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Papierloser Büroalltag

Fast alle haben sie: ständig verfügbare und „papierlose“ Kommunikationsmöglichkeiten, um sich privat auszutauschen – per WhatsApp, Twitter, Instagram, E-Mail oder über den fast schon „old-school“ Short-Message-Service. Doch wie sieht das eigentlich im verwaltungsintensiven Büroalltag aus?
Jörg Günther, AFI
4. Oktober 2015
2015
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Geht es im Büro auch komplett papierlos? In vielen Branchen läuft die Kommunikation zwischen Geschäftspartnern heute weitestgehend per E-Mail, aber auch die „gelbe Post“ und die Fax-Kommunikation sind alles andere als „tot“.

PDF-Anlagen zu E-Mails ersetzen zwar vermehrt die Briefpost und das Fax – aber wie sieht dann die Folgebearbeitung dieser Dokumente aus?

Medienbrüche vorprogrammiert

Schon vor 25 Jahren – zu Beginn meiner persönlichen IT-Zeit mit SAP R/2 – wurde dem Papier im Büro nur noch eine kurze Lebenszeit vorhergesagt. Damals funktionierte IT-Business auch – ganz ohne E-Mail, ohne Smart­phones und ohne iPads. Also: Totgesagte leben länger.

Aber auch im Jahr 2015 mit den „E-Mail-PDF-Anlagen“ im daily Business erlebe ich oft genug bei meinen Kunden, wie ausgehende Dokumente aus ERP-Systemen (meist SAP) zwar digital versendet, aber beim Empfänger eben auch wieder ausgedruckt, als E-Mail parallel sortiert und aufbewahrt, dann in Umlauf gebracht und manuell nacherfasst (und oft genug wieder nachgescannt) werden.

„Was für ein Unfug“, mag manch ein Leser denken – aber eben oft genug Realität in deutschen Büros – über alle Branchen hinweg!

Ob es sich dabei um Auftragsbestätigungen handelt, die man lieber als „Papier“ dann Position für Position gegen die SAP-Ausgangsbestellung gegenüberlegt, um Termin-, Preis- oder Mengenabweichungen zu erkennen; ob es sich um selbst erstellte Ausgangsbestellungen handelt, die man hausintern zur Freigabe noch mit Papierfahnen oder Stempel versieht und sich im Papierumlauf alle Unterschriften einholt, bevor alles an den Lieferanten geht (gescannt oder als „gelbe Post“); ob man einen Kundenauftrag ausdruckt und Artikel für Artikel manuell im ERP Sales & Distribu­tion System erfasst und prüft; ob man Bewerberanschreiben kopiert, um diese vom HR-Team an das betroffene Fach-Team zu verteilen… Beispiele dafür sind zahlreich.

Warum sind diese B2B-Prozesse noch so „analog“, die private Kommunikation aber fortgeschritten „digital“? So hat doch der Gesetzgeber bereits an vielen Stellen nachgezogen und schon im Jahr 2011 mit dem Steuervereinfachungsgesetz z. B. die Grundlagen für den elektronischen Rechnungsaustausch geschaffen – der Wegfall der qualifizierten elektronischen Signatur bei Nachweis eines passenden Verfahrens. Und die digitale Agenda lässt ebenfalls hoffen.

Und sind nicht auch die technologischen Voraussetzungen geschaffen worden? Auch an den Verwaltungsarbeitsplätzen gibt es oft duale Screens; Dokumente lassen sich auf den Bildschirmen in Originalgröße darstellen – die Kosten dafür sind moderat.

Selbst das Argument der „teuren Speicher für die Aufbewahrung der speicherintensiven Formate“ ist durch den Verfall der Kosten in den letzten Jahren mehr und mehr weggebrochen.

Die Argumente für digitale Prozesse liegen doch auf der Hand: Maximale Transparenz des gesamten Geschäftsvorgangs vom Eingang bis zur Ablage, vom Erstellen bis zum Versand – für alle Beteiligten jederzeitige Zugriffs- und Auskunftsfähigkeit.

Kosten werden nachweislich bis zu 80 Prozent reduziert (laut einer Studie der Deutsche Bank Research wurde dies z. B. für den komplett elektronischen Rechnungsaustausch ermittelt). Aktenordner und Kellerräume voller Papierdokumente entfallen. Der Purchase-to-Pay- sowie Order-to-Cash-Prozess wird massiv beschleunigt.

Typische Transparenzgegner

Da die Verwaltungsprozesse der Firmen nicht Teil der Wertschöpfung sind, werden diese oftmals nur nachgelagert betrachtet. Es dauert wohl einfach, bis hier der ­„Change“ einsetzt – und es ist ja nicht damit getan, einfach eine Software an einem oder mehreren Arbeitsplätzen zu installieren.

Oft werden ganze Arbeitsabläufe grundsätzlich infrage gestellt und verändert. Evtl. werden Arbeitsplätze komplett wegfallen, der Betriebsrat wird hinzugezogen…

Und dann braucht es auch die innerbetrieblichen Ressourcen. So muss die hausinterne IT Hardware, Software und Infrastruktur prüfen, schaffen und später betreiben.

Fachteams müssen neue Prozesse testen und abnehmen – und dies neben dem Tagesgeschäft dazu. Genau diese innerbetrieblichen Ressourcen stehen oft aber nur knapp zur Verfügung. Cloud-Services mögen hier entlasten, werfen dafür aber andere kritische Fragen auf.

Auch bleibt immer die Frage nach „bin ich compliant“ – ist es auch „sicher und zulässig“, wie wir dann digital arbeiten werden? Wer berät hierzu, wer testiert diese neuen Verfahren? Wo liegt die Haftung? Und das geht weit über die Frage nach „Datensicherheit“ und Angriffe von außen („CIA-Ängste“) hinaus.

Ein Damoklesschwert… Sind es die Menschen in den Fachbereichen, denen man das geliebte „Papier“ wegnimmt? Wohl kaum – denn am Abend geht’s doch privat auch digital weiter… bei Amazon, bei YouTube, bei WhatsApp.

Es sind eher die Menschen, die um ihren Arbeitsplatz fürchten! „Übernimmt die Software dann meine Arbeit, werde ich im digitalen Büroalltag noch benötigt?“ Wie erfolgt eine sinnvolle Mitwirkung und Akzeptanz aller Betroffenen?

Digitale Reife?

Unser Gesetzgeber bekundet die „digitale Agenda“ – liefert aber weiterhin eine Vielzahl neuer Gesetze und dazu aber nur bedingt durchdachte Anweisungen zu den Verfahren. Man mag z. B. an die Gelangensbestätigung, das Mindestlohngesetz, das ReverseCharge-Verfahren denken…

Und dann die einheitliche „Uneinheitlichkeit“. Zwar versuchen Industrie- und Wirtschaftsverbände oder herstellergetriebene Zusammenschlüsse immer wieder, „digitale Standards“ zu schaffen.

Aber gelingt dies? So zwingen einem doch die mächtigen Konzerne „ihre“ Standards auf, individuelle (und damit heterogene) Portale werden geschaffen, um Daten und Dokumente zu erfassen – jeder kocht sein „Süppchen“.

Eventuell gelingt die Standardisierung einer Branche einmal (VDA, Swift usw.), selten ganz Deutschland (DIN usw.), wie oft in der EU? Der jüngste Versuch: ZUGFeRD – das Forum elektronische Rechnung Deutschland. Hier stört mich schon persönlich das „D“ – für Behörden in Deutschland meinetwegen. Aber für international agierende Unternehmen? Na ja…

Und zuletzt ist auch die Software eben oft noch nicht so verzahnt und haptisch exzellent und intuitiv einsetzbar, wie man sich das wünscht! So werden eben doch E-Mails oft in Kundenordnerstrukturen aufbewahrt und parallel ein ERP-System eingesetzt und dazu noch ein Netzwerkverzeichnis.

Wird das komplett papierlose Büro doch noch Realität? Die Vorteile liegen auf der Hand und die Rahmenbedingungen dafür sind geschaffen. Es gibt etliche Softwareanbieter auf dem Markt, die entsprechend ausgereifte Lösungen dazu anbieten.

Auch die Bundesregierung hat die Zeichen erkannt: Die digitale Agenda lässt hoffen:

„Die Digitalisierung bietet große Potenziale und ermöglicht Synergien. Es ist daher Aufgabe der Politik, den Strukturwandel aktiv zu begleiten und die Rahmenbedingungen für das Leben, Lernen, Arbeiten und Wirtschaften in der digitalen Welt zu setzen und allen die Teilhabe am digitalen Wandel zu ermöglichen.“

Edward Gower-Isaac, VP Business Process Services bei Ricoh Europe, sagt: „Die Digitalisierung ist zweifellos ein Schlüsselfaktor für die wachsende Übernahme von E-Invoicing in Europa. Unternehmen erkennen, dass Digitalisierung nicht länger nur ein Unterscheidungsmerkmal ist, sondern eine Voraussetzung für jedes Unternehmen, das auch in der Zukunft weiterbestehen möchte.

73 Prozent der Geschäftsführer gaben an, das Erreichen der digitalen Reife führe direkt zu einem Umsatzwachstum, und 62 Prozent stimmten der Aussage zu, die digitale Reife mache ihr Unternehmen interessanter für potenzielle Investoren und neue Eigentümer.“

Wo ist ihr Gewinn im Unternehmen, wenn nicht nur z. B. Ein- und Ausgangsrechnungen, sondern auch vor- und nachgelagerte Prozesse wie Bedarfsanforderungen, Auftragsbestätigungen, Kundenbestellungen, Lieferscheine, Zahlungsavise, Materialzertifikate, Ursprungszeugnisse, Bewerbungsmappen usw. elek­tronisch, digital und vor allem automatisiert bearbeitet werden.

Sie erreichen maximale Transparenz und Effizienz und sparen dadurch täglich bares Geld ein. Der ROI ist in der Regel kurz- bis mittelfristig (12 bis 48 Monate) erreicht.

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Jörg Günther, AFI

Jörg Günther ist Geschäftsführer von AFI.


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