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Der Anwenderverein formulierte es in Leipzig glasklar: SAP-On-prem-Lösungen sind immer noch gefragt. Die SAP-Vorstände Thomas Saueressig und Christian Klein mussten ihre Position korrigieren. Cloud Computing wird auch 2023 kein Erfolg für SAP.
Peter M. Färbinger, E3 Magazin
7. Dezember 2022
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DSAG-Jahreskongress 2022: Auf der Suche nach Erfolg und die Zukunft des Cloud Computing

Der Anwenderverein DSAG befragte seine Mitglieder parallel zu ähnlichen Umfragen der japanischen und US-amerikanischen Anwendergruppe. Der Großteil der befragten Vereinsmitglieder in allen Ländern kann mit Digitalisierung, Transformation und Zeitenwende Schritt halten. Bei der Bedeutung der Lösungen liegt naturgemäß im deutschsprachigen Raum der On-prem-Ansatz immer noch unangefochten an der Spitze, wenn auch die SAP-Cloud-Lösungen zulegen. „Mehr Transparenz“ lautet aber der Wunsch der DSAG bei Cloud-Verträgen, Roadmaps und der Produktstrategie. Außerdem muss der komplexe Transformationsprozess noch deutlich besser von SAP begleitet werden. Damit geht die Suche nach Erfolg in die Verlängerung inklusive einer Suche nach der Definition von „Hybrid Cloud“.

Was anlässlich der DSAG-Technologietage in Düsseldorf im Mai dieses Jahres noch nach „Cloud only“ und „Cloud first“ klang, wird nun von SAP als „Hybrid Cloud“ verkauft – aber ohne eine genaue Definition dessen: Somit rätselten in Leipzig auf dem DSAG-Jahreskongress viele Teilnehmer, was nun SAP-Chef Christian Klein und sein Vorstandskollege Thomas Saueressig genau meinten. Welcher IT-Philosophie SAP zukünftig folgen wird, ist unklar. Durch die Digitalisierung, Transformation und politische Zeitenwende ist der Erfolg der Unternehmen aber abhängig davon, wie sie mit Veränderungen Schritt halten können. Laut einer Umfrage der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe, Americas’ SAP User Group und der Japan SAP User Group gelingt das 85 Prozent der befragten Mitgliedsunternehmen gut.

On-prem vs. Cloud-Zukunft

Nach wie vor von großer Bedeutung sind aber die On-prem-Systeme, auch wenn die Cloud-Lösungen zulegen: Die Zukunft der IT ist hybrid! Auf dem DSAG-Jahreskongress in Leipzig erklärten Christian Klein per Videoschaltung und sein Vorstandskollege Thomas Saueressig, dass SAP natürlich in hybriden Dimensionen zu denken bereit ist und On-prem-Systeme natürlich ihre Berechtigung haben. In Anbetracht der vom Anwenderverein erhobenen Zahlen hatten die beiden Vorstände auch kaum eine andere Wahl. Ein Großteil der DSAG-Mitglieder will auf On-prem-Systemen bleiben. Somit konzentrierte sich die Diskussion auf den Begriff „Hybrid Cloud“ – ohne dass jedoch von SAP eine Definition dieser Entweder-oder-Antwort angeboten wurde.

Damit Unternehmen und Organisationen mit Veränderungen Schritt halten können, müssen auch IT-Abteilungen und -Landschaften entsprechend angepasst werden. Bei der Frage nach den Softwareanbietern, die für die DSAG-Mitglieder in diesem Zusammenhang am wichtigsten sind, liegt SAP vor Microsoft, gefolgt von Oracle, Salesforce sowie Amazon Web Services und Google. SAP und Microsoft belegen auch bei den Teilnehmern von ASUG und JSUG die ersten beiden Plätze. Wahrscheinlich hofft SAP im Geheimen noch immer auf einen durchschlagenden Cloud-Erfolg, dieser rückt aber mit diesem Erkenntnisgewinn vom DSAG-Jahreskongress in weite Ferne.

Bedeutung von Software-Loesungen bei derzeitigen und zukünftigen IT-Landschaften
Die Bedeutung von Softwarelösungen bei derzeitigen und zukünftigen IT-Landschaften. Quelle: ASUG-, JSUG-, DSAG-Umfrage 2022.

In einem vollkommen überfüllten Vortragssaal erklärte ein Münchner Rechtsanwalt den nach Leipzig angereisten SAP-Bestandskunden, was klein gedruckt in den SAP-Cloud-Verträgen steht: Einen Tag nach Ende der Vertragslaufzeit ist SAP berechtigt, alle Daten in der Cloud zu löschen. Als Vorsorge wird den Cloud-Anwendern nichts anderes übrigbleiben, als mit entsprechendem Vorlauf die Daten aus der Cloud abzuziehen und zu sichern. Womit wir wieder bei der fehlenden Cloud-Exit-Strategie sind, die das E-3 Magazin schon vor zwei Jahren thematisiert hat und seither vermisst. Bei der Frage nach der Bedeutung von SAP- und Non-SAP-Lösungen, sowohl On-prem als auch in der Cloud, haben für die derzeitigen IT-Landschaften bei 93 Prozent der befragten DSAG-Mitgliedsunternehmen SAP-On-prem-Lösungen eine hohe und mittlere Bedeutung.

Obwohl ein Full-Service-Angebot mit Rise with SAP vorgelegt werden kann, tun sich die im gleichen Zeitraum von Techconsult befragten deutschen Unternehmen schwer, das passende Modell für sich zu finden. Cloud ist nicht gleich Cloud. Denn auch im Cloud-Einsatz muss eine Differenzierung getroffen werden. Unternehmen stehen beim Eintritt in die Cloud vor Fragen der Standardisierung der IT-Landschaft nach Best Practice oder dem Erhalt der hohen Individualisierung in der IT-Architektur. Gleichzeitig kommen hierbei Fragen der Migration auf, die stark mit dem entsprechenden Deployment-Modell zusammenhängen. Eine S/4-Transformation ist in der Regel für Unternehmen allein nicht zu meistern, sind die Analysten von Techconsult überzeugt.

Die Cloud-Strategie der SAP ist ein unausgereiftes, schlecht kommuniziertes und ein unvollständiges Angebot an die SAP-Community. Der Unmut bei Bestandskunden und Partnern ist hoch, dennoch verlief der DSAG-Jahreskongress in weitgehender Harmonie zwischen SAP und DSAG – was aber nicht alle DSAG-Mitglieder akzeptieren wollten. Mehr Widerstand und Widerspruch gegenüber der SAP wünschten sich einige. DSAG-Vorstand Thomas Henzler hielt in Leipzig eine viel gelobte und scharfzüngige Keynote. Er legte den Finger in die Wunde und forderte SAP zu vielen Nachbesserungen auf. Diese kritische und konstruktive Bestandsaufnahme von Thomas Henzler erschien aber nicht allen DSAG-Mitgliedern ausreichend. Tatsache ist, dass SAP mit dieser Nicht-Fisch-nicht-Fleisch-Politik viel Unruhe in die Community trägt und mit der aktuellen Cloud-Strategie zu viel Unruhe und Verunsicherung unter den Bestandskunden beiträgt.

Herausforderungen während der Umsetzung von S/4 Hana.
Herausforderungen während der Umsetzung von S/4 Hana. Basis: 209 Unternehmen mit Mehrfachnennungen. Quelle: Techconsult 2022.

S/4-Conversion

Die Herausforderungen der S/4-Transformation variieren zwischen Planungs- und Implementierungsphase. Probleme, die während der Planung relevant sind, können sich in der Umsetzung verschärfen, sind jedoch primär von strategischer Natur für das Unternehmen. Viele Unternehmen tun sich mit der internen Vorbereitung auf die Herausforderungen der S/4-Transformation sehr schwer. Insbesondere die in den Fachabteilungen benötigten Kompetenzen werden zu spät entwickelt und weitere relevante Stakeholder aus den Fachbereichen (neben Management und IT) zu wenig an der Transformation beteiligt. Weitere maßgebliche Hürden sind die Fragen nach der Transformationsreihenfolge sowie den Verantwortlichkeiten in den Fachbereichen. Meistens werden diese auf Managementebene getroffen, aber nachdem das Management die Initiative ergriffen hat, werden die Bedürfnisse der betroffenen Stakeholder und Entscheidungsträger zu wenig oder zu spät berücksichtigt.

„Gerade aber die betroffenen Unternehmensbereiche vermitteln jedoch die notwendigen Fachkompetenzen zur Abbildung betroffener bzw. zu optimierender Geschäftsprozesse und haben einen wesentlichen Einfluss auf die Identifizierung von Prozessen mit geringerer Wertschöpfung“, so Waldemar Klassen, Analyst von Techconsult.  Nach der Bedeutung der Softwarelösungen für die zukünftigen IT-Landschaften der Unternehmen befragt, bescheinigen von den befragten DSAG-Teilnehmern 85 Prozent den SAP-On-prem-Lösungen eine hohe und mittlere Relevanz, 77 Prozent den SAP-Cloud-Lösungen und ebenso viele den Non-SAP-Cloud-Lösungen.

„Die Bedeutung von SAP-On-prem-Lösungen wird zwar weiter abnehmen, aber dennoch auf einem hohen Niveau verharren. Da aber die Cloud-Lösungen gleichzeitig wichtiger werden, bestätigt dies die Tendenz, die wir bereits seit ein paar Jahren beobachten: Die Zukunft ist hybrid!“, so Jens Hungershausen. Dabei sei es wichtig, so der Vorstandsvorsitzende weiter, dass die Unternehmen mit entsprechend durchgängigen und bezahlbaren Szenarien auf der Basis adäquater Lizenz- und Datenmodelle sowie Prozessen unterstützt werden.


CCoE, ALM und Hyperscaler

Von SAP wünscht sich der Verein DSAG transparente, flexible und skalierbare Cloud-Verträge mit den entsprechenden Metriken sowie verbindliche Statements und Roadmaps zur Produktstrategie in der Cloud und on-premise. Zudem bedarf es im Hinblick auf die hybriden Landschaften klarer Modelle für die Integration und den Betrieb mit ALM, SAP Application Lifecycle Management. Dazu gehören auch Zusammenarbeitsmodelle zwischen den CCoEs und den Hyperscalern. Besonders die Funktion des Customer Center of Expertise in Zusammenhang mit der SolMan-Ablöse und der ALM-Funktionalität wird kommendes Jahr wieder gefragt sein.

„Durch neue SAP-Lösungen und Hybrid-Ansätze darf kein Prozessvakuum entstehen. Hier ist es wichtig, dass SAP dazu beiträgt, dieses Vakuum zu verhindern“, so Jens Hungershausen. Potenzial sieht der Vorstandsvorsitzende schließlich auch noch in puncto Transformation: „Rise with SAP hat aus unserer Sicht noch viel Potenzial. Der Wunsch wäre, dass SAP den komplexen Transformationsprozess von Anfang an noch stärker und besser kundenindividuell begleitet. Dazu gehört auch, die Partner in der Breite schneller und besser einzubinden.“

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Peter M. Färbinger, E3 Magazin

Peter M. Färbinger, Herausgeber und Chefredakteur E3-Magazin DE, US und ES (e3mag.com), B4Bmedia.net AG, Freilassing (DE), E-Mail: pmf@b4bmedia.net und Tel. +49(0)8654/77130-21


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Die Arbeit an der SAP-Basis ist entscheidend für die erfolgreiche S/4-Conversion. Damit bekommt das sogenannte Competence Center bei den SAP-Bestandskunden strategische Bedeutung. Unhabhängig vom Betriebsmodell eines S/4 Hana sind Themen wie Automatisierung, Monitoring, Security, Application Lifecycle Management und Datenmanagement die Basis für den operativen S/4-Betrieb. Zum zweiten Mal bereits veranstaltet das E3-Magazin in Salzburg einen Summit für die SAP-Community, um sich über alle Aspekte der S/4-Hana-Basisarbeit umfassend zu informieren. Mit Ausstellung, Fachvorträgen und viel Gesprächsbedarf erwarten wir wieder zahlreiche Bestandskunden, Partner und Experten in Salzburg.
Das E3-Magazin ladet zum Lernen und Ideenaustausch am 5. und 6. Juni 2024 nach Salzburg ein. Die Summit-Teilnahmegebühr beträgt Euro 590 exkl. USt. Noch bis Freitag, 29. März 2024, gilt der Early-Bird-Tarif von Euro 440 exkl. USt.
Der Steampunk und BTP Summit 2024 findet am Mittwoch und Donnerstag, 28. und 29. Februar 2024, im Hotel Hilton Heidelberg, Kurfürstenanlage 1, statt. Veranstalter ist das E3-Magazin des Verlags B4Bmedia.net AG. Die Vorträge werden von einer Ausstellung ausgewählter SAP-Partner begleitet. Die Teilnahmegebühr für den zweitägigen Summit beträgt Euro 590 exkl. USt. Bis Donnerstag, 30. November 2023, gibt es einen Early-Bird-Tarif von Euro 440 exkl. USt. Die Gebühr beinhaltet den Besuch aller Vorträge, des Ausstellungsbereichs, die Teilnahme an der Abendveranstaltung sowie die Verpflegung während des offiziellen Programms. Das Vortragsprogramm und die Liste der Aussteller und Sponsoren (SAP-Partner) wird zeitnah auf dieser Website veröffentlicht.