Offene Gesellschaft
Der digitale Transformationsprozess ist der Motor für wichtige und nachhaltige Veränderungen im SAP-Ecosystem, diese Evolution wird zunehmend von Open-Source-Ideen und Projekten getragen.
„OpenStack ist in aller Munde und arbeitet sich langsam in die IT-Infrastrukturen deutscher Unternehmen vor“
schreibt Analyst René Büst von Crisp Research in einem Blogbeitrag.
„So sehen 58 Prozent der deutschen CIOs in OpenStack eine echte Alternative zu bestehenden Cloud-Management-Lösungen. Allerdings sollte man genau hinschauen, was man als IT-Entscheider tatsächlich in Händen hält.
Schließlich ist OpenStack grundsätzlich erst einmal nur eine Infrastrukturmanagementlösung und leistet damit keinen direkten Wertbeitrag zum Unternehmenserfolg.“
Hadoop & OpenStack
Aus Sicht der SAP-Community erscheinen Linux, OpenStack, Hadoop, Apache etc. fast als Revolution. Der Zugang zu R/3-Daten war lange Zeit eingeschränkt und bestenfalls über NetWeaver, RFC (Remote Function Calls) und SAP Business Connector möglich. Linux, Hadoop, OpenStack u. a. m. müssen einem lang gedienten CIO wie ein Befreiungsschlag vorkommen.
„Suse Linux liefert offene Standards und ein optimales Euro/SAPS-Verhältnis, soll heißen, mit Suse Linux und Intel ergeben sich optimale Kostenstrukturen für SAP-Infrastrukturen“
erklärt Michael Jores im Gespräch mit E-3 Chefredakteur Peter Färbinger.
Er ergänzt:
„Die Kombination von Hana und Linux ebnet den Weg in eine zukunftsorientierte State-of-the-Art- SAP-Infrastruktur im Hinblick auf offene Standards und Cloud Readiness. Damit lassen sich Infrastrukturen mit Linux und Hana optimal für die Big-Data- und die Cloud-Zukunft des SAP-Rechenzentrums vorbereiten.“
OpenStack als Infrastrukturmanagement ist bereits der De-facto-Standard für eine Open-Source-basierte Plattformlösung (beachten Sie auch das Interview mit Fujitsu CTO Joseph Reger). Durch das Bekenntnis von SAP im vergangenen Jahr, OpenStack zu unterstützen, setzen zunehmend Bestandskunden im Rahmen ihrer Cloud-Initiativen auf die modulare Open-Source-IaaS-Cloud-Plattform, weiß Ralph Dehner von B1 Systems.
Auch Suse hat diese Entwicklung früh erkannt und mit OpenStack Cloud weltweit das erste Enterprise-Produkt für OpenStack bereitgestellt. Als Mitglied der OpenStack-Foundation stellt Suse aktuell zudem mit Alan Clark den Chairman dieses wichtigen Gremiums, das die zielgerichtete Weiterentwicklung von OpenStack koordiniert und sicherstellt. SAP selbst ist mittlerweile ebenfalls offizielles Mitglied.
„Hier haben wir bereits Best Practices geschaffen zum Deployment von SAP auf der Suse OpenStack Cloud“
erklärt Jores. Mit Hadoop und Hana lässt sich eine umfassende Big-Data-Strategie implementieren, um das Beste aus der Welt der strukturierten und unstrukturierten Daten miteinander zu verbinden.
„Und Linux hat es OpenStack und Hadoop vorgemacht“
weiß Michael Jores.
„Seit 1999 mauserte sich Linux zur strategischen SAP-Plattform, sodass bereits jetzt Linux die exklusive Technologieplattform für Hana ist, SAP bereits auch Mitglied in der OpenStack Community wurde und in ihrem Rechenzentrum OpenStack produktiv im Einsatz ist. Das heißt, Open Source zieht systematisch in das SAP-Rechenzentrum ein.“
Professor Heiner Diefenbach von Fujitsu ergänzt im E-3 Gespräch:
„Open Source ermöglicht, sich von proprietären Unix-Systemen zu lösen und standardisierte Architekturen einzuführen. Daher hat das Thema schon seit längerer Zeit eine große Bedeutung im SAP-Umfeld. Diese wird mit Sicherheit nicht geringer werden.“
Big Data & Cloud
Heiner Diefenbach ist bezüglich Open Source optimistisch:
„Generell ist die SAP-Community dem Thema gegenüber sehr aufgeschlossen, viele SAP-Kunden nutzen bereits Linux und dementsprechend ist das Know-how insgesamt recht gut – und wird unserer Einschätzung nach sogar noch besser.“
Mit Linux, Hadoop und OpenStack kann SAP ihre beiden Core-Strategien abdecken, zum einen Big Data, wobei hier Hana und Hadoop ein Pärchen bilden, und zum anderen OpenStack, welches die SAP-Cloud-Strategie unterfüttert und die weitere Cloud-Adaption im Markt mittragen soll.
„Suse hat maßgeblich das Thema Linux in den vergangenen fünfzehn Jahren mitbegleitet und vorangebracht“
betont Michael Jores.
„Suse hat als Entwicklungsplattform den Grundstein gelegt für viele Innovationen wie die Zurverfügungstellung des ersten Open-Source-basierten Hypervisor XEN, die One-Stop-Support-Infrastruktur geschaffen mit der Integration des Suse-Supports in den SolMan, die Entwicklung der HA-Cluster-Referenz-Architektur und die Zurverfügungstellung der Suse High Availability für die Automatisierung der Hana-System-Replikation.“
Zur allgemeinen Rolle von Open Source äußert sich Jürgen Hamm von NetApp in diesem E-3 Gespräch zurückhaltender:
„Ein Trend ist zu sehen, wobei proprietäre Anwendungen weiterhin eine sehr große Rolle spielen werden, Thema wird sein, wie sehen der Support, die Wartung und Haftung aus.“
Es funktioniert, aber die Herausforderungen und Gefahren müssen erkannt und analysiert werden. Auch Crisp-Research-Analyst René Büst ermahnt in seinem Blogeintrag:
„CIOs müssen also die grundsätzliche Frage klären, wie ihnen OpenStack einen strategischen Vorteil bieten kann. Dies ist nur dann der Fall, wenn sie OpenStack anders einsetzen als ihre Mitbewerber und sich somit nicht ausschließlich auf die Operational Excellence beschränken.
Vielmehr geht es darum, die OpenStack-Technologie als Teil der IT-Strategie zu erkennen, um darüber einen echten Nutzen für das Unternehmen zu stiften.“
Heiner Diefenbach sieht den Open-Source-Trend in der SAP-Community direkt:
„OpenStack ermöglicht die Standardisierung von Architekturen zum Betrieb von Rechenzentren und ist damit hervorragend dazu geeignet, Hybrid-Cloud-Szenarien zu entwickeln, aber auch bei Mergers und Acquisitions eine einheitliche Basis zu bilden.“
Nach Meinung des Fujitsu-Managers bietet OpenStack dem Anwender auch eine einfache Möglichkeit, seine Cloud-Szenarien von einem Anbieter zum anderen umzuziehen.
„Wir rechnen mit einer wachsenden Bedeutung von OpenStack und werden uns deshalb mit unserem Betriebskonzept für SAP, Flexframe Orchestrator, über API in diese Architektur integrieren“
erklärt Diefenbach. Und noch eine Beobachtung hat er in der Community gemacht: Hadoop ergänzt komplementär das Hana-Portfolio, um vor allem unstrukturierte Massendaten zu analysieren.
„Die Nachfrage nach Hadoop-Lösungen, wie etwa der Appliance Primeflex for Hadoop, wächst“
freut sich Heiner Diefenbach.
Cloud-Computing-Strategie
„Man kann die Bedeutung von OpenStack nicht hoch genug einschätzen“
betont Bernd Kappesser, Geschäftsführer der Realtech in Walldorf.
„Das Engagement der SAP beinhaltet das strategische Ziel, die Lizenzkosten für das Management einer privaten Cloud zu reduzieren und gleichzeitig die Unabhängigkeit von Infrastrukturanbietern für Hardware, Storage, Netzwerk und auch Virtualisierung zu erreichen.
Als Kunde bleibe ich flexibel und kann Cloud-Anbieter austauschen. Als Fernziel kann ich individuell pro Applikation entscheiden, ob sie on premise bei mir im Haus läuft oder bei einem der Cloud-Anbieter.“
Die Fachwelt ist sich einig, dass OpenStack für die Cloud das werden kann, was der x86- Prozessor für Beschaffung von Hardware ist: Vergleichbarkeit und Austauschbarkeit sind gegeben. Darüber hinaus ist die übergreifende Managebarkeit ebenfalls avisiert.
Und zu Hadoop meint Realtech-Manager Hinrich Mielke, dass der Big-Data-Ansatz der High-End-High-Performance-Lösung Hana in Richtung Big Data im Petabytebereich mit kostengünstiger Infrastruktur erweitert wird.
„Die Kombination aus beiden wird interessante neue Use Cases ermöglichen“, ergänzt dazu Bernd Kappesser, „die den hochperformanten Zugriff auf Daten mit dem Zugriff auf unstrukturierte Massendaten nahtlos ohne Medienbruch verbinden.“
Linux und OpenStack sind eine stabile Basis für das Cloud Computing. Der Weg in die Wolke bedeutet für den SAP-Bestandskunden viele Einzelschritte und Abstimmung mit ERP und Hana.
„Cloud Computing spannt ein weites Feld auf zwischen dem reinen Angebot von Serverressourcen mit Betriebssystem bis hin zum Software-as-a-Service-Angebot“
erklärt Michael Jores. Welche Form der Cloud-Angebote in Zukunft das stärkste sein wird, wird sich vor allem an der Qualität, der Leistung, der Sicherheit und der Flexibilität messen lassen.
„Denn wenn ein Cloud-Angebot in ein Vendor-Lock-in führt, dann sind wir dort, wo wir vor der Unix-Linux-Migrationswelle standen“
ist Jores überzeugt. Wo könnte Cloud Computing aus Sicht der SAP-Bestandskunden beheimatet sein – bei SAP (Hana Enterprise Cloud), bei Amazon (AWS), Google, Microsoft (Azure) oder bei SAP-Partnern und lokalen Anbietern? Jürgen Hamm von NetApp:
„SAP, AWS und Azure investieren erheblich, ich sehe hier aber auch lokale Hoster, die sehr interessante Cloud Offerings haben.“
Auch Hinrich Mielke nimmt Bezug auf das Thema Vendor-Lock-in:
„Meine Empfehlung ist immer kundenabhängig, es gibt keinen Stein der Weisen. Wichtig ist stets, flexibel und unabhängig zu bleiben, also keinem Vendor-Lock-in zu erliegen. Dies ist im Vorfeld einer jeden Lösungsentscheidung zu prüfen.
Hier ist OpenStack eine sehr gute Möglichkeit, beim Aufsetzen muss man jedoch ebenfalls Acht geben, dass man nicht eine Make- anstelle einer Buy-Lösung bekommt. OpenStack lässt sich stark anpassen, hier kann man in die gleiche Falle tappen, die sich bei einer starken Veränderung des SAP-ERP-Systems ergibt.
Dann kann das Application Lifecycle Management der Lösung zu komplex werden.“
CIOs mit einer SAP-Historie kennen diese Gefahr und sind daher gut gewappnet, meint Mielke schmunzelnd und ergänzt:
„Auf alle Fälle gilt immer ein Grundsatz: Probleme lassen sich nicht outsourcen! Wenn die Randbedingungen nicht sauber definiert sind, wird der Gang in die Cloud oder zum Outsourcer nicht von Erfolg gekrönt sein.
Daher ist hier eine saubere Vorbereitung, idealerweise mit einem externen Berater, das Fundament für ein erfolgreiches und zielführendes Sourcing.“
Public, Hybrid oder Private Cloud?
„Dies ist von Kunde zu Kunde unterschiedlich“
meint Heiner Diefenbach.
„Wir unterstützen unsere Kunden bei allen drei Modellen. Zumindest bei unternehmenskritischen Daten geht die Tendenz aber klar zur Private Cloud beim Kunden oder dem Betrieb in unseren hochsicheren, dem deutschen Recht unterliegenden Rechenzentren in Deutschland.“
Nicht ganz einig ist sich die Gesprächsrunde im Fall Hana und Cloud Computing. Nach Beobachtungen von Peter Wüst, NetApp, ist on premise für die Core-Applikation bei ERP und Hana noch immer gefragt,
„obwohl vereinzelt On-demand-Konzepte für Unternehmen immer mehr infrage kommen und diese auch aus der Cloud kommen können“
Security und Datenhoheit haben hier einen sehr großen Stellenwert, gib er aber zu bedenken. Auch Heiner Diefenbach meint:
„Eine klare Tendenz ist noch nicht absehbar, da persönliche Vorlieben dominieren. Die Bedenken bezüglich des Datenschutzes und die Kompetenz für den Betrieb im eigenen Haus sind sehr unterschiedlich.“
Friedrich Krey von Suse Linux sieht für den produktiven SAP-Betrieb klar die Private Cloud.
„Um ausgelagerte SAP-Test-, Schulungs- oder Entwicklungsbereiche abzudecken, kann der Kunde entsprechend auf Public-Cloud- Lösungsangebote zugreifen“
erklärt er die Optionen, wie beispielsweise die S/4-Hana-Trial-Version auf AWS.
„Damit ergibt sich dann das Konstrukt einer Hybrid Cloud, die wir mit Suse-Technologie entsprechend auch unterfüttern, mit dem Linux Enterprise Server for SAP Applications und der Suse OpenStack Cloud.“
S/4 Hana – disruptiv, oder was?
Hana ist die neue Plattform im SAP-Ecosystem, damit hängen naturgemäß die erwähnten Techniken und Verfahren wie Linux und OpenStack zusammen. Open Source und Cloud Computing sind die Eckpfeiler der offenen Gesellschaft.
Die Roadmap zu S/4 – on demand und on premise – ist von SAP skizziert. Linux und OpenStack sowie weitere Open-Source-Produkte spielen eine entscheidende Rolle. Für den SAP-Bestandskunden stellt sich somit in den kommenden Jahren die Frage: Befindet er sich auf einem disruptiven oder nicht disruptiven Weg?
„SAP Hana ist eine disruptive Technologie, wenn es schlussendlich gelingt, OLAP- und OLTP-Transaktionen datenbanktechnisch zu konsolidieren und über S/4 applikatorisch für das Business konsumierbar zu machen“
meint Michael Jores
„dann können wir aus meiner Sicht von einer disruptiven Technologie sprechen. Da es eine Innovation ist, die auf langfristige Weiterentwicklung ausgelegt ist, wurde von der SAP folgerichtig auf Linux gesetzt, womit sichergestellt ist, dass auch die Infrastruktur bezüglich ihrer Innovationsgeschwindigkeit mithält, ohne in einer Sackgasse zu landen, da Linux garantiert, dass diese Innovationen auch Mainstream bleiben.“
Jürgen Hamm von NetApp gibt folgerichtig zu bedenken, dass der neue SAP-RZ-Betrieb nicht komplexer werden darf als SAP-Classic.
„Sobald es Betriebskonzepte auch für Hana gibt, sehe ich kein Hindernis mehr, Hana als Data-Center-ready zu bezeichnen. NetApp und Fujitsu haben mit Flexframe hier eine hervorragende Lösung am Markt“
weiß Hamm aus seiner beruflichen Praxis. Heiner Diefenbach differenziert:
„Rein aus der technischen Perspektive ist SAP Hana sicherlich eine disruptive Datenbank-Technologie. So, wie SAP die Lösung mittlerweile ins Portfolio integriert hat, und mit den Lösungen, die wir dazu bereitstellen, können Unternehmen sie jedoch ohne große Brüche implementieren.
Unsere Erfahrungen aus zahlreichen Beratungsprojekten zeigen, dass es im Einzelfall für den Kunden somit disruptiv oder eben nicht disruptiv sein kann.“
Und aus vielen Gesprächen mit Anwendern weiß Diefenbach:
„IT und Geschäftsprozesse sind hier untrennbar miteinander verbunden. Hier sind wir als Mediator zwischen diesen beiden Polen gefragt.“
Michael Jores definiert abschließend den Status der offenen Gesellschaft in der SAP-Community:
„SAP arbeitet seit Jahren direkt in den entsprechenden Open-Source-Projekten mit und stützt sich auf Technologiepartner im Open-Source-Bereich, die wie Suse verlässlich an solchen disruptiven Technologien über Jahre kontinuierlich mitarbeiten.
Kein anderer Enterprise-Linux-Hersteller hat in den nunmehr fast 16 Jahren seit Bestehen des SAP-Linuxlabs die gleiche Verlässlichkeit in der Partnerschaft zu SAP unter Beweis gestellt. In einer hohen Geschwindigkeit hat SAP die Data-Center-Readiness-Themen für Hana realisiert; wie Backup und Restore, Hochverfügbarkeit und Disaster Recovery, Security, Virtualisierung und Multi-Tenant-Fähigkeiten.
Diese Data Center Readiness hat Suse als Technologiepartner der SAP konsequent mitgetragen. Die S/4-Hana-Strategie ist die logische Konsequenz, um den Mehrwert der In-memory-Technologie für den Kunden zur disruptiven Technologie werden zu lassen und um damit auch die Business Cases und die Mehrwerte von und für Hana auf Anwendungsebene zu schaffen.“