MES – Die Wertschöpfung von vorn aufzäumen
Besprechung für einen Vortrag auf dem Event eines Unternehmensverbandes. Wir diskutieren das Thema MES. Der Verbandsvertreter gibt folgenden Rat: „Gehen Sie lieber auf das Thema Konnektivität. MES kennt schon jeder. Aber wie man heterogene Maschinen digital anbindet – das interessiert die Leute. Da sind viele Unternehmen noch nicht so weit.“
Einen solchen Vortrag halten wir als Silberpartner von SAP für die Konnektivität von heterogenen Maschinen gerne. Aber die Einschätzung des Verbandsvertreters ist schon bemerkenswert: Daten sind doch eigentlich die Basis jedes digitalen Geschäftsmodells. Zwar teile ich die Einschätzung des Verbandsvertreters. Gleichwohl stelle ich mir die Frage: Haben wir in der Industrie das Pferd „Wertschöpfung“ von hinten aufgezäumt? Industrielle Wertschöpfung findet doch in der Fabrik statt: Müsste einer digitalen Nutzung von Shopfloor-Daten nicht eigentlich eine digitale Datenerfassung im Shopfloor vorausgehen? Historisch gesehen lief es umgekehrt: Den Anfang machte in den 1970er-Jahren die betriebswirtschaftliche SAP-Planungssoftware. Das Enterprise Resource Planning revolutionierte die Standardisierung von Aufgaben in Buchhaltung, Personalwesen, Materialwirtschaft und Vertrieb.
Mitte der 1990er-Jahre entwickelte sich in den USA der Begriff Manufacturing Execution System (MES). Seither geht es bei MES global um eine datengestützte Steuerung und Überwachung von Produktionsprozessen. Auch SAP ist heute mit der Lösung Digital Manufacturing (DM) auf dem MES-Feld präsent.
Heute, im Jahr 2023, reden wir in Deutschland – und übrigens auch weltweit – immer noch darüber, dass viele Fertiger keine ordentliche digitale Maschinenanbindung haben. Im Konsumbereich lief es andersherum: Plattformanbieter wie Amazon, Facebook (Meta), Google (Alphabet) und Co. schlagen aus den Daten ihrer Nutzer Kapital. Ihre Geschäftsmodelle gehen nach der Reihenfolge vor: Daten sammeln, Daten auswerten, Daten monetarisieren. Im Konsumbereich sind die Daten der Nutzer die Quelle der Wertschöpfung. Die dazu passende Web-Weisheit: „Ist etwas kostenlos für dich, bist du das Produkt.“ In der Industrie sind die Daten aus dem Shopfloor die Quelle für Wertschöpfung – semantisch und digital aufbereitete Informationen aus Maschinen, Sensoren und Werkereingaben. Erst Maschinenkonnektivität auf dem Shopfloor führt zum eigentlichen Asset von Industrieunternehmen, zum Schatz im Datensee.
Es wird vielerorts implementiert und analysiert – doch vermutlich oft ohne präzise und semantisch saubere Prozessdaten. Schämen braucht sich niemand dafür: Industrielle Fertigung ist komplex, jeder Bedarf ist unterschiedlich und nicht mit dem Konsumbereich zu vergleichen, wo die Bedürfnisse der Nutzer mit standardisierbaren Angeboten erfüllbar sind. Industrielle Fertigung darf nie ungeplant stillstehen, sonst drohen Umsatzeinbußen.
Jede Fabrik hat einen eigenen Mix an Maschinen und Anlagen. Industrielle Fertigung benötigt individuelle Software-Architekturen je Fertigungstyp und Produktvarianz. Jedes Unternehmen benötigt einen eigenen Fahrplan der digitalen Transformation – Strategie, Mitarbeiter, Maschinenanbindung, neue Systeme, neue Prozesse usw. Produktion ist kapitalintensiv: Anlagen müssen 10, 20, manchmal 30 Jahre laufen, damit sie sich rentieren.
Für Unternehmen bedeutet das alles: Sie sollten ihre digitale Reise in Etappen mit sinnhafter Schrittfolge planen. Wollen sie effizienter, resilienter und nachhaltiger wirtschaften, sollten sie die Maschinenkonnektivität und die dazugehörige Datensemantik ganz oben auf den Reiseplan setzen – und natürlich auf Hochleistungslösungen wie aus meinem Hause setzen. Dann kann die Anbindung an MES- und ERP-Lösungen folgen, damit diese Systeme mit tatsächlich echten Daten aus dem Shopfloor in Echtzeit arbeiten können.