Mein Weg in die SAP-Welt


Ihre Laufbahn ist vom Wandel gezeichnet. Sie haben Ihre Karriere in der Schweiz mit Studentenjobs wie Regalefüllen, Salatwaschen und Scheibenputzen gestartet. Heute sind Sie CEO von HR Campus, Goldpartner von SAP. Haben Sie Ihre Karriere geplant?
Marek Dutkiewicz: Nein, das habe ich nicht. Da ich aus Polen eingewandert bin, konnte ich nicht mit einem Ingenieurjob starten. Wenn man als ausländischer Student in ein neues Land kommt, muss man die Arbeit nehmen, die sich einem bietet.
Wie vollzog sich der Wandel vom polnischen Studenten zum SAP-HR-Spezialisten?
Dutkiewicz: Gestartet habe ich wie jeder andere. Meine Stärke war jedoch von Anfang an, Menschen zu beobachten. Mich hat fasziniert, wie die Schweizer ticken, wie sie denken und arbeiten. Und ich wollte wissen, wie die Wirtschaft in der Schweiz funktioniert und warum sie so stark ist.
Aus meinen Beobachtungen habe ich dann gelernt. Schließlich war es eine Mischung von dem, was ich von zu Hause mitgenommen habe, und meiner wachsenden Lebenserfahrung.
Sie haben mehrere Firmen gegründet. Weshalb hatten Sie mit HR Campus besonderen Erfolg?
Dutkiewicz: Wenn man ein Business startet, braucht man Glück, Partner und Freunde, die mithelfen. Den glücklichen Verlauf von HR Campus verdanke ich meinen guten Freunden Werner Schenker und Hendrik Friesecke, sie waren Mitgründer von HR Campus.
Wir haben von Anfang an ein gutes Händchen gehabt, was die Auswahl von Mitarbeitern betrifft. Zuvor bin ich im Geschäftsleben einige Male betrogen worden. Gott sei Dank war das bei HR Campus nie der Fall. Und was man nicht vergessen darf, ist die Unterstützung der eigenen Familie. Ich verdanke meiner Familie sehr viel.
Wo sind Sie das erste Mal mit SAP in Berührung gekommen?
Dutkiewicz: Bei Maag Zahnräder, das war vor etwa zwanzig Jahren. Maag war eine der ersten Firmen in der Schweiz, die sich für SAP entschieden haben, eine Firma mit 3.000 Mitarbeitern mit Fokus auf Maschinenbau. Damals war SAP noch mit der Programmiersprache Assembler geschrieben.
Was war Ihr erster Eindruck von der SAP-Welt?
Dutkiewicz: Ich war begeistert von SAP. Es war natürlich das erste Standardprogramm auf dem Markt. Das bedeutet, wir haben nicht individuell programmiert. Am meisten begeistert hat mich aber die F1-Taste.
Das war eigentlich eine Help-Taste, aber wenn man sie gedrückt hat, erschienen fantastische Witze. Ich habe mich schon am Morgen beim Zähneputzen auf die Witze von SAP gefreut.
Wie haben Sie im SAP-Bereich Fuß gefasst?
Dutkiewicz: Bei Maag Zahnräder war die Akzeptanz von SAP sehr groß, wir haben ein Rollout in der ganzen Firma gemacht. Auf dem Markt wurde zudem ersichtlich, dass SAP Zukunft ist. Danach wurde Maag Zahnräder verkauft.
Ich bin bei Nixdorf Computer gelandet und sie haben damals mehrere Millionen in SAP investiert. Die Idee war, dass wir in Europa der beste SAP-Provider auf dem Markt werden.
Welche Schwierigkeiten hatten Sie als Newcomer?
Dutkiewicz: Die größte Schwierigkeit war die Umstellung von der Individualprogrammierung zur Standardprogrammierung. Der User musste akzeptieren, dass die Programmierung nicht mehr individuell für ihn zugeschnitten war, sondern dass die Software einem betriebswirtschaftlichen Standard entsprach. Das löste viele Diskussionen aus. Meine Aufgabe war, den Leuten diesen Wandel auf eine gute Art beizubringen.
Wie haben Sie diese Transformation geschafft?
Dutkiewicz: Wir überspringen jetzt 15 Jahre. Ein weiter Sprung von der On-premise-Welt zur heutigen Cloud-Technologie. Die IT-Welt war von Beginn an von Wandel gezeichnet. Ich habe alle Transformationen bei SAP mitgemacht, von R/1, R/2, R/3, mySAP zur heutigen Cloud-Technologie.
An SAP hat mich immer fasziniert, wie sie im letzten Moment jede Transformation geschafft und schließlich als Sieger auf dem Markt agiert haben. Dieses vorausschauende Denken habe ich von SAP mitgenommen und bei HR Campus seit jeher gelebt.
Wie haben Sie dieses vorausschauende Denken konkret gelebt?
Dutkiewicz: Seit etwa acht Jahren setzen wir bei HR Campus besonders auf junge Menschen. Die jungen Menschen haben mit der Innovation mitgezogen, erstaunlicherweise hat aber die alte SAP-Garde rebelliert.
Wir mussten uns für einen Weg entscheiden und uns daher auch von einigen älteren Mitarbeitern trennen, die alte Denksysteme nicht loslassen wollten. Das war eine der schwierigsten Aufgaben in den letzten Jahren.
Woher nehmen Sie SAP-Talente? Wie rekrutieren Sie?
Dutkiewicz: Da gibt es verschiedene Wege. Aus unserer Erfahrung sind Hochschulabsolventen eine gute Quelle. Die sind in der Schweiz aber im HR-Bereich sehr rar, wir konzentrieren uns daher auf etwa vier Hochschulen.
Es bewerben sich aber auch vermehrt Kunden bei uns, die mit uns in Projekten zusammengearbeitet haben und von einem Nomadenleben träumen. Berater sind moderne Nomaden.
Was würden Sie einem Bewerber raten, der in die SAP-Welt einsteigen möchte?
Dutkiewicz: Das Wichtigste ist, authentisch zu sein. Man muss sich treu bleiben. Ein Bewerber darf sich nie verstellen, wenn er das macht und schließlich in einem Gebiet arbeiten muss, das ihm überhaupt nicht passt, wird er später sehr leiden.
Der Job des Recruiter ist, mit dem Bewerber zusammen herauszufinden, ob die Stelle passt oder nicht. Man sollte lieber absagen, wenn es nicht passt. Zweitens sollte man immer locker bleiben.
Wenn es hilft, kann man vor dem Gespräch fünfzig Liegestütze machen. Aber nicht verspannt sein, denn das merkt man. Und drittens sollte man immer ehrlich sein. Man muss zum Ausdruck bringen, wovon man träumt und welche eigenen Ideen man hat. Das ist das, wonach heute gesucht wird.
Und in der SAP-Welt? Gibt es da etwas, worauf man als Bewerber besonders achten muss?
Dutkiewicz: Diesen Unterschied gibt es nicht. Es kommt nicht darauf an, ob man sich bei Microsoft, Oracle oder SAP bewirbt. Firmen suchen immer Talente. Sie suchen Leute, die die Welt verändern und nach vorn treiben.
Es ist nicht wichtig, wo man arbeitet, sondern welche Aufgaben man bekommt und in welchem Team man arbeitet. Ich sehe in SAP nicht mehr als in einer anderen Welt. Es ist aber wichtig, dass wir in der SAP-Umgebung eine Umwelt schaffen, wo Leute mit Begeisterung dem Tag begegnen.
Die Informatikbranche entwickelt sich in einem unglaublichen Tempo. Kann man in so einer innovativen Umgebung überhaupt noch einen Unterschied machen?
Dutkiewicz: Es ist kein Geheimnis, dass vor allem bei uns in der IT-Welt das Tempo rasant ist. Das Tempo entsteht durch die Geschwindigkeit der Start-ups, sie bringen Innovation. Die großen Firmen, die Geld haben, kaufen Start-ups und fördern sie.
Ein kleiner Player hat also durchaus große Chancen, in der Informatikbranche einen Unterschied zu machen und Innovation voranzutreiben. Wenn ein Start-up wie SuccessFactors und Concur von einer Großfirma wie SAP gekauft wird, geschieht Transformation.
Man muss sich die Freiheit nehmen, die eigene Meinung zu sagen und Ideen zu entwickeln. Was man nicht machen sollte, ist den Kopf in den Sand zu stecken.
Macht HR Campus da einen Unterschied?
Dutkiewicz: Ja. Das ist das Geheimnis von erfolgreichen Unternehmen. Warum ist das Silicon Valley in den USA so erfolgreich? Weil die Meinung der Menschen gefragt ist und ihre Träume gefördert werden.
Und dieses Denken müssen wir in die europäische Businesswelt importieren. Es muss zugelassen werden, neue Gedanken und Ideen einzubringen. Das bedeutet, dass ein sehr hoher Grad von Entscheidungskompetenzen bejaht werden muss.
Auch junge Menschen müssen Verantwortung und Kompetenzen bekommen, um selbst zu entscheiden. Die Konsequenz daraus ist natürlich, dass man hinter dieser Entscheidung stehen und damit rechnen muss, dass eine von zehn Entscheidungen falsch getroffen wird.
Wir funktionieren wie ein Netzwerk. Man fragt nicht den Vorgesetzten, sondern den Kollegen, der kennt die Antwort meist besser als der Chef.
Warum entscheiden sich Menschen für eine Firma?
Dutkiewicz: Menschen wollen Spaß haben. Spaß hat man, wenn man gemeinsam wandern geht, wenn man mit Freunden grillt, wenn man auf Partys geht oder verrückte Dinge macht. Ideen entstehen auf dem Bierdeckel oder auf einer Serviette im Restaurant, und diese Plattform muss man den Menschen geben.