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Cloud oder nicht Cloud – das ist nicht die Frage

SAP drängt mit S/4 Hana Cloud zunehmend in die Wolke. Doch viele SAP-Bestandskunden zögern noch, sind sich nicht im Klaren darüber, warum, wann und wie sie folgen sollen.
E-3 Magazin
4. Oktober 2015
2015
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Über die Cloud-Strategie von SAP hat E-3 mit Roger Illing, Vice President Enterprise Sales EMEA bei OpenText, gesprochen. Denn als Spezialist für Enterprise Information Management (EIM) ist OpenText einer der ersten SAP-Partner, die eine eigene SAP-Cloud-Strategie formuliert haben und bereits Lösungen für die SAP-Wolke liefern.

E-3: SAP-Bestandskunden sind vielfach noch unsicher, was die Cloud betrifft. Was sagen Sie ihnen?

Roger Illing: Ich kann diese Bedenken nachvollziehen, doch nur, wenn man die Cloud isoliert betrachtet. Wenn man hingegen mit den Unternehmen über Digitalisierung diskutiert, bei der die Cloud eine wichtige Rolle spielen kann, stellt man sehr schnell ein Umdenken fest.

Denn das ist in den Unternehmen angekommen: Die Digitalisierung ist nicht aufzuhalten (A.d.R.: vgl. Interview mit Hans-Gerd Schaal ab Seite 48).

E-3: Und wie steht es mit der Sicherheit und dem Schutz der Privatsphäre?

Illing: Sie haben recht, Sicherheit und Datenschutz sind die Grundvoraussetzung für die neuen digitalen Geschäftsmodelle. Aber wir beobachten den Trend hin zu Hersteller-Clouds. Es handelt sich hierbei um private Clouds, in die Endkunden, aber auch der Handel einbezogen werden.

E-3: Steht das nicht dem Ziel von SAP einer eigenen Business-Cloud im Wege?

Illing: Ganz und gar nicht. Sie spielen hier auf Multi-tenant-fähige Anwendungen und Infrastrukturen an, die von mehreren Kunden gemeinsam genutzt werden. Salesforce hat bewiesen, dass es für dieses Modell eine sehr große Nachfrage gibt.

Und so wird es auch bei zahlreichen SAP-Anwendungen sein. Doch die Wahrheit ist: Die Zukunft wird hybrid sein.

Geistiges Eigentum und besonders schützenswerte Daten verbleiben in der privaten Cloud – ob nun im eigenen Rechenzentrum oder bei einem externen Anbieter wie OpenText –, für den Rest können die Unternehmen zunehmend auf die Angebote großer Cloud-Provider zugreifen.

E-3: Eine private Cloud, aber nicht im eigenen Rechenzentrum?

Illing: Ja natürlich. Für die Unternehmen hat das viele Vorteile. Sie können viel schneller loslegen, als wenn sie selbst die Implementierung übernähmen. Sie müssen sich nicht um den Betrieb, aber auch nicht um die Sicherheit und Compliance kümmern.

Drittens können sie ihren Kapazitätsbedarf schneller und flexibler anpassen und die Verantwortung dafür auf den Cloud-Dienstleister übertragen. Schließlich müssen sie kein internes Know-how zum Betrieb der Anwendungen und der dazu passenden Infrastruktur aufbauen.

Insgesamt setzt eine private Cloud bei den Nutzern Ressourcen frei, die dann für das Kerngeschäft zur Verfügung stehen.

E-3: Das klingt nach Vertriebsargumenten für die OpenText-Cloud.

Illing: Im Prinzip gelten diese Argumente für alle Cloud-Anbieter, für uns aber im Besonderen. Erstens sind wir Softwarehersteller, kennen also unsere eigenen Lösungen perfekt, was sich positiv auf die Sicherheit und Betriebszuverlässigkeit für die Kunden auswirkt.

Ferner können nur wenige Unternehmen ein weltweit umspannendes Netz an Rechenzentren anbieten; schließlich betreiben wir mit GXS das größte globale Netzwerk für Geschäftstransaktionen. Dabei können unsere Kunden frei wählen, in welchem Land und in welchem Rechenzentrum welche ihrer Daten liegen sollen.

Und dann noch vielleicht das Wichtigste aus europäischer Sicht: Als kanadisches Unternehmen unterliegen wir nicht dem US Patriot Act, der ja jetzt Freedom Act heißt.

E-3: Drängt jetzt nicht nur SAP, sondern auch OpenText die Kunden in die Cloud?

Illing: Ein Entweder-oder gibt es hier nicht. Es geht im Grunde darum, unseren Kunden die ganze Bandbreite an Optionen anzubieten. Wie gesagt, die Zukunft wird hybrid sein.

Die Frage lautet nicht, alles in der Cloud oder nichts. Es wird eine Kombination aus allen Optionen sein. Aber indem wir diese Wahlmöglichkeiten anbieten und die dafür nötige Infrastruktur bereitstellen, können wir die Kunden auf ihrem je individuellen Weg in die Cloud begleiten.

Neben der Infrastruktur werden wir immer mehr Lösungen sowohl für die eigene als auch für die SAP-Cloud bereitstellen. Diese können jedoch auch weiterhin on premise implementiert werden. Ich denke, dass SAP in diesem Punkt ähnliche Überlegungen anstellt.

E-3: Viele SAP-Bestandskunden schrecken neben den Sicherheitsfragen noch die Kosten ab.

Illing: Alle neuen SAP-Angebote sind um Hana herum gestrickt. Und wer nicht in die S/4 Hana Cloud wechseln will oder kann, muss Hardwareinvestitionen tätigen. Das stimmt.

Aber auch hier können wir helfen. Mit unserer Archivlösung können Kunden Altdaten zusammen mit deren Geschäftslogik kostengünstig und langfristig speichern und vorhalten.

Gleichzeitig können sie dadurch Altsysteme sukzessive abschalten. Diese Kostenersparnisse helfen beim Übergang in die Cloud- und Hana-Welt.

E-3: Sie machen die Cloud von der Digitalisierung abhängig – werden damit die Fragezeichen nicht nur verschoben?

Illing: Natürlich hat noch niemand die letztgültige Antwort oder Lösung für jedes Unternehmen parat. Schließlich bedeutet Digitalisierung ja nicht einfach die Elektrifizierung des bestehenden Geschäftsmodells.

Wie E-Loks über Jahre hinweg viele neue und schnellere Zugverbindungen ermöglicht haben, so wird die Digitalisierung den Unternehmen die Möglichkeit geben, neue Geschäftsfelder zu erschließen, das bestehende Geschäftsmodell abzuwandeln und schließlich ein neues Geschäftsmodell zu entwickeln.

E-3: Ist auch hierfür die Cloud die Lösung?

Illing: Zum Teil ja. Alles aber wird die Cloud nicht lösen können. Die Unternehmen werden schrittweise auf Cloud-Infrastrukturen umstellen. Ich betone noch einmal: Die Zukunft wird hybrid sein.

Aber wenn es darum geht, neue Services schnell und flexibel einzuführen, dann ist die Cloud sicher eine Option. Vor diesem Hintergrund ist aber ein anderes Thema fast noch wichtiger, das in den letzten Jahren etwas an Aufmerksamkeit verloren hat: die Integration.

E-3: Wie meinen Sie das?

Illing: Auch SAP-Bestandskunden wissen: Nicht alle Geschäftsprozesse werden vollständig von SAP abgedeckt. Ein Beispiel hierfür sind zum Beispiel Konstruktionsdaten und -dokumente, sogenannte Engineering Documents.

Sie fließen in die Dokumentation ein, müssen mit Dokumenten aus der Qualitätssicherung und -prüfung verknüpft werden und werden zumindest teilweise zusammen mit dem fertigen Produkt an den Kunden übergeben oder an Leasingfirmen, welche die Unterlagen dann auch an die eigentlichen Betreiber der Anlagen weiterreichen. Wartungsmannschaften müssen von außen darauf zugreifen können.

Dies gilt auch für die Kollegen aus der Schadensabteilung, um Reklamationsansprüche prüfen zu können, und nicht zuletzt für die Rechtsabteilung, die in den wenigsten Fällen SAP nutzen dürfte.

E-3: Und für all das bieten Sie Lösungen an?

Illing: Informationsmanagement ist die Kernkompetenz von OpenText. Die Inhalte und die Verknüpfungen zwischen ihnen und mit den entsprechenden SAP-Daten sind in unserer Lösung Extended ECM abgelegt, sie lassen sich direkt in SAP managen und aufrufen.

Sie können per Output Management personalisiert über alle möglichen Ausgabekanäle – E-Mail, Fax, Papier, Web – zum Beispiel an Partner oder Kunden weitergegeben werden. Sie lassen sich auch ad hoc über sichere Dateiaustauschdienste weiterleiten und sind stets beweisfest, weil sie revisionssicher archiviert sind.

Sollten Informationen noch in Legacy-Systemen aufbewahrt werden, nutzen wir unsere Integrationsplattform Infofusion, sodass auch andere Datentöpfe über unsere unternehmensweite Suche zugänglich sind.

E-3: Gibt es schon Beispiele für eine erfolgreiche Digitalisierungsstrategie?

Illing: Unser Kunde T-Mobile in den USA ist von einem Sorgenkind zum am schnellsten wachsenden Mobilfunkanbieter avanciert. Warum?

Weil er die aus Kundensicht lästige Vertragsbindung von zwei Jahren aufgehoben hat, ein völliges Novum im Mobilfunkmarkt. Schließlich ändern sich Kundenbedürfnisse schneller als im Zweijahresrhythmus.

E-3: Und die Kunden wandern nicht ab?

Illing: Im Gegenteil. Die Kündigungsfrist beträgt nur einen oder zwei Tage. In dieser Zeit schickt ihnen T-Mobile ein maßgeschneidertes neues Angebot auf Basis der Auswertung ihrer bisherigen Nutzungsdaten.

Natürlich erhalten sie das Angebot auf dem von ihnen bevorzugten Kanal, per E-Mail oder direkt auf dem Smartphone zum Beispiel. Und diese neuen Angebote sind offenbar so gut, dass die Abwanderungsrate unter zwei Prozent liegt!

E-3: Wie ist das möglich?

Illing: Die Schlüssel sind Flexibilität und Geschwindigkeit durch vollständig digitalisierte und integrierte Prozesse bis zum Endkunden und eine hohe Automatisierungsrate.

T-Mobile ist dadurch genauso schnell und flexibel, wie die Endkunden es erwarten und es honorieren. Die Wachstumsraten sind der beste Beweis dafür.

E-3: Dennoch: Möglichkeiten sind noch kein Muss.

Illing: Die Digitalisierung öffnet das Tor zu einem Killerwettbewerb. Start-ups fangen auf der grünen Wiese an, nutzen die Cloud und haben kein Integrationsproblem.

Wenn ihre Ideen zünden, können sie etablierte Anbieter egal welcher Größe überholen und am Ende aus dem Feld schlagen. Das hat die Erfahrung mehrfach gelehrt.

Ist es ein Wunder, dass die Automobilhersteller aus Deutschland mittlerweile zu den Vorreitern der Digitalisierung zählen? Überraschen Nachrichten, dass Banken verstärkt Start-ups aus dem FinTech-Bereich kaufen?

Die Unternehmen müssen nicht alles sofort lösen, aber sie müssen jetzt mit der Digitalisierung beginnen und brauchen dafür Konzepte und Lösungen für prozessorientiertes Informationsmanagement. Sie haben keine andere Wahl.

E-3: Herr Illing, vielen Dank für das Gespräch.

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Die Arbeit an der SAP-Basis ist entscheidend für die erfolgreiche S/4-Conversion. 

Damit bekommt das sogenannte Competence Center bei den SAP-Bestandskunden strategische Bedeutung. Unhabhängig vom Betriebsmodell eines S/4 Hana sind Themen wie Automatisierung, Monitoring, Security, Application Lifecycle Management und Datenmanagement die Basis für den operativen S/4-Betrieb.

Zum zweiten Mal bereits veranstaltet das E3-Magazin in Salzburg einen Summit für die SAP-Community, um sich über alle Aspekte der S/4-Hana-Basisarbeit umfassend zu informieren.

Veranstaltungsort

Mehr Informationen folgen in Kürze.

Veranstaltungsdatum

Mittwoch, 21. Mai, und
Donnerstag, 22. Mai 2025

Early-Bird-Ticket

Verfügbar bis Freitag, 24. Januar 2025
EUR 390 exkl. USt.

Reguläres Ticket

EUR 590 exkl. USt.

Veranstaltungsort

Hotel Hilton Heidelberg
Kurfürstenanlage 1
D-69115 Heidelberg

Veranstaltungsdatum

Mittwoch, 5. März, und
Donnerstag, 6. März 2025

Tickets

Reguläres Ticket
EUR 590 exkl. USt
Early-Bird-Ticket

Verfügbar bis 20. Dezember 2024

EUR 390 exkl. USt
Veranstalter ist das E3-Magazin des Verlags B4Bmedia.net AG. Die Vorträge werden von einer Ausstellung ausgewählter SAP-Partner begleitet. Der Ticketpreis beinhaltet den Besuch aller Vorträge des Steampunk und BTP Summit 2025, den Besuch des Ausstellungsbereichs, die Teilnahme an der Abendveranstaltung sowie die Verpflegung während des offiziellen Programms. Das Vortragsprogramm und die Liste der Aussteller und Sponsoren (SAP-Partner) wird zeitnah auf dieser Website veröffentlicht.