalten, aber Auswertung, betriebswirtschaftliche Abfragen oder Ähnliches sind mir aufgrund des Fehlens der SAP-Software nicht möglich.
Wenn ich nun drei Jahre später eine Steuerprüfung des Finanzamtes habe, stehe ich mit leeren Händen da: Die Daten inklusive Hana selbst sind auf meiner Festplatte, aber ich habe keine Software, um darauf zuzugreifen und Auswertungen zu erstellen.
Wäre ich nicht in die Cloud gegangen, hätte ich auf meiner Festplatte auch noch die Software selbst mit einer gültigen Lizenz, natürlich nicht mehr gewartet und auf dem neuesten Stand, weil ich seit drei Jahren keine Pflegegebühr mehr zahlen kann – aber ich kann mit der Software noch immer die alten Daten betrachten, drucken, auswerten.
Es fehlt in der SAP-Szene eine Cloud-Exit-Strategie, sodass ich auch nach Verlassen des Cloud-Systems meine Daten etwa für die Steuerbehörde analysieren und aufbereiten kann. Es gibt Unternehmen, die seit über zehn Jahren an der Abwicklung eines Konkurses arbeiten und somit aus Sicht des Konkursverwalters noch immer am Leben sind.
Hierbei ist der Verwalter im vollen Umfang auf ein funktionierendes SAP-System angewiesen. Dafür reicht ein einfaches On-prem-SAP-System ohne Wartungsvertrag, aber mit gültiger Lizenz.
Cloud Computing würde nur dann funktionieren, wenn sich ein Sponsor findet, der bis zur endgültigen Abwicklung und dem Verfall aller rechtlichen Fristen die Cloud-Subskription weiterzahlt, oder?