Embrace – Ich hab dich lieb!
Seit jeher ist es schwierig, mit SAP gemeinsam Geschäfte zu machen. Das Teilen war nie die Sache von SAP. Naturgemäß sind viele Berater und Partner durch SAP reich geworden.
Im Rahmen eines gemeinsamen Auftretens zeigt SAP aber bis heute sehr eigenwillige Vorstellungen vom gerechten Teilen, das war unter Ex-CEO Professor Henning Kagermann bis zu Ex-CEO Bill McDermott so.
Nun gibt es das Programm „Embrace“. Nun sollen sich alle liebhaben und fair teilen. Das übergeordnete Ziel heißt „Cloud Computing“. SAP will den Anschein erwecken, dass es nebensächlich wäre, in welche Cloud der geneigte Bestandskunde seine On-premises-Installation schiebt. So viel Uneigennützigkeit aus Walldorf?
Divide et impera, das mag vielleicht jemandem beim Betrachten der Illustration in den Sinn kommen – aber dieses „Teile und herrsche“ ist ganz anders gemeint! Und das versteht SAP seit vielen Jahren ganz hervorragend.
Was sagt Wikipedia?
„Divide et impera ist eine Redewendung; sie empfiehlt, eine zu besiegende oder zu beherrschende Gruppe in Untergruppen mit einander widerstrebenden Interessen aufzuspalten. Dadurch soll erreicht werden, dass die Teilgruppen sich gegeneinander wenden, statt sich als Gruppe vereint gegen den gemeinsamen Feind zu stellen.“
Mit „Embrace“ umarmt SAP nicht nur seine Freunde, sondern vergibt auch ganz unterschiedliche Liebesbeweise, sodass letztendlich eine heterogene Szene entsteht: Auf der SAP TechEd feierte man mit AWS eine elfjährige Partnerschaft; den eigenen Cloud-Vorstand, Rob Enslin, lässt man zu Google ziehen; mit Microsoft schließt man ein 70 Millionen US-Dollar schweres Cloud- Lizenzabkommen.
Die öffentliche Partnerschaft war bei SAP immer ein anderer Ansatz als das operative Teilen im Hintergrund. Und diese Teilungsmechanismen sind nicht auf das Cloud Computing beschränkt – siehe indirekte Nutzung: Jahrelang motivierte SAP ihre Partner und Bestandskunden, eigene Add-ons und Abap-Modifikationen zu customizen.
Als das Volumen groß genug war, holte SAP die Keule „indirekte Nutzung“ aus dem Sack. Die Bestandskunden durften ihre Add-ons behalten, wenn ein großes Stück Lizenzzahlungen an SAP ging.
Ähnliches zeichnet sich bei „Embrace“ ab: Nachdem man mit dem harmlos klingenden Programm die großen Hyperscaler für Hana und S/4 begeistert hat, kommt SAP mit eigenen Cloud-Ideen auf den Markt, die Partner und Bestandskunden verunsichern.
Es scheint, als wäre „Embrace“ ein Marketingprogramm für die Cloud, das von den SAP-Partnern finanziert wird, während SAP versucht, das wahre Geschäft im nächsten Schritt für sich allein zu realisieren.