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Geschäftsprozesse absichern und steuern

Komplexe Prozesse abzusichern und zu steuern ist für Unternehmen heute eine zentrale Aufgabe. SAP stellt einige Tools bereit, die – richtig kombiniert – die technische Basis dafür sein können.
Stefan Westhäußer, MHP
1. Oktober 2016
[shutterstock.com:575447704, TETIANA SUKHORUKOVA]
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Order to Cash

Order to Cash (OTC) zählte immer schon zu den komplexeren Geschäftsprozessen. Das deshalb, weil OTC als einer von drei End-to-End-Prozessen eine ganze Reihe von Funktionen und Schnittstellen integriert.

Hinzu kommt, dass beim OTC-Prozess anders als bei „Demand to Supply“ und „Purchase to Pay“ die Endkunden – und damit nicht professionelle Stakeholder – eine zentrale Rolle spielen.

Sie bestellen ein Produkt (Order) und veranlassen die Zahlung (Cash).

Und natürlich erwarten sie nicht nur die Lieferung der bestellten Ware in der erwünschten Qualität und zum vereinbarten Zeitpunkt. Sie stellen auch hohe Ansprüche an den Service und wünschen sich eine stetige Kommunikation.

Westhaussler

Unternehmen unterstützen den OTC-Prozess seit Anfang der 1990er-Jahre mithilfe von IT-Systemen, häufig stammen diese von SAP.

Nachdem sich daran grundsätzlich lange Zeit nichts änderte, hat sich im Zuge der Digitalisierung eine neue Dynamik entfaltet: Der Prozess selbst und die IT-Unterstützung sind noch komplexer geworden.

Das liegt zum einen daran, dass immer mehr Dokumente, die seit eh und je entlang des Prozesses entstanden sind, elektronisch erstellt und übermittelt werden – Bestellscheine, Lieferscheine oder Rechnungen.

Zum anderen sind neue Ausprägungen der bekannten Einzelschritte hinzugekommen. So ist etwa die Bestellung über das Internet mehr oder weniger Standard – häufig verbunden mit ausgeklügelten Rabattaktionen oder vielfältigen Konfigurationsmöglichkeiten.

Der Liefertermin wird nicht mehr einfach nur telefonisch mitgeteilt. Kunden können in den meisten Fällen den Status einer Sendung online verfolgen.

Bei anderen EDI-unterstützten Geschäftsprozessen lässt sich Vergleichbares beobachten.

Und: Angesichts der vielen Industrie-4.0-Szenarien warten noch zahlreiche weitere Prozesse in der Digitalisierungspipeline.

Für die Unternehmen ist die Zunahme an Komplexität sämtlicher Geschäftsprozesse – nicht nur des OTC-Prozesses – ein zweischneidiges Schwert.

Denn deren Digitalisierung bringt zwar einen erheblichen Effizienzgewinn mit sich; abgesehen davon, dass der Verzicht in vielerlei Hinsicht die Beziehung zu den Kunden gefährden kann.

Fragile Prozesse

Gleichzeitig sind die Prozesse aber auch deutlich fragiler geworden. Wo immer mehr automatisch ineinandergreifen soll, kann einfach auch mehr schiefgehen. Insofern ist es ein dankbarer Umstand, dass mit der steigenden IT-Durchdringungen auch die Menge an Informationen zum Prozess wächst und damit – zumindest potenziell – auch die Möglichkeiten zunehmen zu überwachen, zu bewerten und zu steuern.

Für diesen Trend, also Geschäftsprozesse systematisch abzusichern und zu verwalten, hat sich in den letzten Jahren die Bezeichnung „Intelligentes Geschäftsprozessmanagement“ beziehungsweise „Intelligent Business Process Management“ etabliert.

Das Konzept geht über das bekannte Geschäftsprozessmanagement hinaus, weil es Abläufe eben nicht nur modelliert, implementiert und die Performance zyklisch überprüft, sondern zudem in Echtzeit fachliche Auskunft über die aktuelle Situation gibt.

Unternehmen, die ein solches Monitoring bei sich realisieren wollen, sollten in einem iterativen Vorgehen eine Reihe von Aufgaben abarbeiten:

Datenbasis: Zunächst gilt es, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, welche Daten grundsätzlich zur Verfügung stehen, um Geschäftsprozesse zu bewerten.  Mögliche KPIs im Hinterkopf zu haben ist dabei hilfreich.Als Daten eignen sich zum einen Informationen, die im Zuge des elektronischen Datenaustauschs entstehen, weil sie per se eine Statusänderung dokumentieren: Die Bestellung wurde vom Kunden abgeschickt, ist im SAP-System des Unternehmens angekommen und wurde integriert.Zum anderen kommen Daten infrage, die mittlerweile die zahlreichen Sensoren in den Unternehmen erzeugen: Das bestellte Produkt hat das RFID-Gate nach Endmontage passiert und steht nun zur Kommissionierung bereit.

KPIs: Die beste Datenbasis nutzt gar nichts, wenn das Erkenntnisinteresse nicht klar definiert ist. Daher müssen KPIs identifiziert und mit Soll-Werten versehen werden.Für den OTC-Prozess im Automotive-Umfeld gehören Zeitspannen zu den gebräuchlichsten Kennzahlen. Dies könnte zum Beispiel die Zeit sein, die zur Versorgung mit entsprechenden Teilen benötigt wird.Ist die Bestellung eingeplant, dann gilt es, die Fertigstellung abzusichern. Bestellungen an Lieferanten müssen fristgerecht übermittelt, der Eingang der Ware muss kontrolliert werden.

Denn nur dann ist die Produktion rechtzeitig nach Plan fertig und ist eine fristgerechte Rechnungsstellung möglich.Ein wichtiger KPI ist auch die Zeit zwischen der Buchung des Warenausgangs im SAP-System und der Erstellung der Rechnung – wegen der unmittelbaren Auswirkung auf den Cashflow ist der Indikator häufig eine Zielvereinbarung im OTC-Management.Einen besonderen Wert haben in diesem Zusammenhang Predictive-Kennzahlen, die den weiteren Prozessfortschritt prognostizieren. So ließe sich zum Beispiel schon frühzeitig erkennen, dass beim bestellten Auto bislang zwar alles wie geplant läuft, der beabsichtigte Fertigungszeitpunkt aber nicht eingehalten werden kann, weil andere Aufträge zu langsam bearbeitet wurden. Voraussetzung ist hier die performante Auswertung einer großen Datenbasis.

Modellierung: Wie üblich muss der Geschäftsprozess modelliert werden. Das findet zwar bereits in sehr vielen Unternehmen statt, allerdings bestehen oft Lücken bei der Abbildung der technologischen Unterstützung beziehungsweise der technologischen Umsetzung – hier geht es zum Beispiel um die EDI-Prozesse.Hinzu kommt – anders als bislang –, dass die einzelnen Prozessschritte mit den KPIs und den erforderlichen Datenquellen logisch verknüpft werden müssen.

Technologische Umsetzung: Zu einer vollständigen technologischen Umsetzung gehört, dass ein initiierter Prozess automatisch die für die Überwachung benötigten Informationen anfordert und auswertet.Falls Soll-Werte über- beziehungsweise unterschritten werden, muss das System den jeweils verantwortlichen Mitarbeiter – wer das ist, hängt vom aktuellen Status des Geschäftsprozesses ab – benachrichtigen.Gerade diese IT-seitige Umsetzung stellt die Unternehmen vor größere Herausforderungen.Der Grund: Es müssen Bereiche zusammengebracht werden, die dafür eigentlich nie vorgesehen waren. Das gilt auch, wenn hauptsächlich SAP-Systeme im Einsatz sind.

EDI-Infrastruktur nutzen

Nach unserer Erfahrung bietet es sich an, die bestehende EDI-Infrastruktur als Ausgangspunkt für den Aufbau eines intelligenten Geschäftsprozessmanagements zu nutzen. Sie eignet sich als Quelle zum einen deshalb, weil durch die Übergabe von elektronischen Dokumenten ohnehin Informationen entstehen, die Auskunft über den Fortschritt des Geschäftsprozess geben – und das End-to-End.

Zum anderen existieren in den meisten Unternehmen bereits Strukturen, die es erleichtern, die Daten zu sammeln, zusammenzuführen und auszuwerten. Neben den EDI-Daten lassen sich dann sukzessive weitere Informationen aus unterschiedlichen Quellen hinzufügen. Um die also grundsätzlich in jedem Unternehmen bereits vorhandenen Daten für das Intelligent Business Process Management nutzbar zu machen, bietet SAP einige Tools, die richtig kombiniert gute Ergebnisse liefern.

Sybase PowerDesigner (SAP PD): Seit einiger Zeit werden von Unternehmen zur Abbildung existierender oder neuer Prozesse Anwendungen wie Aris Enterprise Architecture eingesetzt.

Durch eine einheitliche, meist grafische Notation können „Nicht-IT-Experten“ Prozesse, Datenmodelle, Schnittstellen und vieles mehr entwerfen und dokumentieren. Die Darstellung von Abläufen und Prozessen ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg der Digitalisierung – gerade auch mit Blick auf die Wartbarkeit.

Denkt man den Ansatz der digitalen Transformation weiter, dann entstehen aus vielen dieser Prozessschritte Schnittstellen und Nachrichten, die wiederum ausgetauscht, gesteuert und überwacht werden müssen. Hier setzt der SAP Sybase PowerDesigner an. Er bietet eine komfortable, duale Inte­gration in die anderen SAP-Komponenten. Das geht über eine reine Daten-Schnittstelle hinaus. Der Ausspruch, dass zusammenwächst, was zusammengehört, wird dadurch endlich erfüllt.

SAP Process Integration (PI) übernimmt als Middleware-Komponente von SAP Process Orchestration (SAP PO) den Datenaustausch zwischen SAP und den Nicht-SAP-Datenquellen (EAI) beziehungsweise den externen Systemen der Geschäftspartner (EDI).

Waren hier bisher etablierte Softwareanbieter wie Seeburger und Axway (ehemals bekannt als ACTIS) tonangebend, hat sich SAP mit den neuen Versionen und besonders durch die Möglichkeiten einer einfachen, aber doch tiefen Integration in existierende SAP-Landschaften nicht nur einen Namen gemacht, sondern eine bedeutende Stellung eingenommen.

Der Bereich ist inzwischen gut ausgebaut und meist in den Gesamtprozess involviert. Betrachtet man einen gesamten Prozessablauf, dann werden an verschiedenen Stationen EDI-Nachrichten ausgetauscht oder in ein anderes Sub-System – zum Beispiel eine Fertigungssteuerung – integriert. Technisches Acknowledgement oder Statusmeldungen sind hier üblich und können daher genutzt werden. Sind Teilschritte nicht überwacht, können diese einfach implementiert werden – gewohntes Terrain.

Mit SAP Business Process Management (BPM) lassen sich die Geschäftsprozesse nicht nur modellieren, sondern auch steuern und mit Leben füllen. So findet ein Übergang zwischen Papier oder Charts und einer exekutiven Schicht statt.

Als Notation wird der allgemeine Standard BPMN 2.0 verwendet, der bei Bedarf durch eigene SAP-Bestandteile ergänzt werden kann. Durch Import-Funktionen können auch andere Modellierungsumgebungen angebunden werden. Eine Anbindung an das Enterprise Service Repository ist sinnvoll, um eine automatische Integration in die weiteren Systeme zu ermöglichen.

Nicht nur SAP-Systeme

Inte­ressant ist in diesem Zusammenhang die weitverbreitete, aber falsche Annahme, dass hier nur SAP-Systeme oder SAP PO angebunden werden können. Denn durch die offene Gestaltung der Schnittstellen im Umsetzungsprojekt lassen sich auch die beschriebenen EDI-Systeme wie Seeburger und Axway (ACTIS) als Datenlieferant nutzen.

Ein großer Vorteil bei SAP BPM ist wie bei der Middleware die tiefe Integration in andere SAP-Produkte und Cloud-Lösungen. SAP Operational Process Intelligence (OPINT) kann auf den ersten Blick nur schwer von BPM unterschieden werden. Schließlich arbeiten beide mit modellierten Prozessbildern und bieten Benachrichtigungs- und Kontrollfunktionen.

Ist das Ziel jedoch bei BPM die Automatisierung und Steuerung von Abläufen, fördert OPINT eher eine auf das aktuelle und prädiktive Management ausgerichtete Arbeitsweise.

Während Messungen und vorausschauende Funktionen in BPM erst entwickelt werden müssen, sind sie mit OPINT konfigurierbar und stehen in einer überblickenden Managementsicht zur Verfügung. Beide SAP-Komponenten können eskalieren und benachrichtigen, beide Komponenten verwenden hierzu dieselben Tools und beide Komponenten ergänzen sich perfekt.

OPINT wird erst richtig performant durch die Zusammenführung verschiedener BPM-Prozesse zu einem Ablauf, durch die einfache Integration von Drittsystemen und durch die direkte Einbindung von Status-Informationen zu SAP-Objekten.

Auch wenn SAP alle erforderlichen technologischen Komponenten bereitstellt, bleibt die Umsetzung eines intelligenten Geschäftsprozessmanagements für viele Anwender schwierig beziehungsweise sehr aufwändig.

Das liegt daran, dass die Komponenten hoch integriert sind und sehr viele Möglichkeiten bieten – das ist zwar mit Blick auf die Leistungsfähigkeit ein Pluspunkt, stellt aber beim Einstieg auch eine Hürde dar.

Aus diesem Grund hat MHP das Add-on Business Process Visualizer entwickelt, das Teil der MHP Business Solution EDI Solution ist. Das Add-on stellt den Unternehmen für eine Auswahl von verbreiteten Geschäftsprozessen – z. B. Order to Cash – eine Reihe von vorgefertigten Templates und sinnvollen KPIs zur Verfügung.

Eine Art Kickstarter für EDI deluxe – wenn man so möchte.

https://e3mag.com/partners/mieschke-hofmann-und-partner-mhp-a-porsche-company/
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Stefan Westhäußer, MHP

Stefan Westhäußer ist Manager bei MHP.


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