Zukunftsträchtig
Zusammenfassung von Prognosen für 2023 aus Sicht der SAP-Community
Die weltweiten IT-Ausgaben werden im Jahr 2023 auf insgesamt 4,5 Billionen US-Dollar wachsen, so die jüngste Prognose des Research- und Beratungsunternehmens Gartner. Das entspricht einem Wachstum von 2,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Gleichzeitig bleibt diese Prognose hinter der Vorquartalsprognose zurück, welche noch ein Wachstum von 5,1 Prozent vorsah. „Verbraucher und Unternehmen sind mit sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen Realitäten konfrontiert“, erklärte John-David Lovelock, Distinguished VP Analyst bei Gartner. „Während die Inflation die Verbrauchermärkte stark beeinträchtigt und zu Entlassungen bei B2C-Unternehmen führt, erhöhen Unternehmen trotz der weltweiten Konjunkturabschwächung weiterhin ihre Ausgaben für digitale Geschäftsinitiativen.“ Für die IT-Ausgaben von Unternehmen erwartet Gartner, dass sie stabil bleiben.
Der Fachkräftemangel hat sich im vergangenen Jahr weiter zugespitzt und ein Ende des Trends ist nicht in Sicht. Wie der Branchenverband Bitkom in einer Studie festgestellt hat, fehlen in Deutschland über alle Branchen hinweg derzeit 137.000 IT-Fachleute. Stellen bleiben im Schnitt sieben Monate unbesetzt, was nicht nur Digitalisierungsprojekte ausbremst, sondern im Ernstfall ganze Unternehmen gefährdet. Die eigenen Mitarbeiter werden zum wichtigsten Asset. So entwickeln sich Weiterbildungs- und Umschulungsprogramme sowie Trainings und Professional Services in den kommenden Jahren zum Schlüssel für künftiges Wachstum und Entwicklung.
2022 war ein bewegtes Jahr in vielen Produktionsbetrieben. Die Pandemie ebbte zwar ab, aber die Herausforderungen ließen nicht nach. Betriebe hatten mit der Materialverfügbarkeit und Lieferkettenproblemen zu kämpfen, die Energiepreise explodierten und das Thema Personalverfügbarkeit rückte bei vielen Betrieben nach ganz oben auf der Aufmerksamkeitsskala. Wie könnte es damit 2023 weitergehen? Jörg Herbers, Geschäftsführer des Aachener Optimierungs- und KI-Spezialisten Inform, wagt eine Prognose.
Fachkräfte und Produktion
Niemand weiß, welche Herausforderungen 2023 bereithalten wird. Aber es ist klar, dass eine Flexibilität in der Produktionskapazität einen großen Wettbewerbsvorteil bilden kann. Für mehr und mehr Produktionsbetriebe bedeutet das nicht mehr nur ausreichende Maschinenkapazitäten, sondern vor allem eine richtig bemessene Personalkapazität. Der Fachkräftemangel wird zu einem drängenden Problem von Produktionsbetrieben. Systematisches Management von Engpasssituationen heißt, dass viel genauer als in der Vergangenheit Arbeitsaufkommen (Bedarfe) und die Verfügbarkeit von Personalkapazität (Abdeckung) geplant werden müssen. Hier erreichen wir eines der schwierigsten Themen, denn ein Erhalt oder sogar Ausbau der mengen- und qualifikationsbezogenen Personalkapazität ist alles andere als einfach. Mittelfristmaßnahmen umfassen z. B. Ausbildungsprogramme, um die Nachfolge für qualifiziertes Personal proaktiv zu regeln, idealerweise auch, um kleine Reserven gegen krankheitsbedingte Ausfälle oder Personalabgänge vorzuhalten.
Es wird 2023 nicht reichen, nur Brände in der Personalverfügbarkeit zu löschen. Denn Arbeitsmarktstudien zeigen deutlich an: Es wird nicht besser werden. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung rechnet z. B. vor, dass der Verlust von Personalkapazität im Arbeitsmarkt zwar abhängig von Zuwanderungsszenarien ist, in jedem Fall aber abnehmen wird. Die Digitalisierung wird 2023 natürlich nicht nur bei der Arbeitszeitgestaltung voranschreiten, sondern auch bei anderen personal- und betriebsbezogenen Prozessen. Jedes Unternehmen, das auch 2023 noch Urlaubsanträge, Arbeitszeitänderungen und Mehrarbeit sowie Zuschlagsansprüche auf Papier oder per interner Mail verschickt, wird sich Gedanken machen müssen, wann welche zeitgemäßen digitalen Werkzeuge Einzug halten können.
Mit Blick auf die aktuelle Weltlage stehen die Themen Nachhaltigkeit und Energieeffizienz als entscheidende Punkte auf den Agenden der meisten Unternehmen. Auch in der IT sind diese in den Fokus gerückt – und werden im kommenden Jahr sogar noch an Bedeutung gewinnen. „Während Unternehmen Ende 2022 unter den Energiekosten stöhnten, dürfen Investitionen in energieeffizientere und somit nachhaltigere Lösungen nicht vertagt werden“, rät Marco Fuhr, Senior Consultant bei Valantic Supply Chain Excellence. „Fragen nach der Energieeffizienz des Rechenzentrums werden nun sehr viel öfter gestellt, denn die Antworten sparen bares Geld.“ Daneben steht 2023 künstliche Intelligenz vor dem Durchbruch: als Werkzeug für mehr Nachhaltigkeit und vor allem für neue Geschäftsmodelle. „2023 werden wir mehr Unterstützung durch den Kollegen KI sehen“, prognostiziert Thomas Lang, geschäftsführender Partner bei Valantic. Gerade die IT-Sicherheit wird davon profitieren, so Lang weiter: „Künstlicher Intelligenz in Form von Machine Learning wird eine noch größere Rolle bei der automatisierten Erkennung und Abwehr von Cyberangriffen zukommen.“
Cybersecurity
DXC Technology skizzierte Trends, die in den kommenden fünf Jahren die digitale Sicherheitslandschaft und damit das tägliche Leben und die Geschäftswelt verändern werden: Sowohl Cyberkriminelle als auch Cybersecurity-Experten werden künstliche Intelligenz (KI) in einem immer komplexeren Wettstreit einsetzen. Im Rahmen der Cyberabwehr wurde KI bisher vor allem zur Erkennung verdächtiger Verhaltensmuster eingesetzt. Aufgrund des Umfangs verdächtiger Hinweise und der Anzahl von Fehlalarmen sind die Cybersecurity-Spezialisten jedoch häufig überlastet.
Die gute Nachricht: Künftig werden KI-basierte Sicherheitskontrollen und Reaktionsmechanismen automatisiert arbeiten und damit schneller und präziser auf Cyberangriffe reagieren.
KI und Machine Learning
„Künstliche Intelligenz kann zwar Bedrohungen automatisiert erkennen und beseitigen, die zugrunde liegenden Prozesse basieren jedoch auf Erfahrungen mit vergangenen Aktivitäten“, sagt Mark Hughes, President of Security von DXC Technology. „Diese Erfahrungen regen Cyberkriminelle dazu an, sich neue Angriffsarten auszudenken. Es wird eine Herausforderung sein, mit dieser Entwicklung Schritt zu halten. Das gilt vor allem, wenn Quantencomputer ins Spiel kommen, mit denen die heutigen Abwehrmechanismen in Sekundenschnelle durchbrochen werden können.“
Weltweit fehlen schätzungsweise 3,4 Millionen Fachkräfte im Cybersecurity-Bereich. Angesichts der wachsenden Bedrohungen durch fortschrittliche Technologien wird diese Zahl wahrscheinlich noch steigen. Die Lücke bei den Cyberkompetenzen eröffnet Karrieremöglichkeiten für Menschen jeden Alters und jeder Herkunft. Cyberbedrohungen werden im Jahr 2023 und darüber hinaus weiter an Tempo und Komplexität zunehmen – gleichzeitig aber auch die Fähigkeiten stärken, die neuesten Technologien, Ansätze und Talente einzusetzen, um sie zu bekämpfen. „Der Begriff des Wettrüstens im Bereich der Cybersicherheit ist eine passende Analogie – die richtige Seite muss gewinnen“, fügt Mark Hughes, President of Security bei DXC Technology, hinzu.
Benjamin Bohne, Group Vice President bei Cloudera, sagte zu Beginn des neuen Jahres, dass die digitale Transformation ein Muss für alle Unternehmen ist, die ihre operative Agilität steigern, Innovationen vorantreiben und die Customer Experience verbessern wollen. In der Vergangenheit haben viele Entscheider dabei auf die Hyperscaler gesetzt und Milliardenverträge mit einer Laufzeit von drei bis fünf Jahren abgeschlossen. Nach und nach macht sich Ernüchterung breit. Unternehmen stellen fest, dass der gewählte Weg teuer ist und der Return on Investment deutlich später eintritt als erwartet. Sie entwickeln ein neues Bewusstsein für hybride Ansätze und erkennen, wie wichtig es ist, dass man Daten wieder aus einer Cloud zurückholen kann.
Nicht zuletzt geht es auch um die Fähigkeit, flexibel auf Ereignisse zu reagieren, die außerhalb der eigenen Kontrolle liegen – zum Beispiel, wenn sich Datenschutzrichtlinien ändern und Unternehmen diese umsetzen müssen. „Wir werden daher sehen, dass immer mehr Kunden nach Alternativen zu Hyperscalern suchen. Um es mit dem Bild der Analysten von Gartner zu beschreiben: Wir befinden uns ganz oben an der Kurve eines Hype-Zyklus. In den nächsten beiden Jahren werden wir den Scheitelpunkt überschreiten, sodass Hyperscaler auf den Tiefpunkt zusteuern und zunehmend unter Druck geraten, da Kunden eine Amortisierung ihrer Investitionen erwarten“, erklärte Benjamin Bohne.
Zusätzlich soll langsam ein Umdenken in der Cloud-Strategie stattfinden: Cloud Native wird Cloud First ersetzen und auf diese Weise völlig neue Anwendungen in Unternehmen ermöglichen.
Sinkendes IT-Budget gewinnbringend einsetzen
IT-Manager kämpfen auch in den kommenden Monaten mit schrumpfenden Budgets, dieser Trend wird sich aller Voraussicht nach fortsetzen. Sie müssen genau antizipieren, wo eine Investition das Unternehmen weiterbringt.
Unternehmen wollen ihre Prozesse weiter vereinfachen. Anstatt mit vielen verschiedenen Herstellern wollen sie lieber mit Partnern zusammenarbeiten, die mehrere Services aus einer Hand anbieten. Daher wird sich der Technologiesektor 2023 noch stärker konsolidieren. Zahlreiche Anbieter verlieren gerade rasant an Marktwert. Viele kleinere und neu gegründete Unternehmen werden reif für eine Übernahme sein, weil sie womöglich unterbewertet sind oder seit ihrem Börsengang an Wert verloren haben. Wer Synergien mit solchen kleineren Unternehmen und Start-ups entwickelt, um sein Produktportfolio zu erweitern, wird sich dadurch Vorteile verschaffen können.
Scott Zoldi, KI-Experte und Chief Analytics Officer für den Analytics-Softwareanbieter Fico, wagt auch dieses Jahr wieder einen Ausblick auf die Trends der KI-Welt 2023: Schon jetzt sind die Probleme bei der Einführung von KI-Software oder KI-Tools für manche Unternehmen zu komplex oder zu kostspielig. So ist nur ungefähr ein Viertel der Unternehmen mit KI-Systemen breit aufgestellt. „Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass 2023 einige wenige Anbieter von KI-Cloud-Services entstehen werden, die diese auch für große Unternehmen als Paket anbieten werden – ähnlich zu den Big Three der Cloud-Computing-Services“, meint Scott Zoldi. Diese professionellen KI-Softwareangebote, die per API leicht zugänglich sind, werden eine flächendeckende KI-Anwendung erleichtern, während gleichzeitig eine angemessene KI-Governance sichergestellt ist.