Der KI – Zug rollt
Wie sehen Sie die aktuellen Entwicklungen beim Machine Learning?
Prof. Peter Lehmann: Das Thema Machine Learning und künstliche Intelligenz (KI) gibt es schon seit den 60er/70er-Jahren.
Doch niemals waren die Voraussetzungen so gut wie jetzt.
Erstens: Wir haben User Interfaces, die jeder Anwender bedienen kann. Ich brauche also kein Programmierer zu sein, um Machine Learning zu betreiben.
Zweitens: Es steht die technische Infrastruktur, die skaliert, zur Verfügung, Algorithmen kommen aus der Cloud und auch die Lizenzen sowie die Maschinen stehen bereit. Es war also noch nie so einfach, Cloud Computing oder Software-as-a-Service zu nutzen.
Drittens: Ich habe den Handlungsdruck, mich des Themas Prediction annehmen zu müssen, weil mein Wettbewerber es macht, gerade wenn ich als Unternehmen international tätig bin.
Speziell Asien, die USA und Großbritannien sind hier deutlich weiter. Spätestens wenn mein Mitbewerber Fortschritte aufgrund von Predictive Analytics macht und sich besser auf seine Kunden einstellt, spätestens dann bin ich gezwungen, aktiv zu werden.
Was hindert deutsche Unternehmen dann, aktiv zu werden?
Lehmann: Die notwendigen Skills fehlen. Es fehlen also jene Leute, die tatsächlich die Infrastruktur aufsetzen können.
Ich glaube, in den nächsten drei Jahren wird es dann aber wirklich losgehen. Die großen Hersteller sind alle schon unterwegs.
Auf welchem Level werden Entscheidungen aufgrund von künstlicher Intelligenz gefällt?
Lehmann: Ich glaube, das wird sich vor allem bei der Entwicklung neuer Geschäftsfelder durchsetzen oder bei der Anpassung und Entwicklung neuer Produkte, bis hin zum Finden und Penetrieren ausgewählter Märkte.
Braucht es dann noch das Bauchgefühl oder die menschliche Intuition?
Lehmann: Es braucht das Bauchgefühl, um die gefundenen Ergebnisse zu verifizieren – das muss also noch durch den Menschen erfolgen. Es ist ganz erstaunlich, wie viele Entscheidungen aufgrund des Bauchgefühls getroffen werden.
Das Schwierige ist, sogenannte Fuzzy-Entscheidungen zu treffen. US-Präsident Obama hat mal gesagt: I only have shitty options, und das Schlechteste ist, nichts zu tun.
Also die Entscheidung, sich für die beste unter schlechten Wahlmöglichkeiten zu entscheiden, das ist sehr schwierig – und genau hier braucht es noch das Bauchgefühl.
Vor welchen Herausforderungen stehen Unternehmen aktuell noch, wenn sie Big-Data-Projekte umsetzen wollen?
Lehmann: Bei Big Data geht es primär nicht darum, viele Daten zu verarbeiten. Das können die traditionellen und etablierten Datenbanken inzwischen auch.
Bei Big Data geht es darum, Daten mit unterschiedlichen Formaten, wie Bilder, Videos, Texte, Audio, auswertbar und somit nutzbar zu machen.
Beispielsweise: Hat der Kunde, der sich gerade stimmlich durch das Call-Center-Menü gemüht hat, gute oder schlechte Laune?
Um den Kunden zu halten, wäre es jetzt vielleicht besser, eine männliche oder weibliche und geschulte Stimme zu nutzen, um den Anruf entgegenzunehmen. Wenn man sich also mit Big Data beschäftigt, dann muss auch klar sein, welchen Nutzen man damit bezwecken will.
Welche Rolle spielt SAP mit Hana bei dem Thema KI und Machine Learning?
Lehmann: Eine große Rolle. Also ich denke, dass SAP die bestehende Basis penetrieren wird. Das ist ihr Geschäft, von dem sie leben.
SAP ist sehr mächtig und hat sehr viel getan. In den letzten Jahren hat sich SAP zu einem amerikanischen Unternehmen entwickelt. Das heißt, sehr viel Know-how, das in Palo Alto vorhanden ist, findet sich heute auch in der Software wieder, und SAP ist sehr stark im Prediction-Umfeld.
Es bleibt abzuwarten, was mit BW passiert. BW for Hana wird noch einige Jahre eine große Rolle spielen. Sehr viele Prediction-Anbieter unterstützen SAP Hana oder auch die BW-Zugriffe.
Und wir sehen, dass BW zunehmend mit den neuen Objekten in Hana wandert.