Mehr ALM, weniger Solution Manager?
Ausgehend davon, dass dieser Artikel in der SolMan-Kolumne erscheint, kennen Sie die Antwort bereits: Nein, es wird weitergehen. Dennoch ist die Frage legitim, ob sich der SolMan jetzt überhaupt noch lohnt. Denn der Solution Manager wurde in einer Zeit konzipiert, in der SAP-Projekte noch wenig agil oder mobil waren. S/4 Hana und die Cloud waren noch ferne Zukunft. Und auch die Idee, ein eigenes System für Application Lifecycle Management (ALM) vorhalten zu müssen, erscheint heutzutage angestaubt.
Dabei war und ist die Idee des SolMan genial: ein System für alle ALM-Aufgaben. Egal, ob Prozessdokumentation oder -modellierung, Testmanagement, Change Management, Monitoring oder vieles mehr. Alles aus einer Hand und voll integriert. Business und IT kommunizieren endlich miteinander. Wunderbar! Doch genau diese überbordende Vielfalt, gepaart mit nicht immer ganz optimalem Marketing und den berüchtigten Zwangsfunktionalitäten, hat über die Jahre viele SAP-Kunden abgeschreckt, dem SolMan eine Chance zu geben. Und ebenfalls seltsame Blüten getrieben. Denn wir kennen nicht wenige Unternehmen, die den SolMan ausschließlich in der SAP-Basis einsetzen. Oder – Skandal! – den Betrieb der Basisfunktionen in fremde Hände geben und sich damit den Zugang zu weiteren Funktionalitäten verwehren.
In unserer Beratungspraxis haben wir den SolMan nie als schwerfälligen Monolithen, sondern stets als Baukasten betrachtet. Soll der Reifegrad eines ALM-Prozesses im Unternehmen erhöht werden, schauen wir natürlich erst auf die Methodik und dann auf das Werkzeug. Sobald jedoch Werkzeuge ins Spiel kommen, ist der SolMan stets eine gute Wahl – nicht zuletzt, weil er optimal auf die SAP-Welt zugeschnitten und bereits im Unternehmen vorhanden ist. Damit kann ohne große Werkzeuginvestition ein einzelnes Thema gezielt pilotiert werden. Und das ohne die Notwendigkeit, gleich den ganzen SolMan nutzen zu müssen. Dabei ist keine Aufgabe zu klein oder zu groß.
Das Testmanagement eines mittelständischen Unternehmens von verstreuten Excel-Tabellen auf ein nachhaltiges Fundament heben, das mit jedem neuen Testlauf Aufwände reduziert? Einfach. Testaktivitäten eines globalen Medizingeräteherstellers mit vielen Tausend Testfällen über zwanzig Länder organisieren, einschließlich Tests von Cloud-Produkten, Signaturanforderungen, Testautomation? Spaziergang. Systemänderungen und Transporte fachlich und technisch sauber verwalten, gerne auch mit Git oder für Non-SAP-Systeme? Eine beliebte ChaRM-Offensive. Eigenentwicklungen verwalten und für S/4 fit machen? Tagesgeschäft. Oder gleich das ganze S/4-Projekt mit agilen Methoden und SAP Practices verwalten und umsetzen? Auch kein Ding. Geschäftsprozesse über (SAP-)Systemgrenzen hinweg monitoren und optimieren? Geht auch schon lange.
Der richtige Zeitpunkt, dem SolMan eine Chance zu geben, ist jetzt! Denn mit dem SolMan, der heute verfügbar ist (und vermutlich schon in Ihrem Unternehmen vorhanden), sind SAP-Kunden optimal für die „moderne“ SAP-Welt gewappnet. Unbeeindruckt von Trends und Hypes hat SAP den SolMan stets weiterentwickelt und für die Cloud, S/4 und für die Welt jenseits der SAP-Produkte fit gemacht. Nicht zuletzt dank Focused Solutions und Partnerprodukten lässt sich eine individuelle ALM-Strategie umsetzen.
Damit verliert auch das angekündigte Wartungsende 2027 seinen Schrecken. Sowohl in der ALM-Strategie der SAP wie auch bei unseren Kunden ist der SolMan zu stark verankert, zu deutlich sind seine Alleinstellungsmerkmale. Und wenn es 2027 plötzlich doch eine magische KI-Assistenz gibt, die sämtliche über Jahre etablierte Kundenprozesse und -Inhalte vom SolMan zu SAP Cloud ALM überführt, sind wir dabei. Denn dort ist das Konzept das gleiche – nur für eine andere Zielgruppe. Bis es jedoch so weit ist, können wir uns an den vielfältigen Möglichkeiten des SolMan, Partnerprodukten und Integrationen erfreuen. Und mehr über ALM und weniger über Werkzeuge reden.