Historische ERP-Daten: vereinfachen, automatisieren und Geld sparen
Die digitale Transformation verlangt in den verschiedensten Märkten und Branchen nach intelligenten Antworten, die trotz der Unsicherheit, unter der Unternehmenslenker heute Entscheidungen treffen müssen, zu langfristig tragfähigen Lösungen führen.
Dies gilt umso mehr, als im Nachgang der Coronakrise mit tiefgreifenden Umstrukturierungen in vielen Unternehmen zu rechnen ist. Zu- und Verkäufe, Fusionen, Aufspaltungen, Zusammenlegung und Auflösung von Geschäftsbereichen etc. werden auf der Tagesordnung der Manager stehen, um die Folgen der Krise erfolgreich zu meistern.
Hinzu kommt: Die Unternehmen müssen Geld sparen, und zwar kurzfristig. IT-Projekte, die das ermöglichen, müssen jedoch im Einklang mit den langfristigen Strategien und Maßnahmen stehen.
Der wahre Unternehmenswert spielt sowohl kurzfristig wie langfristig eine entscheidende Rolle. Je höher er liegt, umso stärker die Verhandlungsposition und umso größer die Handlungsmöglichkeiten. Zu einem wesentlichen Teil liegt dieser Wert in den Daten und Dokumenten der Unternehmen.
Kein Wunder also, dass namhafte Analystenhäuser immer stärker die Bedeutung von Informationen betonen, um Unternehmen agiler zu machen und damit ihren Wert zu steigern.
Dabei verstehen sie unter Informationen insbesondere sogenannte X- und O-Daten, also Transaktionsdaten aus dem operativen Betrieb (O-Daten) und alle Daten rund um die Nutzererfahrung (X-Daten, wobei X für Experience steht). Betrachtet man die erfolgreichen datengestützten Geschäftsmodelle von Onlineanbietern, so ist die Konzentration auf X- und O-Daten nur folgerichtig.
Internetanbieter sind jedoch im Vergleich zu Unternehmen klassischer Branchen wie Maschinen- und Anlagenbau, Automobil oder Textilindustrie immer noch jugendliche Newcomer.
Das erklärt gewiss zu einem Gutteil, warum X- und O-Daten aktuell eine so prominente Stellung einnehmen. Das Wissen jedoch, wie man Fahrzeuge effizient und mit gleichbleibend hoher Qualität baut, ist älter als das Design eines Elektroautos und der entsprechenden Steuerungssoftware.
Der menschliche Körper, seine Größe und Maße unterliegen nicht derselben Veränderbarkeit wie der Zuschauergeschmack bei Serien und Filmen. Deshalb gehören Schnittmuster etwa aus den 1950er-Jahren immer noch zum wertvollen geistigen Eigentum eines Textilunternehmens.
Maschinen und Anlagen haben einen Lebenszyklus von mehreren Jahrzehnten, sodass nicht nur Baupläne, sondern auch Wartungsberichte über diesen Zeitraum wertvolle Erkenntnisse bereithalten.
Diese können einen großen Dienst bei der Entwicklung künftiger Produkte leisten, auch wenn der Softwareanteil daran in Zukunft ungleich größer sein wird. Schließlich verfügen auch Branchen wie Banken und Versicherungen oder der Gesundheitssektor, die zurzeit ganz besonders von der Digitalisierung herausgefordert werden, über einen immensen Schatz in ihren historischen Daten, die sie schon aus rechtlichen Gründen für viele Jahrzehnte aufbewahren müssen.
Diesen Schatz zu heben dürfte wertvolle Antworten auf die digitalen Herausforderungen von heute liefern. Es ist also der Gesamtbestand an Informationen, der aktuellen ebenso wie der historischen, der den wahren Wert eines Unternehmens ausmacht und ihn mehrt.
Digital trifft auf real
Hier die Lehren aus den noch jungen Onlinegeschäftsmodellen, dort das Erfahrungswissen aus jahrzehntelanger Geschäftstätigkeit. Hier der Fokus auf kurzfristige Veränderungen, dort der langfristige Wert über viele Jahrzehnte erworbenen geistigen Eigentums.
Was wie ein Gegensatz aussieht und bis vor wenigen Jahren wohl auch einer war, geht im Zuge der digitalen Transformation in ein Miteinander über. Neben den bewährten Bauplänen tragen in Zukunft immer mehr Daten aus den Maschinen und Anlagen zur Wertschöpfung bei.
Analysen, die auf Veränderungen im Konsumentengeschmack hindeuten, erlauben Textilunternehmen, sich schneller und zielgruppengenauer an neue Trends anzupassen und diese sogar zu steuern. Automobilbauer können mit ihrem bewährten Prozess- und Produktionswissen wieder zum Innovationsmotor werden, wenn sie die Möglichkeiten der Digitalisierung voll ausschöpfen.
Das Wissen aus einer teilweise mehrere Generationen umfassenden Kundenhistorie kann Banken und Versicherungen den notwendigen Vorsprung beim Design personalisierter digitaler Angebote verschaffen. Die digitale Transformation bewirkt allerorten, dass digital auf real und Historie auf Zeitgeist triff.
Das intelligente Unternehmen der Zukunft konzentriert sich deshalb nicht nur auf die X- und O-Daten, sondern auch auf die historischen, die H-Daten.
Für die IT-Abteilungen der Unternehmen ist dieses Zusammenführen von X-, O- und H-Daten und ihre gemeinsame Nutzbarmachung eine Herausforderung. Sie alle sind, insbesondere jedoch die H-Daten, auf viele verschiedene und zum Teil sehr alte Systeme verteilt.
Und allein ihre Menge steht einer höheren Agilität der Unternehmen im Weg. Typischerweise macht der Anteil der Unternehmensinformationen, die schon aus rechtlichen Gründen nicht mehr verändert werden dürfen, in den Live-Systemen 80 bis 95 Prozent des Gesamtvolumens aus.
Separieren, automatisieren, sparen
Damit die Historie aus einer IT-Altlast zu einer Quelle höherer Wertschöpfung wird, gilt es, die X- und O-Daten von den H-Daten zu trennen und den Lebenszyklus der historischen Informationen separat auf einer eigenen Plattform zu managen.
Dieser Ansatz hat zahlreiche Vorteile: Bereits kurzfristig stellen sich deutliche Kostenersparnisse ein, weil die Legacy-Systeme nach der Trennung und Auslagerung der Informationen komplett stillgelegt werden können.
Dadurch lassen sich die Betriebskosten im Vergleich zum Weiterbetrieb der Altsysteme in der Regel um 80 Prozent senken. Idealerweise sind dafür keine Vorabinvestitionen notwendig, wenn sich die Plattform und ihre Funktionalitäten wie im Cloud-Zeitalter üblich als Service abonnieren lassen.
Zudem erlaubt diese Übernahme von Altinformationen – inklusive des Geschäftskontexts, in dem sie einmal entstanden sind –, den Anteil der Daten und Dokumente, die in den operativen Systemen übernommen werden müssen, drastisch zu reduzieren. Im Kontext einer Transformation auf SAP S/4 Hana zum Beispiel lässt sich so der Aufwand bei der Datenmigration im Allgemeinen halbieren.
Darüber hinaus aber geht dieser kurzfristige Effekt in langfristige Vorteile über: Zum einen lassen sich historische Informationen regelmäßig auf eine separate Plattform für Informationsmanagement überspielen.
Nicht nur aus Systemen, die stillgelegt werden sollen, sondern auch aus den operativen Lösungen. Diese bleiben dadurch auf Dauer schlank und agil – und erfordern keine kontinuierliche Ressourcenerweiterung.
Die Gesamtbetriebskosten (TCO) einer neuen S/4-Umgebung um 25 Prozent zu senken ist vor diesem Hintergrund kein frommer Wunsch, sondern eine realistische Schätzung.
Zum anderen wirkt sich dieser Ansatz auch in anderen Szenarien auf Dauer positiv aus. Unternehmen können ihre heterogenen System- und Applikationslandschaften, ja sogar ganze IT-Standorte harmonisieren und konsolidieren.
Haben sie Tochterfirmen oder Geschäftsbereiche verkauft, können sie deren Daten schnell und vollständig selektieren und in einem modernen Format an den Käufer übergeben. Außerdem erhöhen die Unternehmen mit diesem Ansatz den Schutz ihres geistigen Eigentums und mindern oder beseitigen rechtliche Risiken.
Die Anforderungen aktueller und neuer gesetzlicher Vorschriften wie der EU-DSGVO oder anderer Regularien, die ein lückenloses Managen des Lebenszyklus auch der historischen Informationen verlangen, lassen sich dank eines integrierten Retention Management erfüllen.
Zudem bleiben die historischen Informationen und ihr Geschäftskontext trotz der Aufbewahrung auf einer separaten Plattform zu 100 Prozent im Zugriff. Fachanwender haben dadurch eine vollständige Sicht zum Beispiel auf Kunden und Lieferanten. Unternehmen können jederzeit gegenüber der internen Revision oder bei externen Prüfungen ihrer Nachweis- und Auskunftspflicht genügen.
Schließlich bildet eine solche Plattform die Voraussetzung für Big-Data-Szenarien jeder Art. Denn mit ihrer Hilfe lassen sich Altdaten vor der revisionssicheren Auslagerung und Speicherung bereinigen und optimieren.
Dubletten lassen sich löschen und unvollständige Datensätze durch Informationen aus anderen Quellen ergänzen und anreichern. Das ist entscheidend, damit die Verheißungen datengestützter Geschäftsprozesse und -modelle wahr werden.
Entscheidungen, die auf der Basis von Datenanalysen fallen, sind nur so gut wie die Qualität der Daten selbst. Das gilt umso mehr in Szenarien, in denen Massendaten anfallen. Und diese werden in Zukunft Standard sein.
Einfachheit statt Komplexität
Automatisierung ist der Schlüssel, die Komplexität zu senken: Komplexität, die durch die Heterogenität der Applikations- und Systemlandschaft entsteht. Komplexität, die das Resultat zu großer Informationsmengen in den operativen Lösungen ist.
Komplexität, die aufgrund mangelhafter Datenqualität aufwändige Nachbesserungen erforderlich macht. Komplexität, die sich in Migrations- und Transformationsprojekten nur durch zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen beherrschen lässt.
Die Spezialisierung auf das Management des Lebenszyklus von historischen Informationen und die richtigen Verbindungen einer dafür geeigneten Plattform zu den operativen Systemen schaffen die Voraussetzung für diese Automatisierung.
Gleichzeitig ist sie der Schlüssel, der das Tor zur Schatzkammer der Unternehmen öffnet – zu den aktuellen wie den historischen Informationen – und unabhängig von ihrer Branchenzugehörigkeit die damit verbundenen Kosten massiv senkt.
Denn in den Informationen liegt der gegenwärtige wie der künftige Wert eines Unternehmens – eine Erkenntnis, die ihre Ursache nicht in der gegenwärtigen Krise hat, zu deren Bewältigung aber einen entscheidenden Beitrag leisten kann.