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Navigator in der SAP-Cloud

Welche Cloud-Lösung ist die richtige? Bevor Anwenderunternehmen IT-Plattformen und Dienste aus­lagern, müssen sie ihre Systeme, Prozesse und Anforderungen genau analysieren.
Oliver Villwock, cbs
3. März 2016
2016
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Die Cloud ist allgegenwärtig und gilt als Allheilmittel für jedwede IT-Architektur. Dennoch tut sie sich hierzulande schwer. Kaum ein anderes IT-Paradigma polarisiert so stark und spaltet die Community in zwei Lager: Auf der einen Seite die „Visionäre“, die sich eine Zukunft ohne Cloud im Kontext von IoT nicht mehr vorstellen können.

Auf der anderen Seite die „Besorgten“, die vor dem Hintergrund der NSA-Affäre, des auf EU-Ebene gekippten Safe-Harbor-Abkommens, seines Nachfolgers „Privacy Shield“ und berechtigter Datenschutzbedenken die Cloud komplett aus ihren IT-Planungen verbannen.

Doch die Cloud gewinnt auch dank der Metamorphose der Softwarehersteller weiter an Bedeutung. So kann man den Umbau der SAP zur Cloud-Company an der Anzahl der angebotenen Cloud-Dienste ableiten.

Der Cloud-Bauchladen der SAP erweitert das bisher auf on premise fokussierte Geschäft mit Unternehmenssoftware um die Hana Cloud Platform (HCP), die Hana Cloud Integration (HCI), die Kollaborationsplattform SAP Jam und Lösungen wie z. B. Lumira, SAP Cloud4Customer bis hin zum Ariba-Marktplatz.

Gerade als SAP-Anwender muss man sich eingehend mit der Frage nach Sinn und Zweck, Risiko und Chancen sowie Betrieb und Organisation der Cloud-Lösungen beschäftigen. Der Cloud-Begriff ist extrem dehnbar, denn die Cloud ist hersteller- und produktabhängig multifunktional einsetzbar.

Die Cloud-DNA

Bewertet man die Lösungen nach der Verfügbarkeit für den Anwender, lassen sich folgende Kategorien bilden: Public Cloud und Private Cloud.

Public Cloud bezeichnet eine Lösung, die prinzipiell jedem authentifizierten Anwender über das Internet zur Verfügung steht. Darüber hinaus besteht die Public Cloud fast immer aus einem einzigen zentralen System, das dank Multitenancy gleichzeitig für mehrere Unternehmen verwendbar ist.

Eine Sonderform der Public Cloud stellt die sogenannte Community Cloud dar, die den Zugriff auf einen definierten Kreis ausgewählter Unternehmen bzw. Anwender einschränkt.

Private Cloud bezeichnet eine kundeneigene Lösungsplattform im eigenen oder angemieteten Rechenzentrum. Bereits mit der Einführung einer Virtualisierungslösung befindet man sich im Anfangsstadium einer Private-Cloud-Infrastruktur, die sich zur vollwertigen Cloud-Plattform entwickeln lässt.

Eine Sonderform der Private Cloud ist die Virtual Private Cloud. Diese besteht aus einer durch einen Dienstleister bereitgestellten virtuellen Cloud-Umgebung, auf die ausschließlich das Unternehmen Zugriff (meist via VPN) hat.

Die Kombination ermöglicht den Einsatz einer abgeschotteten Private-Cloud-Lösung ohne die Anschaffung und den Betrieb der dafür notwendigen Infrastruktur.

Service-Umfang

Eine weitere Unterscheidung der Cloud-Angebote bietet sich im Hinblick auf den Umfang der bereitgestellten Services an:

Infrastructure as a Service ist als klassisches Sourcing zu verstehen, d. h. die Anmietung von Rechenkapazität für einen definierten Zeitraum. Interessant wird dies dann, wenn die Ressourcen im Zuge eines Pay-per-Use-Modells nach dem tatsächlichen Verbrauch abgerechnet werden.

Plattform as a Service: Diese Form der Cloud-Lösung stellt nicht nur simple Ressourcen (Hardware, Netzwerk, Storage) zur Verfügung, sondern bereits eine umfängliche Lösungsplattform inklusive Lizenzen zur Erstellung eigener Applikationen. Prominentes Beispiel hierfür wäre die HCP, die eine Hana-Plattform für die Erstellung eigener Analysen oder Tools bietet.

Software as a Service: Die nächsthöhere Stufe der Cloud-Evolution stellt sowohl In­frastruktur als auch Lizenzen und die finale Applikation zur Verfügung. Prominente Beispiele sind hier Microsoft Office 365, SAP Cloud4Customer sowie Salesforce.

Ziel ist die Bereitstellung einer autarken Applikation inklusive Wartung und Support, sodass sich der Anwender voll auf seine Geschäftsprozesse fokussieren kann.

Process as a Service: Dieser offiziell wenig gebräuchliche Begriff beschreibt eine Erweiterung der reinen Bereitstellungs- und Wartungsleistung um die Ausführung und den Anwendungssupport eines Geschäftsprozesses.

Das Cloud-Dilemma

Bei so viel Auswahl und Angeboten fällt die Entscheidung schwer. Welches Cloud-Angebot passt für mich? Eine komplexe Frage. Immer wieder entstehen Cloud-Projekte eher technikgetrieben.

So wird beim Kauf klassischer On-premise-Lösungen die eigentlich benötigte Software maximal rabattiert und eine Cloud-Lizenz zusätzlich verkauft. Vorsicht! Nur eine faktenbasierte Evaluierung der Architekturlandschaft vor dem Kauf ermöglicht es, Anforderungen und Angebotsfeatures abzugleichen.

Manches kann auch zum Show Stopper einer Cloud-Integration werden, etwa das Thema Datenschutz. Dies gilt vor allem in der momentan rechtlich noch unklaren Interimsphase seit dem EuGH-Urteil zu Safe Harbor und dem Start des Nachfolgers Privacy Shield. Aber auch Organisationsreifegrad und Performanceaspekte (z. B. wegen Latenzen) sollten beachtet werden.

Drei typische Einsatzszenarien zeichnen sich für den sinnvollen Einsatz der Cloud ab:

1. Commodity: Bereitstellung von Basis-IT-Services (z. B. E-Mail, Messaging etc.), für die es keine Kunden- oder Branchenspezifika gibt. Prominentestes Beispiel ist Office 365.

2. Pay-per-Use: Kurzfristige, zeitlich stark begrenzte Bereitstellung von Ressourcen zur Kompensierung von Engpässen, Beschleunigung von wiederkehrenden Routinearbeiten sowie für Schulungs- oder Projektzwecke.

3. Availability: Optimierung von Zugriffszeiten durch geringere Latenzen, z. B. bei Verwendung von internationalen Cacheservern für Webanwendungen.

SAP LatAm Cloud

Ein erfolgreiches Beispiel des Benefits von hybriden Cloud-Lösungen ist die cbs SAP LatAm Cloud. In Lateinamerika gibt es hohe legale und steuerliche Anforderungen. Diese reichen von Behördenmeldungen wie die gesetzlich vorgeschriebene „SAP Nota Fiscal Eletrônica“ in Brasilien über Steuern und Abgaben bis hin zu häufigen Gesetzesänderungen.

Das SAP-Beratungshaus cbs hat sein Know-kow von mehr als 50 SAP-Rollouts in Mittel- und Südamerika in die LatAm-Cloud-Lösung einfließen lassen. Dabei handelt es sich um eine auf SAP-Software basierende Cloud-Lösung, mit der sich die elektronische Kommunikation mit den Behörden in Ländern wie Brasilien (SAP GRC NFE), Argentinien, Chile, Mexiko und Peru gesetzeskonform abwickeln lässt.

Als SAP Partner Managed Cloud (SAP PMC) bietet cbs die LatAm Cloud als Public-Cloud-Lösung an. Sie wird im deutschen Rechenzentrum des IT-Full-Service-Dienstleisters Materna GmbH, der cbs-Muttergesellschaft, gehostet.

Auf diese Weise wird der Datenschutz nach deutschem Recht sichergestellt. Der Cloud-Service beinhaltet neben dem Infrastrukturbetrieb in einem ITIL-konformen, TÜV- und ISO27001-zertifizierten Rechenzentrum auch Managed Services für den Basisbetrieb, wie Monitoring, Alerting, Security- und Performanceanpassung.

Das Angebot umfasst zudem einen Applikationssupport, der bei Konfiguration im ERP-Backend unterstützt, auf Wunsch die Rückmeldecodes der Behörden analysiert und Korrekturmaßnahmen empfiehlt.

Der Service steht 24×7 mit 99,9 Prozent jährlich zur Verfügung. Der Support erfolgt in der lokalen Zeitzone (z. B. Brasilien) in deutscher und englischer Sprache. Technisch binden die Anwenderunternehmen die ­LatAm ­Cloud an ihre SAP-Systemlandschaft über Standards wie Remote Func­tion Call (RFC) an.

Der Cloud-Service übernimmt die Signatur und Verschlüsselung der Behördenkommunikation. Bei der Lösung handelt es sich um ein Hybridmodell, bei dem die Unternehmen ihre globalen SAP-Systeme mit der Cloud-Lösung von cbs verbinden.

Die Daten werden über einen verschlüsselten VPN-Tunnel übertragen. Die cbs LatAm Cloud ist ein gutes Beispiel für Process as a Service in Form einer Virtual Community Cloud, da sie alle Elemente bereitstellt, die für die Prozesse im Zusammenhang mit der elektronischen Behördenkommunikation erforderlich sind.

Der Support-Prozess sowie die Umsetzung legaler Anforderungen wird komplett ausgelagert und schafft so maximale Freiheit. Zudem bietet die Public Cloud maximale Synergieeffekte in Betrieb und Support und spart dadurch Kosten.

Fazit

Die Cloud ist unaufhaltsam und setzt – gerade auch durch die Cloud-Bestrebungen von SAP – in Deutschland zum Siegeszug als neue IT-Schlüsseltechnologie im SAP-Umfeld an. Doch Cloud ist nicht gleich Cloud!

Und sie ist sicher auch kein Allheilmittel. Bevor entsprechende Lösungen ausgewählt und implementiert werden, ist es ratsam, die Anforderungen aus Organisations-, Prozess- und Architektursicht zu strukturieren und auf dieser Basis ein geeignetes Lösungsszenario zu entwerfen.

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Oliver Villwock, cbs

Oliver Villwock ist Consulting Director mit Fokus SAP-Architektur bei cbs.


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