Information und Bildungsarbeit von und für die SAP-Community

SAPs disruptive Innovation

Professor Hasso Plattner hat den Aufsichtsratsvorsitz zurückgelegt und damit eine Zeitenwende eingeleitet. Es war nie relevant, welchen Posten oder Job Plattner bei SAP ausübte, denn seine Präsenz, seine Vision und seine Zielstrebigkeit führten den Konzern über viele Jahrzehnte zum Erfolg.
Peter M. Färbinger, E3 Magazin
23. Mai 2024
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Oft wurde in Plattners Amtszeit als Aufsichtsratsvorsitzender die fehlende Compliance erwähnt, aber Plattner war der Aufgabe selbst verpflichtet und nicht einer bürokratischen Positionsbeschreibung.

Professor Hasso Plattner war der Innovator und Visionär bei SAP. Viele Produktinnovationen der SAP gehen auf sein Konto. Seine letzte große Idee war die In-memory-Computing-Datenbank Hana. Redakteur Michael Kroker vom deutschsprachigen Wochenmagazin WiWo fragte Hasso Plattner in einem Exklusivinterview: Was ist denn ein Traum, der sich nicht realisiert hat? Plattner: „Mein letztes Projekt, das ich technologisch bei SAP vorangetrieben habe, war die Hochleistungsdatenbank Hana. Ich hatte die Hoffnung, dass SAP es schafft, Hana ganz an die Spitze dieses Segments zu bringen, weil sie zu der Zeit die mit Abstand beste Datenbank war. Das müsste der Markt eigentlich irgendwie honorieren; allerdings hat SAP das nicht ganz geschafft.“

Hana bezog eine respektable Arbeitsgeschwindigkeit, weil die Daten damals nicht auf langsamen Festplatten (Harddisks), sondern im Hauptspeicher (Memory) des Servers abgelegt wurden. Das erforderte hohe Investitionen in den Serverspeicher, ermöglichte aber ein ERP-System, das nahezu in Echtzeit auf Anwenderfragen antworten konnte. Mittlerweile hat sich die Computertechnik rasant weiterentwickelt, sodass der Geschwindigkeitsvorsprung von SAP Hana sich gegenüber den Mitbewerbsprodukten von Oracle, IBM und Microsoft marginalisiert hat. WiWo-Redakteur Michael Kroker fragte in seinem Exklusivinterview nach: Wieso ist das nicht gelungen? Plattner: „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Weil der Preis für Hana zu hoch war? Damals wollte SAP auf Hana keinen Rabatt geben. Immerhin ist Hana jetzt Basis aller SAP-Produkte und sehr erfolgreich, aber es hat sich als unabhängige Datenbank nicht so durchgesetzt, wie ich das erwartet habe.“

Das Versagen der Datenbank Hana lässt sich marktpolitisch und technisch erklären. Der hohe Lizenzpreis von Hana, wie Hasso Plattner in dem WiWo-Interview vermutete, erscheint hingegen nirgends als Hemmfaktor. Vielmehr lässt sich das Scheitern von Hana anhand eines öffentlichen Streits zwischen Harvard-Professor Clayton M. Christensen und Professor Hasso Plattner, ausgetragen am 4. Juni 2014 auf der Bühne der SAP-Hausmesse Sapphire Orlando, erklären. Plattner verteidigte Hana als disruptive Innovation. Er sah seine Datenbank als Sternstunde der Informatik.

Professor Clayton M. Christensen von der Harvard Business School ist Autor der Management-Bibel „The Innovator’s Dilemma“. Mit zahlreichen Beispielen veranschaulichte Christensen in seinem erfolgreichen Buch die Schwierigkeit von Konzernen, mit neuen Ideen und jungen Firmen mitzuhalten. Das lesenswerte Buch gipfelt in einem Merksatz: Wenn ein Unternehmen versucht, eine disruptive Technologie so weit zu entwickeln, dass sie den Anforderungen der Kunden in etablierten Märkten entspricht ‒ was die meisten führenden Unternehmen tun ‒, ist ihr Scheitern so gut wie sicher.“

Plattner und Christensen 2014

Auf der Sapphire-Bühne 2014 versuchte Christensen seinem Kollegen Professor Hasso Plattner klarzumachen, dass die SAP-Datenbank wahrscheinlich eine hochwertige Produktidee ist und vielen SAP-Bestandskunden helfen wird, dass aber der Ansatz, hier handelt es sich um eine disruptive Innovation, wahrscheinlich für SAP kontraproduktiv ist. Der Merksatz von Christensen lässt sich auch so lesen: Wenn SAP versucht, eine möglicherweise disruptive Technologie wie die Datenbank Hana so weit zu entwickeln, dass sie den Anforderungen der SAP-Bestandskunden in etablierten Märkten entspricht ‒ was SAP offensichtlich nun plant ‒, ist das Scheitern von SAP so gut wie sicher.

Auf Einladung von SAP stand Harvard-Professor Clayton M. Christensen 2014 auf der SAP-Sapphire-Bühne in Orlando und predigte seinen Merksatz über das Innovator’s Dilemma. In diesem Dilemma war nun Hasso Plattner mit seiner SAP gefangen. Bis heute gibt es keine Exit-Strategie.

Die beiden Professoren konnten sich auf der offenen Sapphire-Bühne nicht einigen. Plattner wollte die Anerkennung als disruptiver Informatiker mit der vermeintlichen Innovation Hana, während Christensen ruhig und konsequent bei seiner Lehrmeinung blieb. Man trennte sich ohne Kompromiss und Hana erblickte nie das Licht einer freien und offenen Informatikszene. Hana wurde zum Träger der nächsten SAP’schen ERP-Generation S/4 und wird weiterhin in dieser Nische verharren. Ein Relaunch von Hana erscheint aussichtslos.

Auch in der aktuellen Hana 2.0 Revision 77 stecken gravierende Fehler und es gibt noch keine Updates und Software-Fixes. Viele Hana-Baustellen ignoriert SAP und ist damit im eigenen System gefangen. Statt betriebswirtschaftlicher Lösungskompetenz erschöpft man sich im technischen Reparaturdienstverhalten. SAP-Chef Christian Klein behauptete, dass er nur Gutes und Schönes über Hana von seinen Bestandskunden hört. Die SAP-Basis-Mannschaften der Bestandskunden haben jedoch keinen Überblick mehr über die zahlreichen Hana-Fixes und -Updates, die wöchentlich von SAP ausgespielt werden. Hana leidet noch immer unter Data Inconsistency mit den Versionen SPS-6 Revision 60, 61 und 62 – davor warnt auch SAP mit den einschlägigen SAP Notes. Zugegeben, es ist sehr technisch.

Neue Datenbank für S/4

Es ist keine triviale Aufgabe für ein komplexes ERP-System wie R/3, ECC 6.0 oder S/4, eine agile, stabile und funktionierende Datenbank zu entwickeln. Einige Mitglieder der SAP-Community werden sich vielleicht noch an das Microsoft-Desaster mit der Datenbank SQL-Server Version 7 erinnern. Tag und Nacht wurde damals in Walldorf (SAP) und Seattle (Microsoft) gearbeitet, weil die Datenbank massive Fehler aufwies und SAP-Bestandskunden in ihrem Geschäft gefährdete. Mittlerweile hat der Microsoft-SQL-Server einen Reifegrad erfahren, sodass diese Datenbank auch in High-Availability-Szenarien (Hochverfügbarkeit) eingesetzt werden kann. Dieser Reifegrad entstand aber nicht über Nacht und Hana ist dementsprechend viel zu jung, um an die Qualität von Oracle, IBM und Microsoft heranzureichen. Eines Tages wird es so weit sein, aber es braucht Zeit und bis dahin ist Reparaturdienstverhalten angesagt.

Professor Hasso Plattner kämpfte auf der SAP-Sapphire-Bühne in Orlando 2014 um sein abschließendes Lebenswerk: Die Datenbank Hana sollte noch einmal eine große disruptive Innovation werden. Was für SAP-Bestandskunden kaum einen Mehrwert hat, bringt aber SAP selbst viel Umsatz.

Die vielleicht merkwürdigste Anekdote in der kurzen Hana-Historie seit 2011 ist der überraschende Abgang von SAP-Technikvorstand Vishal Sikka im Jahr 2014. Sikka war nach SAP-Technikvorstand Shai Agassi der zweite „Ziehsohn“ von Plattner im SAP-Vorstand. Die wahren Gründe für das Ausscheiden von Vishal Sikka liegen aber bis heute im Dunkeln. Viele Insider vermuten, dass es an der finalen Positionierung von Hana gelegen ist. Offensichtlich wollte Vishal Sikka eine Public-Domain-Version von Hana auf den Markt bringen, um damit die Datenbank auch in Non-SAP-Bereichen positionieren zu können. Ob nun Hasso Plattner oder das SAP-Management dagegen war, ist nicht bekannt. Tatsache ist jedoch: Hätte SAP die eigene Datenbank ähnlich wie das darunterliegende Betriebssystem Linux vermarktet, dann hätte SAP auf viele Millionen Euro an Lizenzeinnahmen verzichten müssen.

Auch wenn Hana bis jetzt nur wenige Informatiker begeistern konnte, viele CFOs der SAP-Bestandskunden aufgrund der doppelten DB-Lizenzgebühren zur Verzweiflung treibt, so ist es dennoch für SAP selbst ein durchschlagender kommerzieller und strategischer Erfolg. Nun muss sich SAP die ERP-Community nicht mehr mit Oracle, IBM und Microsoft teilen. Der ganze ERP-Stack ist in der Hand von SAP. Das finale Vendor-Lock-in hat mit Hana und S/4 seinen krönenden Abschluss gefeiert.

Hana ist eine gute SQL-Datenbank, die aufgrund einer In-memory-Computing-
Technik ausgewählte Antworten in Echtzeit liefern kann. Hana ist 15 Jahre jung und mittlerweile haben andere Datenbankanbieter technisch gleichgezogen. Der Realtime-Vorsprung von Hana ist verspielt. Was nun? In einer Spiegel-Reportage zum Ausscheiden von Hasso Plattner aus dem SAP-Aufsichtsrat von Tim Bartz und Christian Bergmann heißt es zu Beginn: „Das Werk des Milliardärs ist historisch. Sein Erbe möglicherweise toxisch. Gründer Hasso Plattner verlässt nach mehr als 50 Jahren den Softwarekonzern SAP – Deutschlands einzigen Technologieriesen von Weltrang. Doch was wird aus dem Riesen ohne seinen schillernden Gründer?“

Intellectual Property

Mehrere Fragezeichen schweben über der Datenbank Hana, die immer mehr zur Belastung für den ERP-Konzern wird: Es gibt einen Copyright- und Intellectual-Property-Streit mit Teradata in den USA; es gibt den Unmut der SAP-Bestandskunden bezüglich doppelter Lizenzzahlungen; und es gibt die hohen Hana-Gebühren bei der Entwicklung preiswerter Apps auf der BTP (SAP Business Technology Platform). Ob SAP die Bestandskunden mit der ERP-Datenbank Hana täuschen wollte, das wird wohl nie beantwortet werden. Tatsache ist jedoch, dass SAP mit Hana viele Lizenzgebühren einnimmt und die meisten SAP-Bestandskunden über einen längeren Zeitraum doppelte DB-Gebühren zahlen müssen, ohne einen doppelten Nutzen daraus ziehen zu können.

Bei zurückliegenden SAP-Releasewechseln konnten die Bestandskunden ihre Datenbank jeweils behalten. In vielen Fällen war lediglich ein Versionswechsel auf ERP-Ebene notwendig. Die Datenbank konnte früher oder auch später auf einen neuen Stand gebracht werden. Mit dem Übergang zu SAP S/4 müssen die Bestandskunden auch die Hana-Datenbank nutzen – die disruptive Innovation!

Zum ERP-Releasewechsel kommt nun auch ein Datenbankwechsel, was nicht nur die SAP-Basis-Mannschaft in doppelter Weise herausfordert. Auch der CFO muss tief in die Tasche greifen, denn während der gesamten Umstellungszeit sind sowohl Datenbankgebühren für das vorangegangene ERP mit AnyDB (Oracle, Microsoft oder IBM) als auch Hana zu entrichten. Auch wenn eine S/4-Conversion technisch innerhalb weniger Wochen durchführbar ist, so kann der gesamte ERP-Releasewechsel auch mehrere Jahre dauern. In der Zeit der S/4-Conversion muss der SAP-Bestandskunde sein altes ERP-System (meistens SAP Business Suite 7 mit AnyDB) als auch S/4 Hana betreiben und bezahlen. Aus den doppelt zu entrichtenden DB-Gebühren ergibt sich jedoch betriebswirtschaftlich kein Vorteil.

Junktimierung: Hana und S/4

Letztendlich ist die disruptive Innovation von Hasso Plattner eine unheilvolle Kombination von ERP und Datenbank. Die sogenannte Junktimierung ist eine juristische Technik bei Verhandlungen über Verträge oder Gesetzen. Fakt ist: Ohne das eine geht das ganze andere nicht. Wer S/4 wählt, muss auch Linux als Betriebssystem und Hana als Datenbank anerkennen. SAP zieht daraus doppelten Nutzen: Zusätzlich zu den S/4-Lizenzeinnahmen ergeben sich nun auch Gebühren für Hana und der Support wird für SAP wesentlich einfacher. Nun müssen nicht mannigfaltige Kombinationen aus unterschiedlichen Betriebssystemen, Datenbanken und ERP-Versionen serviciert werden, sondern lediglich die stringente IT-Architektur aus Linux, Hana und S/4.

Hasso Plattner ist voller Widersprüche und mitunter launenhaft, aber visionär wie kein anderer:
Er sah viele IT-Entwicklungen früh voraus und führte damit seine SAP zum ERP-Weltmarktführer.

Aktuell verdient SAP mit Hana viel Geld, ob in Zukunft die Rechnung aufgeht, das ist noch nicht ausgemacht. Auf der SAP Business Technology Platform gibt es mit CAP und RAP sehr interessante Entwicklungskonzepte für Fiori-Apps. Naheliegend ist in vielen Fällen die Nutzung der Datenbank Hana für diese Anwendungen, was aber weitere und zum Teil sehr hohe DB-Gebühren nach sich zieht. Eine preiswerte Low-Code-App-Entwicklung wird plötzlich durch die hohen Hana-Lizenzgebühren unwirtschaftlich. Kurzfristig verdient SAP sehr gut (siehe auch Aktienkurs), aber langfristig könnten Hana und S/4 viele SAP-Bestandskunden zum Umdenken motivieren (siehe Merksatz von Professor Clayton M. Christensen).

Reset bei SAP-CEO Christian Klein

In einer umfangreichen Reportage hat das deutsche Manager Magazin die desolate Lage von SAP auf den Punkt gebracht: Der Abgang von Professor Hasso Plattner zwingt SAP-Chef Christian Klein zum Reset. Vor einem Jahr schien die SAP-Zukunft noch rosig: Mit dem damals designierten Aufsichtsratsvorsitzenden Punit Renjen hätte Christian Klein einen Mentor für die erfolgreiche Zukunft von SAP bekommen. Plattner geht und SAP verliert an Relevanz: Gibt es hier einen Zusammenhang?

Weil Professor Plattner mehr auf seine Freunde, Kollegen und Seilschaften hörte, wurde Anfang dieses Jahres der designierte Plattner-Nachfolger demontiert. Für viele SAP-Executives und -Aufsichtsräte wäre ein aktivistischer Vorsitzender eine Gefahr für die eigene Karriere geworden. Punit Renjen hätte viel Aufsicht geleistet und noch mehr Rat gegeben. Er wäre ein hervorragender SAP-Aufsichtsrats-vorsitzender geworden, wie auch Professor Hasso Plattner noch vor einem Jahr mehrfach betonte.

Ob als SAP-Vorstandsmitglied oder im Aufsichtsrat – Hasso Plattner hat immer entgegen jeder Compliance die Richtung vorgegeben.

Der kommende Plattner-Nachfolger und SAP-Aufsichtsratsvorsitzende ist eine Lame Duck, sodass SAP-CEO Christian Klein schalten und walten kann, wie er will. Dieses Alleinstellungsmerkmal nutzt Klein für einen Reset, wie das deutsche Manager Magazin sehr ausführlich darlegt. Es ist pure Verzweiflung. Plattner sagte in dem WiWo-Exklusivinterview: „Mein Nachfolger Pekka Ala-Pietilä ist ja ein Hase, den wir aus dem Hut gezogen haben. Ich kenne ihn lange und bin mir mit ihm sehr einig. Ich bin mir auch sicher, dass nicht das Gleiche passiert wie zuvor.“ Auf Plattner folgt somit für zwei Jahre nicht Punit Renjen, sondern Pekka Ala-Pietilä.

Trotz aller Kritik an SAP geht mehr als die Hälfte der Mitglieder der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) davon aus, dass die Relevanz des Softwareherstellers für die Zukunft ihres Unternehmens gleich bleibt. „Es ist sicherlich auch dem geschuldet, dass der Softwarehersteller über die vergangenen Jahrzehnte hinweg die Systemlandschaften der Unternehmen stark durchdrungen hat. Eine Ablösung bestehender SAP-Systeme ist in vielen Unternehmen allein vom damit verbundenen Aufwand her kaum denkbar“, lautet das Fazit des DSAG-Vorstandsvorsitzenden Jens Hungershausen. Der Industrieverband sieht jedoch deutliches Ausbaupotenzial bei SAP, was die Unterstützung der Unternehmen bei ihren Transformationsprojekten anbelangt.

Punit Renjen vs. Pekka Ala-Pietilä

Die Transformation, Konsolidierung und Orchestrierung sind SAP-CEO Christian Klein missglückt. Mit dem Ausscheiden von Professor Hasso Plattner und der Demontage von Punit Renjen als Aufsichtsratsvorsitzenden verliert Klein alle möglichen Mentoren. Sein eigener Vorstand ist zu heterogen und unerfahren, um den CEO zu unterstützen – hier ist jeder rund um die Uhr mit sich selbst beschäftigt. Christian Klein allein zu Hause drückt auf den Reset-Knopf.

Plattners Erfindung Hana war nicht seine erste In-memory-Computing-Datenbank. Aber auch der zweite Versuch ist mehr eine technische Kuriosität als ein brauchbares ERP-Werkzeug. Zumindest bringt er SAP im S/4-Conversion-Zeitalter viel Umsatz. Die Zukunft erscheint jedoch nicht rosig. Der größte Feind von Hana sind die SAP Business Technology Platform, SAP Datasphere und naturgemäß Open Source. SAP setzte große Hoffnung in Hana. Nach mehr als zehn Jahren In-memory-Computing-Datenbank ergibt sich eine traurige Bilanz. Hana ist kein Universalgenie, auch kein Alleinstellungsmerkmal und auch keine disruptive Innovation, denn alternatives Datenmanagement gewinnt an Bedeutung. Es beginnt die Zeit der Neuorientierung und Alternativen.

Am Hasso-Plattner-Institut an der Universität Potsdam machte sich Professor Plattner einst gemeinsam mit seinen Studenten tiefere Gedanken, wie ein zukünftiges ERP beschaffen sein könnte. Ein zentraler Gedanke war ein neues Antwortzeitverhalten in Echtzeit, also ein ERP-System, das den Anwender nicht warten lässt. Und Hasso Plattner verfiel auf den Trick mit der In-memory-Computing-Datenbank. Die neue Datenbank musste universell für alle SAP-Module und -Systeme nutzbar sein und immer in Echtzeit die Antworten liefern können. Am Hasso-Plattner-Institut wurde eine SQL-In-memory-Computing-Datenbank entwickelt.


Wer hat es erfunden? Nicht das Schweizer Kräuterzuckerl Ricola, sondern die In-memory-Computing-Datenbank Hana. Plattner beansprucht die disruptive Innovation für sich.

Es war ein genialer Schachzug von SAP, für den ECC-Nachfolger S/4 mit dem Open-Source-Betriebssystem Linux nur noch Hana als Datenbank anzubieten. Mit SAP R/3 und der Business Suite 7 (ERP/ECC 6.0) machte nicht nur SAP selbst hervorragende Geschäfte, sondern naturgemäß auch die Betriebssystem- und Datenbankanbieter. Besonders Oracle und IBM freuten sich über hohe Datenbankumsätze ohne nennenswerten Vertriebsaufwand. Schon vor über 20 Jahren sagte Hasso Plattner auf einer CeBIT-Pressekonferenz, dass er die gesamte Wertschöpfungskette – vom Desktop bis zum Server – im Fokus hat. Das Ergebnis ist nun nach vielen Jahren erkennbar: Von Fiori über Linux und Hana bis zu S/4 und der IT-Plattform SAP BTP ist der Machtanspruch lückenlos. Oder?

In der aktuellen Übergangsphase von ECC mit AnyDB zu S/4 und Hana only macht SAP sehr guten Gewinn, weil viele Bestandskunden über Jahre hinweg sowohl ihre Microsoft-, IBM- und Oracle-
Datenbanken betreiben müssen, wo auch SAP kräftig mitverdient, als auch schon für Hana entsprechende Lizenzen abführen müssen. Aktuell zahlen viele SAP-Bestandskunden doppelte Datenbankgebühren.

Das Versprechen eines ERP-Echtzeitsystems kann Hana naturgemäß nicht einlösen. Wer es sich leisten kann, der hat nun alle seine Daten im Hauptspeicher des S/4-Servers, was analytische Abfragen sensationell beschleunigt. Jede Datawarehouse-Lösung profitiert von Hana in noch nie da gewesener Weise. Die SAP-Anwender jubeln! Aber ebenso viele ERP-Funktionen sind unabhängig von einer theoretischen Datenbankgeschwindigkeit. Andere Faktoren bestimmen das Antwortzeitverhalten, sodass die sehr teure Datenhaltung mittels Hana im S/4-Hauptspeicher keinen Nutzen bringt. Die SAP-Bestandskunden zahlen für teure Hana-Lizenzen ohne einen erkennbaren Gegenwert. Das Innovator’s Dilemma hat bei SAP voll zugeschlagen!

Relevanz von SAP

In einem Webinar von PAC, den französischen IT-Marktforschern mit Büro in München und exklusiven SAP-Kenntnissen, stellte ein Zuhörer die Frage: Wie berücksichtigt SAP den IT-Trend zu Compos-
able Architecture und wie will SAP bei diesem Markttrend relevant bleiben? Ob SAP in einem Markt, den Professor August-Wilhelm Scheer mit dem Buch „Composable Enterprise“ adressiert, noch relevant ist und bleibt, wäre vor wenigen Jahren als Blasphemie und Majestätsbeleidigung empfunden worden. Aktuell stellt sich die Frage: Verschläft SAP nach dem Internet (um die Jahrtausendwende), nach KI (siehe das phänomenale Scheitern des SAP’schen Leonardo-Programms vor wenigen Jahren) nun auch den Megatrend Composable Enterprise? Bereits im Dezember 2021 schrieb die E3-Redaktion gemeinsam mit einem Executive von Oracle die Coverstory „Composability“. SAP reagierte darauf nicht, sondern ignorierte das Thema bis Ende 2023. Dann kam Professor Scheer mit dem Buch: „Composable Enterprise: agil, flexibel, innovativ – Gamechanger für Organisation, Digitalisierung und Unternehmenssoftware“.

Ob nun das Vermächtnis von Professor Hasso Plattner ein Gamechanger, eine disruptive Innovation oder nur das Innovator’s Dilemma ist, werden die kommenden Monate zeigen. Sein Platz im Aufsichtsrat bleibt leer, auch wenn es einen formalen Nachfolger gibt. Es war von Beginn an vorhersehbar, dass niemand Plattner wird ersetzen können, aber ein würdiger Nachfolger schaut anders aus. Somit bleibt es SAP-Chef Christian Klein allein vorbehalten, die Zukunft von SAP mit einem Reset zum Erfolg zu führen.

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Peter M. Färbinger, E3 Magazin

Peter M. Färbinger, Herausgeber und Chefredakteur E3-Magazin DE, US und ES (e3mag.com), B4Bmedia.net AG, Freilassing (DE), E-Mail: pmf@b4bmedia.net und Tel. +49(0)8654/77130-21


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Die Arbeit an der SAP-Basis ist entscheidend für die erfolgreiche S/4-Conversion. 

Damit bekommt das sogenannte Competence Center bei den SAP-Bestandskunden strategische Bedeutung. Unhabhängig vom Betriebsmodell eines S/4 Hana sind Themen wie Automatisierung, Monitoring, Security, Application Lifecycle Management und Datenmanagement die Basis für den operativen S/4-Betrieb.

Zum zweiten Mal bereits veranstaltet das E3-Magazin in Salzburg einen Summit für die SAP-Community, um sich über alle Aspekte der S/4-Hana-Basisarbeit umfassend zu informieren.

Veranstaltungsort

Mehr Informationen folgen in Kürze.

Veranstaltungsdatum

21. und 22. Mai 2025

Early-Bird-Ticket

Verfügbar bis 1. März 2025
€ 490 exkl. USt.

Reguläres Ticket:

€ 590 exkl. USt.

Veranstaltungsort

Hotel Hilton Heidelberg,
Kurfürstenanlage 1,
D-69115 Heidelberg

Veranstaltungsdatum

Mittwoch, 5. März, und
Donnerstag, 6. März 2025

Tickets

Regular Ticket
EUR 590 exkl. USt
Early-Bird-Ticket
EUR 490 exkl. USt
Veranstalter ist das E3-Magazin des Verlags B4Bmedia.net AG. Die Vorträge werden von einer Ausstellung ausgewählter SAP-Partner begleitet. Der Ticketpreis beinhaltet den Besuch aller Vorträge des Steampunk und BTP Summit 2025, den Besuch des Ausstellungsbereichs, die Teilnahme an der Abendveranstaltung sowie die Verpflegung während des offiziellen Programms. Das Vortragsprogramm und die Liste der Aussteller und Sponsoren (SAP-Partner) wird zeitnah auf dieser Website veröffentlicht.