Kompatible Nutzungsrechte
Conversion mit Verzögerung
Die gesamte S/4-Planung bei SAP kann mit dem Bild zusammengefasst werden: zwei Schritte nach vorn, einer zurück. Was 2015 bei der S/4-Präsentation in New York nach einem weiteren Releasewechsel aussah und als On-prem-Projekt vorgestellt wurde, mutierte später zu einem Hybrid-Cloud-, First-Cloud- sowie dann zu einem Cloud-only-Vorhaben. Die S/4-Conversion ist eine Roadmap voller Hindernisse, Einbahnen und Verzweigungen.
Bedingt durch das Fehlen einer klaren Strategie für den Releasewechsel von der SAP Business Suite 7 auf S/4 Hana entstand die Idee eines Workarounds mit dem Namen Compatibility Scope. Damit Suite-7-Prozesse auch in einer S/4-Umgebung zum Laufen kommen, braucht der SAP-Bestandskunde sogenannte Compatibility Packs.
Überraschenderweise funktionierte der Compatibility Scope gut und war stabil, sodass er auch breitflächig in der SAP-Community eingesetzt wurde. Nun die große Überraschung: SAP customers were informed that the usage rights for Compatibility Scope will expire on December 31, 2025 based upon board decision. […] SAP is neither currently planning to use programmed dumps or blocks nor to delete code or transactions on short notice. However, SAP strongly recommends that customers check their Compatibility Scope usage well in advance to start their transition on time and to plan accordingly.
Können, müssen, sollen und dürfen
Unabhängig von der S/4-Version dürfen Kunden nach 2025 keine Compatibility-Scope-Funktionalität mehr nutzen. SAP ist überzeugt, dass sich die Kunden an die bestehenden vertraglichen Verpflichtungen halten werden, schreibt SAP-Mitarbeiterin Anja Wilde in ihrem Blog.
Es gibt naturgemäß Bestandskunden, die bestimmte SAP-Komponenten, die nicht mehr gewartet werden, weiterhin nutzen und das Risiko in Kauf nehmen, dass sie, wenn etwas schiefgeht, keinen Support von SAP erhalten. „Für die Kunden, die bereit sind, das Risiko einzugehen, dass sie keinen Support oder keine Wartung erhalten, stellt sich die Frage, was das Ende der Nutzungsrechte bedeutet, da SAP darauf hingewiesen hat, dass Ende der Nutzungsrechte nicht bedeutet, dass die Objekte und Artefakte, die unter das Kompatibilitätspaket fallen, gelöscht werden“, fragt etwa SAP-Anwender Shirley Te.
Daraus ergeben sich für Shirley Te nun folgende weitere Fragen:
- Bedeutet es, dass in der S/4-Version zum Ende 2025 plötzlich ein Flag gesetzt wird, sodass die Benutzer keine der vom Kompatibilitätspaket abgedeckten Transaktionen mehr ausführen können?
- Bedeutet dies, dass die Benutzer die Kompatibilitätspakete weiterhin nutzen können, SAP aber in der Lage sein wird, Kunden zu überprüfen, die die von den Kompatibilitätspaketen abgedeckten Transaktionen weiterhin nutzen?
- Wird der Kunde aufgefordert, eine Lizenz oder Gebühr für ein Produkt zu zahlen, das nicht mehr unterstützt wird?
- Bedeutet es, dass sich die Artefakte nach 2025 geändert haben könnten und dass die Transaktionen, die die Artefakte aus den Kompatibilitätspaketen vor 2025 verwenden, nicht mehr funktionieren?
S/4 jenseits von Cloud Computing
Die Diskussion zum Thema Compatibility Scope sowie nachgelagerte Geschäftsprozesse zeigt, dass die SAP-Bestandskunden andere Herausforderungen kennen, als SAP mit einer Cloud-only-Diskussion provoziert. Das sehr nahe Ende des Compatibility Scope ist beunruhigend, weil es sich nicht technisch lösen lässt. Der Compatibility Scope ist eine organisatorische und lizenzrechtliche Herausforderung. Nun wäre es an der Zeit, dass der Anwenderverein DSAG aktiv wird und eine Entscheidungsgrundlage für die SAP-Community schafft.