Vom Social-Enterprise- zum Kundenunternehmen
Salesforce rühmt sich damit, dass über die Hälfte der Fortune-100-Unternehmen bereits mit der neuen Marketing Cloud arbeiten, darunter Nestlé, Ford und Unilever. Viele Kunden konnten durch zwei wichtige Übernahmen in den vergangenen 24 Monaten gewonnen werden: Buddy Media (eine Marketing-Plattform für Social Media) und Radian6 (Analyse– und Engagement-Lösungen für Social Media).
Mit der Marketing Cloud, die diese beiden Neuerwerbungen in die vorhandene Plattform integriert, strebt Salesforce.com die Marktführerschaft für Social Listening, Content Marketing, Social Advertising und Customer Service an.
Terminologisch bewegen wir uns mit der Marketing Cloud weg vom Customer Relationship Management und hin zum Social Relationship Management.
Social Listening basiert auf den Analysetools von Salesforce, mit denen markenrelevante Aktivitäten von Kunden und Communities verfolgt und gemessen werden können.
Content Marketing verstärkt Marken-Stories und fördert Konversionsraten und Leads, während über Social Advertising Social-Media-Kampagnen automatisiert und analysiert werden.
All diese Prozesse sind eng verbunden mit dem Customer Service, dem im Unternehmen die Schlüsselrolle bei der Abwicklung sämtlicher Social-Marketing-Aktivitäten zukommt.
Der Vergleich macht’s
Wie mächtig die neuen Produktfunktionalitäten tatsächlich sind, wird sich erst im direkten Vergleich mit den Wettbewerbern zeigen. Wir sehen jedoch die große Stärke des Social-Marketing-Angebots von Salesforce im Single Sign-on sowie in der ganzheitlichen Kundensicht, die der Integration der neu erworbenen Lösungen in die Gesamt-Suite zu verdanken ist.
Allerdings ist der Vorstoß ins automatisierte Social Marketing für Salesforce nicht nur mit Chancen, sondern auch mit Herausforderungen verbunden. Zu Letzteren zählt die stärkere Lokalisierung – Salesforce muss seinen Ansatz mehr auf lokale Gegebenheiten ausrichten, da abhängig vom geografischen Raum soziale Netzwerke unterschiedlich genutzt werden.
So ist das deutsche Publikum stärker für das Thema Datenschutz sensibilisiert als angelsächsische Länder. In bestimmten Ländern (zum Beispiel Russland und China) muss Salesforce mit lokalen Netzwerken zusammenarbeiten, die unter Umständen populärer sind als Facebook oder Twitter.
Zudem muss Salesforce, um erfolgreich zu sein, einen neuen Käuferkreis ansprechen: die Marketingabteilung. Der Anbieter muss also seinen (bereits recht umfangreichen) Partnerkanal ausbauen.
Um die CMOs zu erreichen, muss Salesforce neben den traditionellen Systemintegratoren mit neuen Partnern zusammenarbeiten wie beispielsweise Kreativ- und Werbeagenturen.
Vertikale Spezialisierung
Was die Chancen betrifft, so dürfte die vertikale Spezialisierung Salesforce langfristig bei der Differenzierung helfen, da Kunden aus verschiedenen Branchen unterschiedliche Marketing-Metriken und Anforderungen haben beziehungsweise unterschiedlichen Vorschriften unterliegen.
Salesforce könnte auch das Potenzial seiner Marketing-Analysefähigkeiten jenseits der Marketingabteilung ausloten, sich also zum Beispiel die Frage stellen, wozu Human Resources oder andere Bereiche die Analysetools nutzen könnten. Diese Möglichkeiten könnten jedoch durch die Art und Weise ausgebremst werden, wie sich Salesforce jüngst als Marke präsentiert.
Während man noch vor einem Jahr als Social-Enterprise-Unternehmen auftrat, liegt heute die Betonung auf Kundenunternehmen. Salesforce ist inzwischen der Ansicht, der Social-Aspekt sei schon immer Teil seiner DNA gewesen, während die Botschaft des Kundenunternehmens die Ambitionen des Anbieters besser beschreibt.
George Mironescu, Senior Analyst bei PAC, arbeitet seit rund zehn Jahren für das Marktforschungsunternehmen. Zu seinen Schwerpunktthemen zählen Enterprise Application Software, Cloud und Mobility sowie Application Services, Consulting und Systemintegration.